Linke Medienakademie auch 2014 erfolgreiches Lernen und Lehren
Brücken bauen und Mauern einreißen: „Walls and Bridges“ – das war das Ziel der Linken Medienakademie (LiMA) in diesem Jahr. Und – das ist gelungen: 500 Menschen hatten sich angemeldet, es gab 1.300 Kursbuchungen. In einer insgesamt lockeren und aufgeschlossenen Atmosphäre lag viel Spannung in der Luft, wenn es Teilnehmer mitunter stundenlang und weit über die Zeit auf ihren Stühlen aushielten, um alles Wissenswerte aus den fast 100 Dozenten herauszuholen.
Kurzzeitig stand die LiMA 2014 auf der Kippe. „Anfang Dezember sah sich der Vorstand der Linken Medienakademie gezwungen, den bisherigen Geschäftsführer Christoph Nitz von seinen Aufgaben zu entbinden. Gründe dafür waren erhebliche finanzielle und organisatorische Unregelmäßigkeiten, die die Existenz des Vereins gefährdeten“, so Vereinsvorsitzender Tilo Hejhal in einem Interview im Neuen Deutschland. Inzwischen habe Nitz auch offiziell seinen Rücktritt aus dem LIMA-Vorstand erklärt. In knapp drei Monaten hat dann der ehrenamtlich arbeitende Vorstand die LiMA-Vorbereitungen gestemmt. Neben dem schon traditionellen umfassenden Bildungsangebot wurde das Arena-Programm etwas verkleinert und inhaltlich mehr den aktuellen Ereignissen angepasst. So hat Historiker Wolfgang Wippermann seinen Eröffnungsvortrag direkt auf das Thema 100 Jahre Kriege und Russen zugeschnitten. Neu waren Thementage wie der „Radio Day“, der „Social Media Day“ und der „Green Day“, die gute Resonanz erfuhren.
Das digitale Alter Ego
Aktuell ist auch die Debatte um den Schutz der persönlichen Online-Identität, sozusagen das digitale Alter Ego. Denn nicht nur Geheimdienste interessieren sich für die persönlichen Daten Anderer. „Die Online-Identität wird in Zukunft das wertvollste Gut der Bürger sein“, schrieb Google-Vorstandsmitglied und US-Präsidentenberater Eric Schmidt in seinem Buch „Die Vernetzung der Welt“. Er prophezeit einen „Schwarzmarkt für echte und falsche Identitäten. „Identity in the digital world – Wie schützen wir unsere Online-Identität?“, wie kann man sich vor Übergriffen von Geheimdiensten, ausländischen Konzernen und Cyber-Kriminellen schützen, wurde deshalb in einer hochkarätig besetzten Runde auf der LiMA diskutiert. Die Online-Identität sei zur Ware geworden, kritisierte Julia Schramm, die als Piratin mit der Veröffentlichung ihres Buches „Klick mich“ in die Kritik geriet. Die eigene Online-Identität erhalte eine zusätzliche Ebene durch das, was andere über einen äußerten. Denn das habe oftmals größere Auswirkungen, als die eigene Darstellung im Netz, berichtete Schramm aus eigener Erfahrung. Julia Schramm gab in der Diskussionsrunde erstmals Auskunft zu den Gründen ihres kurz zuvor erfolgten Austritts aus der Piratenpartei. Der als Bombergate bekannt gewordene Skandal um die Folgen einer Femen-Aktion von Berliner Piratinnen hatte die Partei tief gespalten und Schramm zum Austritt bewogen.
