Beruf Foodstylistin: Gudrun Theis

Foodstylistin Gudrun Theis im Kräutergarten
Foto: Mathias Thurm

Kochen wie bei Mutti

Gudrun Theis ist Angestellte der Bauer-Media-Group in Hamburg. Was sie dort macht? Kochen, backen und das Essen schön herrichten. Denn die 56-Jährige ist Foodstylistin. Mutti kocht am besten, Lecker, Kochen & Genießen heißen drei der Bauer-Zeitschriften, für die sie produziert oder produziert hat. Jeden Morgen fährt Gudrun dafür vom beschaulichen Aumühle ins rund 25 Kilometer entfernte Hamburg, wo sich die Redaktion „Food & Foto Experts” der Bauer Media Group befindet.

Hier wird in einer großen Versuchsküche mit neun komplett ausgestatteten Arbeitsplätzen für vier Fotostudios gebacken, gekocht und ausprobiert. Die Rezepte werden zum größten Teil in der Redaktion selbst entwickelt, von den Foodstylist_innen nach der Produktion geschrieben und von den Redakteur_innen und einer eigenen Grafikabteilung für das jeweilige Heft oder den Kunden bearbeitet. Denn es werden in der Redaktion nicht nur Fotos und Rezepte für die Magazine und Kochbücher von Bauer entwickelt, sondern auch für externe Kunden. „Inzwischen sind wir eher eine Agentur”, erzählt Gudrun. Um neue Geschäftsfelder und neues Publikum zu erschließen, werden schon seit ein paar Jahren Videoaufnahmen gemacht, Rezepte online angeboten und Foodblogger_innen zu speziellen Events in die Redaktion eingeladen.

Der Beruf Foodstylist_in ist kein Ausbildungsberuf. Heutzutage arbeiten meistens Köch_innen und Konditor_innen in diesem Metier. Gudrun ist ausgebildete Hauswirtschaftsleiterin. Gelernt hat sie das an der Landfrauenschule Hademarschen, einer Fachschule für Hauswirtschaft im ländlichen Raum. Danach arbeitete sie in der Schweiz, in einem Privathaushalt bei den Inhabern des in Zürich gegründeten Manesse-Verlags, der heute zur Verlagsgruppe Random House in München gehört. Dass sie nur wenige Zeit später selbst im Verlagsgeschäft arbeiten würde, hat sie damals noch nicht geahnt. Denn nach ihrer Rückkehr in den Norden, genauer gesagt nach Hamburg, wo sie ein Ökotrophologie-Studium begann, begegnete ihr eine ehemalige Klassenkameradin, die selbst bei Bauer als Foodstylistin beschäftigt war und ihr erzählte, dass der Verlag eine Foodstylistin suche. Gudrun bewarb sich und bekam den Job. Das war vor fast 32 Jahren.

Jedes Jahr Spargel, jedes Jahr Weihnachtsplätzchen. Wird das denn nicht irgendwann langweilig, wenn man den Job schon so lange macht? „Ganz und gar nicht”, antwortet die gebürtige Hamburgerin ohne zu überlegen. „Es ist im Gegenteil gerade der Abwechslungsreichtum, der mir an diesem Beruf so gefällt. Natürlich kommen im Sommer immer die leichten Salate und im Januar immer die Abnehmrezepte, aber es ist doch jedes Jahr anders. Denn die Food- und Diättrends wandeln sich ja ständig.” Gestern Kohlsuppe, heute also gratinierter Paksoi mit Quinoa oder Chiasamen-Topping. Und auch sonst habe sich in den 32 Jahren vieles verändert, „vor allem die Foto-Auffassung”. Früher seien die Fotos sehr vollgestellt und dunkel und das Essen extrem gestylet gewesen: „Da wurde jedes Salatblatt einzeln hindrappiert”. Heute hingegen werde auf Natürlichkeit und Authentizität gesetzt. „Lifig soll es aus­sehen, da darf sogar mal etwas runterkleckern oder vom Glas laufen, es soll nicht so geleckt und geputzt sein, sondern so, wie es im privaten Haushalt und bei Mutti auch aussieht.” Außerdem sollen die Fotos den Leserinnen und Lesern Lust aufs Kochen machen. Deshalb werden auch immer mehr Fotos produziert, die nicht nur das Essen, sondern auch die Menschen, die es zubereiten, zeigen.

