Bilder bewegen

Jugendmedientage im ZDF: Gutes Fernsehen am liebsten auf Abruf

„Auf zum Lerchenberg“ hieß es für die Jugendpresse Deutschland bei ihren Jugendmedientagen 2008. Das ZDF stellte dafür als Mitveranstalter vom 30. Oktober bis zum 2. November sein Sendezentrum in Mainz und zahlreiche Fachleute zur Verfügung. 400 junge Leute, Schüler und Studentinnen sowie Berufsanfänger, waren in den Hügeln oberhalb des Rheins zusammengekommen, um sich dem Thema „Bilder bewegen – Televisionen in Eigenregie“ zu widmen.

So breit gefächert wie die Interessen der jungen Medienmacherinnen und -macher waren auch die Workshops und Diskussionen: Ethik und Jugendschutz, Fotografie, Musikvideos, Internet-Angebote, Handy-TV, Printmedien, Crossmedia und Radio spielten ebenfalls eine Rolle, wie etwa in einem Workshop zum „Radio Multikulti“, bei dem sich lauter junge Frauen mit Auslandserfahrung einfanden.
Gleich in der Auftaktdiskussion um „Die Q-Frage: Qualität oder Quote“ wurde eine Distanz zwischen den Vertretern des öffentlich-rechtlichen Fernsehens, in diesem Fall ZDF-Chefredakteur Nikolaus Brender und NDR-Redaktionsleiter des Medien-Magazins „Zapp“ und der Satiresendung „Extradrei“, Kuno Haberbusch, und dem jungen Publikum deutlich. Die Diskutanten beklagten, es würde kaum für sie konzipierte Sendungen geben. Wenn mal etwas „jüngere“ Formate zu finden seien, dann werden sie zu spät ausgestrahlt für junge Leute, die am nächsten Tag in der Schule wach sein sollen, oder sie werden eingestellt wie das Magazin „Polylux“ des RBB. Darauf konterte Haberbusch mit dem Durchschnittsalter vieler Sendungen: Liege sie bei der „Tagesschau“ bei 62 Jahren, so schafften auch die NDR-Satire und „Polylux“ nur ein Absenken des Zuschauerdurchschnitts auf 58 und 57 Jahre. Jugendliche warfen ein, dass sie die Sendungen lieber auf Youtube“ und anderen Internet-Plattformen wie der ZDF-Mediathek anschauten, und zwar zu Zeiten, die ihnen besser passen. Brender bestätigte erstaunlich hohe Klickzahlen bei online-gestellten Sendungen und gab zu bedenken, dass die Quotenzählung hier bald neue Wege finden müsse um eine realistische Zuschauerzahl zu ermitteln.

Ratschlag: Zeitung lesen!