Wenn man über Online-Identität rede, dürfe man die bei jeder Kommunikation anfallenden Metadaten nicht vergessen, so Peter Schaar. Diese bildeten sozusagen den Schatten der Online-Identitäten, meinte der ehemalige Bundesdatenschutzbeauftragte. Die Bedeutung der Metadaten haben auch die Geheimdienste erkannt: Sie setzen dafür spezielle Schnüffel-Software ein. Dabei sei deutlich geworden:„Jeder ist ein Ziel“, sagte Schaar. Dies sei die neue Dimension des NSA-Skandals, die ihn erschrecke. Dagegen zeigte Schramm sich von der NSA-Überwachung weniger beeindruckt als von den BND-Praktiken und dessen fragwürdigem Verhalten in der NSU-Affäre. Die deutschen Geheimdienste würden allerdings bei Weitem nicht über dieselben finanziellen und technischen Ressourcen verfügen, wie die amerikanischen Dienste, widersprach neben Schaar auch der Sicherheitsexperte Thorsten Schröder. Der Chaos Computer Club-Aktivist war maßgeblich an der Aufdeckung des Bundestrojaners beteiligt. „Von der Illusion, nicht überwacht zu werden, muss man sich verabschieden“, bedauerte Schaar. Verschiedene Beispiele der letzten Jahrzehnte hätten gezeigt: „Nachrichtendienste haben immer die Tendenz sich zu verselbstständigen.“ Er suche immer noch „eine Medizin gegen Überwachung“, so Schaar, inzwischen Vorsitzender der europäischen Akademie für Informationsfreiheit und Datenschutz.
Kompetenter Partner
Auch ver.di, und dabei vor allem die dju, war auf der LiMA 2014 aktiv. ver.di bewies erneut, dass sie ein kompetenter Partner sein kann, wenn es darum geht, berufliche Orientierung in der Medienbranche zu finden. Neben praktischen Workshops referierte zum Beispiel Susanne Stracke-Neumann, die in der dju in ver.di die Nachwuchsarbeit betreut, über das Thema „Berufswunsch Journalismus – Berufsbild und Perspektiven“. Dabei wurden sowohl die verschiedensten Ausbildungswege wie Journalistenschulen, Medienstudiengänge und das Volontariat in Verlag oder Sender angesprochen wie auch die Möglichkeiten, als freiberuflicher Journalist zu arbeiten.
Fragen zur Existenzgründung und sozialen Absicherung in freien Medienberufen gab es zu Hauf. Beantwortet wurden sie auf dem LiMA Unions Day unter anderem von Bernd Hubatscheck, der seit Jahren in guter Zusammenarbeit mit den Gewerkschaften Selbstständige in Kreativberufen berät. Wege in Film- und Fernsehberufe, mit einer Betrachtung der schwierigen Arbeitsbedingungen, zeigte Kathleen Eggerling von connexx.av in ver.di auf. Vom reichen Erfahrungsschatz der freien Fotografin Angelika Osthues konnten Teilnehmer profitieren, die sich für den Kurs „Bilder präsentieren und veröffentlichen“ eingetragen hatten. In einer anderen Veranstaltung informierte sie auch über Bildrechte und die VG Bild-Kunst. Was konkret die Gewerkschaft für Selbstständige alles tun kann, wurde vor allem am dju-Stand von dju-Mitgliedern beantwortet.
Leider abgesagt werden musste zum Unions Day der Vortrag über neue Modelle zur Finanzierung von Journalismus wie Crowdfunding. Die dju-Bundesgeschäftsführerin Cornelia Haß musste an einer Streikversammlung in der aktuellen Tarifrunde Tageszeitungen teilnehmen. Also verständlich diese kurzfristige Absage, aber auch sehr schade, weil die dju zu diesem Thema mit einigem Wissen kompetent beitragen kann. Der erfolgreiche Journalistentag Ende vergangenen Jahres lieferte dazu viele Anregungen. Er ist dokumentiert unter http://dju.verdi.de und auch in einem ausführlichen Bericht in M https://mmm.verdi.de Insofern gibt es noch eine Menge Potenzial für eine Unterstützung der LiMA durch die dju im kommenden Jahr. Also – den Termin vormerken: 16. bis 21. März 2015 in Berlin.