Ein Mix aus gesetzlicher Rente und Zusatzangeboten kann sinnvoll sein
Immer weniger schreibende und fotografierende Journalist*innen sind angestellt beschäftigt. Die Honorare für Zeilen und Fotos gehen in den Keller. Tarifverträge und gemeinsame Vergütungsregeln wurden von Verlegerverbänden einseitig gekündigt, Tagessätze für beauftragte Reportagen in Wort oder Bild werden fast im Zwei-Jahres-Rhythmus nach unten „korrigiert“.
Langjährige Profis haben mit Einkommensrückgängen zu kämpfen. Berufsanfänger*innen überlegen sich den Einstieg ins freiberufliche Leben, weil nicht nur das aktuelle Einkommen immer unattraktiver wird, sondern auch eine sinnvolle bezahlbare Altersvorsorge, die vor Altersarmut schützt, schwierig ist. Für Selbstständige gilt wie für abhängig Beschäftigte: Ein Mix aus gesetzlicher Rentenversicherung und Erweiterung durch zusätzliche Angebote kann sinnvoll sein. Letztere hängt natürlich von den finanziellen Möglichkeiten und beide natürlich vom Einstiegsalter ab.
Vor der Corona-Krise, die zurzeit solche gesetzgeberischen Tätigkeiten lähmt, war angedacht, bis spätestens 2021 eine Vorsorgepflicht für alle Selbstständigen gesetzlich zu regeln. Für Selbstständige in Medien-und Kulturberufen gibt es diese Regelung mit dem Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG) bereits. Grundpfeiler für jede Altersvorsorge für Journalist*innen ist die Mitgliedschaft in der Künstlersozialkasse (KSK). Die KSK an sich ist keine Versicherung, sondern ein Mittler, der die Beträge von Berufstätigen und Auftraggebern anteilig einzieht und an die Träger der Rentenversicherung und die gesetzlichen Kranken- und Pflegekassen weiterleitet.
„Privileg“ Pflichtversicherung
Die Künstlersozialversicherung ist nach §2 KSVG eine Pflichtversicherung für alle freien Kreativen, die Publizistik oder Kunst ausüben, schaffen oder unterrichten. Pflichtversicherung heißt in diesem Fall etwas Positives, nämlich dass die Sozialversicherung nach Einkommen berechnet wird und die Hälfte bezuschusst wird (ähnlich dem Arbeitgeberanteil bei abhängig Beschäftigten. Diese Gelder werden zum großen Teil von den Unternehmen eingezogen, die „Künstler“ beschäftigen, also von Verlagen, Werbeagenturen, PR-Agenturen und anderen Unternehmen.
Die Untergrenze liegt seit 2004 bei 3.900,00 Euro jährlich bzw. 325,00 Euro monatlich. Berufsanfänger*innen können die ersten drei Jahre auch unter dieser Bemessungsgrenze liegen. Versicherte melden bis zum 01.12. das voraussichtliche Bruttoeinkommen für das folgende Jahr. Hieraus ergibt sich der Beitrag, der zwischen 77,07 Euro Mindestsatz und 1055,37 Euro Höchstsatz liegt. Ändern sich Voraussetzungen, zum Beispiel durch eine Festanstellung oder Änderung der Tätigkeit, muss dies der KSK mitgeteilt werden.
Aktuell wichtig ist für schon Versicherte, dass die KSK anlässlich der Corona-Krise u.a. eine unkomplizierte Meldung des verringerten Arbeitseinkommens ermöglicht. Außerdem wird betont, dass bei Bezug von Grundsicherung der Versichertenstatus in der KSK weiterbesteht.
Private Altersvorsorge ist – auch wenn einige Produkte so heißen – keine echte Versicherung, sondern langfristige Vermögensbildung. Geld wird angespart und je nach Modell verschieden angelegt und verzinst über einen Garantiezins und eine Beteiligung an dem durch den Versicherer erwirtschaften Überschuss. Üblicherweise werden drei Formen angeboten: Kapital-Lebensversicherung, Private Rentenversicherung und Fondsgebundene Lebens- und Rentenversicherung. Für manche*n kann auch Wohneigentum oder der Aktienmarkt zur Vermögensbildung für das Alter in Frage kommen.
Bei allen diesen Modellen muss das Geld dafür „übrig“ sein, die Beiträge müssen neben den monatlichen Festkosten verfügbar sein. Die Faustregel: Je später man mit der privaten Altersvorsorge beginnt, desto höher sind die Beiträge für das persönliche Wunschziel.
Die „Verzinsung“ der eingezahlten Beiträge hat in den letzten Jahren massiv abgenommen, sowohl beim Garantiezins (von ca. 2 Prozent in 2012 auf 0,9 Prozent in 2019) wie bei der Überschussbeteiligung (von durchschnittlich 4 Prozent auf ca. 2 Prozent im selben Zeitraum).
Ein großes Manko: Aus den Verträgen heraus kommt man nur mit großen Verlusten. Wenn wegen Verdienstausfall durch Berufsunfähigkeit oder Auftragsrückgang das angesparte Geld in einer Notlage eigentlich dringend benötigt wird, sollte man es sich deshalb mehr als einmal überlegen, die Altersvorsorge anzugreifen.
Das Thema private Vorsorge ist in jedem Fall sehr beratungsintensiv. Freiberufler*innen in Medien-und Kulturberufen können sich an das Presseversorgungswerk wenden. Es bietet zur Altersvorsorge auch interessante Lösungen für Selbstständige an. Und für Freie, die vor allem im audiovisuellen Bereich arbeiten, zum Beispiel wenn sie auch als Kameraleute tätig sind, gibt es zudem die Pensionskasse Rundfunk.
Gut zu wissen: Altersvorsorge und mehr
Genaueres, auch zu Sonderfällen etwa bei gemischten Tätigkeiten wie befristeten Anstellungen und als Freie in mehreren Berufen erfährt man über die Website der KSK https://www.kuenstlersozialkasse.de und über Mail oder Telefonat https://www.kuenstlersozialkasse.de/service/kontakt.html.
Einen guten Einstieg – nicht nur zum Thema KSK – bietet auch der „Ratgeber Selbstständige“ bzw. das Beratungsnetz Solo-Selbstständige von ver.di https://selbststaendigen.info
Eine gute Übersicht zum Thema Altersvorsorge bietet die Website der Verbraucherzentralen: https://www.verbraucherzentrale.de/wissen/geld-versicherungen/altersvorsorge/private-altersvorsorge-13896
Wer vorab ausrechnen will, was er/sie für welche Wunschrente erübrigen muss und ob das überhaupt leistbar ist, findet bei TEST einen umfangreichen Vorsorgerechner: https://www.test.de/Altersvorsorge-Ermitteln-Sie-Ihren-Finanzbedarf-1159347-0/