Kochen wie im normalen Alltag eben, „damit sich da auch jeder ran traut”, erzählt Gudrun, der man die Begeisterung für ihren Beruf anmerkt. Die Rezepte sollen zu Hause genauso funktionieren wie in der Versuchsküche. Deshalb wird beim Styling auch nicht allzu tief in die Trickkiste gegriffen: „Wir schauen aber schon, dass das Gemüse nicht so lange gart oder kochen einzelne Gemüsesorten für einen Eintopf schon mal extra, damit sie ihre Farbe behalten. Das Fleisch wird eventuell mit etwas Paprika-Öl bestrichen, damit es wie frisch gebraten glänzt. Bei Kuchen und Torten wird gar nicht getrickst, die Früchte werden höchsten mit etwas Zuckersirup abgeglänzt.” Im Food-Studio der Bauer-Media-Group arbeiten im

Dreierteam: „Der Food­stylist kümmert sich um das Entwickeln der Rezepte, das Zubereiten und das Stylen des Essens, der Fotostylist arrangiert alles rund ums Essen, also den Untergrund, das Geschirr, die Stoffe, die Blumen, und der Fotograf kümmert sich um das Foto mit dem richtigen Licht für die gewünschte Stimmung.”

 

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Die Taz nimmt Abschied vom Papier

Als erste überregionale Zeitung wird die Taz ab Mitte Oktober 2025 unter der Woche nur noch als reine digitale Tageszeitung erscheinen. Die Wochenendausgabe wochentaz wird weiterhin gedruckt. Auf der Generalversammlung der Taz Verlagsgenossenschaft verkündete die Geschäftsführung der Taz den Zeitpunkt der sogenannten Seitenwende für die seit 1979 täglich erscheinende Tageszeitung aus Berlin.
mehr »

Ein Drittel weniger Aufträge durch KI

Neue Studie zeigt: Generative Künstliche Intelligenz (KI) sorgt für hohe Einbrüche in der Nachfrage freiberuflicher Tätigkeiten wie Lektorat und Schreibarbeiten. Zugleich wächst das Budget für komplexere Arbeiten. Unternehmen und Bildungseinrichtungen müssen demnach Fort- und Weiterbildung zu KI-Tools ermöglichen, um Chancengleichheit auf dem sich dadurch verändernden Arbeitsmarkt zu gewährleisten.
mehr »

72 Angriffe auf die Pressefreiheit

Die aktuelle Ausgabe des Monitoring-Berichts von Media Freedom Rapid Response (MFRR) dokumentiert und analysiert die Verletzungen der Medienfreiheit, die sich in der ersten Jahreshälfte 2024 in Europa ereignet haben. In Bezug auf Deutschland wurden 72 Vorfälle registriert, von denen 116 Medienschaffende oder -einrichtungen betroffen waren. Der Bericht stellt eine neue Qualität von Protesten fest, in deren Kontext es auch zu Einschränkungen der Medienfreiheit kam.
mehr »

Die Büchergilde feiert ihr 100-jähriges

Mit einem Fest-Wochenende, Jubiläumsbänden und einer Ausstellung im Leipziger Druckkunstmuseum beging die Büchergilde Gutenberg – eine Gründung der gewerkschaftlichen Buchdrucker – ihren 100. Geburtstag. Die inzwischen einzige Buchgemeinschaft hierzulande ist mittlerweile eine Genossenschaft und hat in ihrer wechselvollen Geschichte über 9000 Titel herausgebracht: Klassiker, Weltliteratur, Neues von zeitgenössischen Autoren, Reise-, politische und Kinderliteratur. „Willkommen bei den schönen Büchern“, soll es auch in Zukunft heißen.
mehr »