Bettelbrief an Flickr-Benutzer

Magazin Max schmückt sich mit honorarfreien Amateurfotos

Die Foto-Community Flickr hat nach eigenen Angaben über drei Millionen registrierte Benutzer. Die meisten sind Amateurfotografen. Die Flickr-Benutzer wollen Gemeinschaft und weniger die Vermarktung. Die öffentlichen Fotos sind bei Flickr frei verfügbar, unterliegen aber einem Copyright. Das professionelle Lifestyle-Magazin Max hat in der Flickr-Gruppe „germany“ eine Diskussion unter der Überschrift „Kostenlose Fotos für MAX“ ausgelöst.

Am 10. Juli veröffentlichte Flickr-Benutzer thodue den Bettelbrief des Magazins Max, in dem er um die Überlassung von Bildern in druckfähiger Qualität und Zusatz-Informationen gebeten wurde: „… die Zeitschrift Max, Deutschlands monatliches Foto- und Lifestyle-Magazin, druckt seit vier Monaten in jeder Ausgabe ein mehrseitiges Flickr-Portfolio mit den besten Fotografien aus Flickr.“
Auch ein Portrait-Foto des Fotografen möchte man haben. Die Einschränkung: „Wie Sie sich vorstellen können, müssen wir mehr Fotos bei den Flickr-Fotografen anfragen, als wir in einer Ausgabe drucken können. …“
Das eigentliche Betteln kommt im PS: „Die vielleicht wichtigste Frage zum Schluss: Wir können leider kein Fotohonorar bezahlen. Aber jeder Flickr-Fotograf wird namentlich genannt, bekommt also einen Credit. Und eine MAX-Ausgabe gibt’s natürlich per Post.“
Die letzten beiden Punkte sind in Deutschland festgelegt. Ohne Namensnennung ist die gängige Strafe doppeltes Foto-Honorar. Ein gedruckter Beleg nennt sich Belegexemplar. Beides sollte im Imperium von Hubert Burda selbst bei Praktikanten bekannt sein. Die kleine Burda-Unterabteilung „Verlagsgruppe Milchstraße“ in der Max neben Fit for Fun, TV Spielfilm, Amica, Tomorrow und My Life erscheint, ist nach Selbstdarstellung auch bereits 30 Jahre erfolgreich auf dem Markt. Seit Ende 2004 gehört die „Verlagsgruppe Milchstraße“ zum Medienkonzern Hubert Burda Media, der satte Gewinne einfährt, und wird unter der Geschäftsführung von Andreas Mayer als eigenes Profit Center geführt.
Zum Zwecke mehrere Seiten im Hochglanz-Blatt mit einer Art kostenlosen Foto-Collagen zu füllen, unterhält Max ein eigenes Spinnennetz, um Bilder zu sammeln, die Flickr-Foto-Gruppe „maxmagazine“. Max beschreibt den Vorgang auf der Gruppen-Titelseite wie folgt: „Gegen Ende des Monats stöbert unsere gesamte Redaktion durch alle eingesandten / hochgeladenen Bilder der Gruppe – und stellt dann ein Very-Best-Of des Monats zusammen. Die ‚Lieblinge‘ der Redaktion werden dann persönlich von der Max-Bildredaktion angeschrieben. Die Redakteure fragen nach, ob es Interesse daran gibt in der Max-Printausgabe zu erscheinen (mit seinem Bild, einem Porträt des Fotografen und einer kurzen Geschichte des Bildes). Bei einem OK schickt der Fotograf dann sein Bild in High-Res. Niemand muss mitmachen, jeder darf.“
Es gibt leider kein Honorar für das Bild – seht es als „Competition“ an. … Und natürlich gibt es danach (bei Abdruck d. Red.) auch ein Belegexemplar.“ Die Antwort des Flickr Benutzers thodue kann als Vorlage für derartige Anfragen dienen:
„… Nein, ich möchte nicht ‚Teil der nächsten Max-Ausgabe‘ werden. … Wie Sie schon selbst ganz richtig bemerkt haben, kommen Sie erst ganz am Ende unter P.S. zur ‚vielleicht wichtigsten Frage‘ und geben unverblümt die Antwort, dass Sie nicht gewillt sind für Fotos, die Ihnen gefallen, ein Fotohonorar zu zahlen. … Fotografen – ganz gleich ob Amateure oder Professionelle aus dem Flickr-Umfeld – einbinden zu wollen und mit einem Kurzporträt und einer absolut selbstverständlichen Namensnennung zu ‚entlohnen‘, halte ich für verfehlt und es gräbt beispielsweise freien Fotografen, die ihren Lebensunterhalt durch den Verkauf ihrer Bilder bestreiten müssen, zusätzlich das Wasser ab. …
Außerdem würden Sie sich freuen, wenn Sie zu dem für Sie honorarfreien Foto auch noch ein ‚paar Zeilen‘ geliefert bekommen. Sie bitten also vor dem Hintergrund, dass eine Veröffentlichung nicht gesichert ist, außerdem um ‚ehrenamtliche‘ Arbeit. Ja, wo sind wir denn?“ Der bekannte Medien-Blogger Don Alphonso verfasste unter dem Titel: „Die Grenzen des AAL-Systems“ (Andere Arbeiten Lassen) einen pointierten Artikel zu diesem Thema:
„ … Wir sind hier am Ende des AAL-Prinzips. Es wird sicher noch weitere Versuche geben, die Kosten für Journalismus zu senken …, aber dieses System hat Grenzen. … Flickr brauchen Max nicht, Max meint, Flickr zu brauchen. Die Regeln haben sich geändert. Wer schlecht ist und dumm, macht vielleicht gerne mit – aber das ist schlecht für die Zeitung. Auch wenn man ein paar Euro spart, die Burda dann in die nächste User-generated-Content-Geschichte steckt. So billig und willig, wie manche Scharlatane vielleicht planen, ist das Netz dann doch nicht.“
Das zunehmende Problem ist die strategische Ausrichtung von Medienhäusern in Richtung consumer generated content. Journalisten, die überleben wollen, werden dieses Abmelken und den Honorardruck genau beobachten müssen!

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