Sowohl in dieser wie in anderen Diskussionsrunden gab es immer wieder den Vorwurf an die öffentlich-rechtlichen Sender, sie würden ihre Angebote nicht so bewerben wie die Privaten, die für Programme wie „Deutschland sucht den Superstar“ flächendeckend Flyer an junge Menschen verteilen. „Sie müssen uns auf die wichtigen Sendungen stoßen“, hieß es aus dem Publikum. Nun gibt es zum Finden der interessanten Beiträge nicht nur die herkömmlichen „Holzmedien“ der Programmzeitschriften – eine Informationsmöglichkeit, die in den Reden der jungen Medienmacher gar nicht mehr vorkam, sondern natürlich auch ausgiebige Programmvorschauen auf den Webseiten aller Fernsehsender. Was den Internet-Fokussierten die Bemerkung Haberbuschs eintrug, ein bisschen Recherche wäre bei künftigen Journalisten nicht schlecht, und den Vorwurf „Sie sind eine unterhaltungsorientierte Generation“.
In der Runde zum „Fernsehprogramm für Jugendliche“ richteten die hier sehr jungen Teilnehmerinnen und Teilnehmer vornehmlich an den ZDF-Programmchef Thomas Bellut die Klage, die wichtigen Sendungen von „heute-journal“ über Wirtschaftssendungen bis zu historischen Dokumentationen verlangten zuviel Vorwissen und sollten mehr erklärende Elemente ausweisen. Bellut antwortete auf diesen Wunsch seufzend, dass sich dann die informierten Zuschauer beschweren. Die jüngeren Podiumsreferenten, darunter die Leiterin des „schülerVZ, Nikola Paetzold, der Geschäftsführer des Musikvideoportals „tape-tv“, Conrad Fritzsch, und der Mitgründer des Labels „Me, Myself and Eye Entertainment“, Christoph Post, verwiesen auf Geschriebenes zur Behebung der Bildungslücken. „Kauft Euch doch mal eine Zeitung und lest!“, fasste Post den Rat knapp zusammen.
Themen wie Jugendmedienschutz und Medienethik fanden ebenfalls große Zuhörerscharen, deren Fragen und Kommentare die Fernseh- und Blattmacher durchaus in Erklärungsnot brachten. Die zum Schluss vorgeführten Ergebnisse vieler Workshops waren für die kurze Zeit, in denen sie mit Hilfe von Profis entstanden, beachtlich, ob Wetterfrosch, Musikvideo oder Mini-„Neon“.
Dass die Mitglieder der Jugendpresse nicht nur Spaß an Unterhaltung haben, sondern über ihr eigenes und anderer Medienmachen sehr wohl reflektieren, zeigte nicht nur der große Beifall für das pointierte „Wort zum Sonntag“ des Medienethikers Christian Schicha, sondern auch die Themenwahl für die Jugendmedientage 2009: Um die Ethik geht es vom 11. bis 14. Juni 2009 in Hannover.


nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Preis für behinderte Medienschaffende

Zum zweiten Mal schreibt in diesem Jahr die gewerkschaftsnahe Otto Brenner Stiftung zwei Preise und Stipendien für Journalist*innen mit Behinderung aus. Damit soll „ein klares Signal für die Förderung von Diversität als unverzichtbaren Wert in unserer demokratischen Gesellschaft“ gesetzt werden, sagt Jupp Legrand, Geschäftsführer der Stiftung. 
mehr »

KI darf keine KI-Texte nutzen

Die Diskussion über Möglichkeiten und Grenzen der KI im eigenen Metier wird Journalist*innen noch lange weiter beschäftigen. Bei der jüngsten ver.di-KI-Online-Veranstaltung ging es um den Anspruch an Gute Arbeit und Qualität. ver.di hat zum Einsatz von KI Positionen und ethische Leitlinien entwickelt. Bettina Hesse, Referentin für Medienpolitik, stellte das Papier vor, das die Bundesfachgruppe Medien, Journalismus und Film zum Einsatz von generativer Künstlicher Intelligenz im Journalismus erarbeitet hat.
mehr »

Unabhängige Medien in Gefahr

Beim ver.di-Medientag Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen diskutierten am 20. April rund 50 Teilnehmende im Zeitgeschichtlichen Forum in Leipzig die aktuelle Entwicklungen in der Medienlandschaft, die Diversität in den Medien und Angriffe auf Medienschaffende. Das alles auch vor dem Hintergrund, dass bei den kommenden Landtagswahlen in Thüringen, Sachsen und Brandenburg die AfD laut Umfragen stark profitiert. 
mehr »

Wie prekär ist der Journalismus?

„Daten statt Anekdoten“, das war das Ziel des Forschungsprojekts „Prekarisierung im Journalismus“ an der LMU München, das nun nach fast fünf Jahren mit einem internationalen Symposium in München endete. Zu den Daten aus Europa hatte auch die dju in ver.di ihren Beitrag geleistet, als sie ihre Mitglieder um Teilnahme an der Online-Befragung bat und in M über die Ergebnisse berichtete.
mehr »