VG Wort und Bild-Kunst verhelfen Urheber*innen zu ihrem Geld
Der Redakteur einer angesehenen Nordbayerischen Tageszeitung geht nach 40 Arbeitsjahren in den wohlverdienten Ruhestand. Er wusste nichts von den Verwertungsgesellschaften VG Wort und Bild-Kunst. Damit hat er auf erkleckliche Zusatzeinnahmen verzichtet, auf die er als Urheber unzähliger Textbeiträge einen Anspruch hat. Immer wieder ist auch von „Freien“ zu hören, die ebenfalls darauf verzichten, aus Unwissenheit? Obwohl gerade Freie doch mit jedem Cent rechnen sollten.
Ganz am Anfang jeder Journalist*innenausbildung oder Volontariatskurses gehört klar gesagt: „Schließe Wahrnehmungsverträge mit den VG Wort und Bild-Kunst ab: bevor Du etwas schreibst, vor Deinem ersten Foto.“ Wer in die Selbstständigkeit geht, wird in dafür angebotenen Seminaren (auch von ver.di) zum Thema fündig. Doch das wahre Beispiel jenes Redakteurs in Ruhestand beweist: Bis heute wissen nicht alle Journalist*innen, was die VGs tun, wie sie arbeiten – und welche Geldsummen von ihnen an Urheber*innen verteilt werden.
Wofür sind Verwertungsgesellschaften da?
Diese VGs nehmen – flapsig formuliert – die Rechte aller Autor*innen von Texten und Bildwerken in Deutschland wahr. Wenn irgendwo etwas gespeichert, verbreitet, kopiert, gesendet wird: Dafür müssen Hersteller und Dienstleister Verträge mit den VGs abschließen und Vergütungen bezahlen. So tragen Drucker-, Speicherchip-, Mobiltelefon- oder Computerhersteller erhebliche Summen bei, aber auch Bibliotheken oder Pressespiegel – digital wie analog. Die so gesammelten Gelder wiederum stehen allen Urheber*innen zu, natürlich vermindert um Anteile für die Verwaltung oder besondere Fonds. Geregelt ist das aktuell im so genannten Verwertungsgesellschaftengesetz (VGG) aus dem Jahr 2016. Im erst Ende Mai 2021 von Bundestag und Bundesrat beschlossenen „Gesetz zur Anpassung des Urheberrechts an die Erfordernisse des digitalen Binnenmarktes“ wurden die VGs sogar noch einmal gestärkt und mit weiteren Aufgaben betraut.
Wie arbeiten VG Wort und VG Bild-Kunst?
Sie tun das, was die Urheber*innen beschließen. Natürlich nur für jene, die mit der VG Wort oder der VG Bild-Kunst einen Wahrnehmungsvertrag für ihre Tätigkeitsfelder abgeschlossen haben. Die einfachen Vertragsformulare sind bei den VG erhältlich. Es entstehen keine Kosten, nur eine Unterschrift ist notwendig. Mitbestimmen können aber grundsätzlich nur Mitglieder beider Gesellschaften. So kann jeder Wahrnehmungsberechtigte bei der VG Wort auf Antrag für einen sehr überschaubaren Jahresbeitrag Mitglied bei der VG Wort werden. Voraussetzung ist, dass er oder sie über einen mehrjährigen Zeitraum eine definierte Vergütungs-Ausschüttung bekommen hat. Im Unterschied dazu sind bei der VG Bild-Kunst Wahrnehmungsberechtigte automatisch Mitglied.
Doch egal ob Mitglied oder „nur“ Wahrnehmungsberechtigte*r: Diese Ausschüttungen sind über Verteilungspläne klar geregelt und stehen allen entsprechend ihrer erbrachten Werke zu. Dieser Anspruch wird durch die einmal im Jahr erfolgte Meldung der Beiträge, Grafiken oder Bilder geltend gemacht. Wahrnehmungsvertrag plus Jahresmeldung, bringt also Geld in die Kasse. Ohne beides geht man leer aus.
Um welche Summen geht es dabei?
Nein, es sind keine Kleckerles-Beträge! Im Geschäftsjahr 2019 hat die VG Bild-Kunst 61,2 Mio. Euro „Gesamterträge“ erzielt und davon 57,4 Mio. Euro ausgeschüttet. Der Geschäftsbericht der VG Wort weist für 2019 Einnahmen von 156,1 Mio. Euro aus, ausgeschüttet wurden sogar 283,1 Mio. Euro, weil im Vorjahr Nachzahlungen eingenommen worden waren. Gerade für freie Kreative ergibt sich damit häufig ein ganz nettes Zubrot – bei vielen im vierstelligen Bereich und darüber. An der Stelle Achtung für dieses Jahr: Meldeschluss bei VG Bild-Kunst für 2020 ist der 30. Juni 2021.
Die Einnahmen für Online-Nutzung – der so genannte Bereich „METIS“ – spielen im Übrigen bei der VG Wort eine immer stärkere Rolle. Die Nutzung der Beiträge wird entweder durch so genannte „Zählpixel“ nachgewiesen, die vor allem große Verlagen in die Texte ihrer Autor*innen einbauen. Texte auf Webseiten ohne „Pixel“ können dagegen für die so genannte Sonderausschüttung gemeldet werden. Maximal 480 Texte werden berücksichtigt. Die würden für 2020 immerhin mit 1.632 Euro vergütet. Bei VG Wort können übrigens seit diesem Jahr auch Agentur-Autor*innen ihre Beiträge melden, und zwar rückwirkend bis 2018. Meldefrist für METIS: 30. Juni 2021!
Was bieten die VGs sonst noch?
Der Sozialfonds der VG Wort kann kurzfristig bei coronalen Einnahmeausfällen helfen: Ein zinsloses Darlehen von 1000 Euro ist bei Notlagen möglich; der Fonds wurde 2020 aufgestockt. Die Gelder bei der Stiftung Sozialwerk der VG Bild-Kunst sind „nicht üppig“, heißt es. Dennoch: „Jede*r in Not kann Anträge stellen.“ Von der „Stiftung Kulturwerk“ der VG Bild-Kunst werden Projekte und Publikationen gefördert. Auch wenn „nicht jeder Antrag förderungswürdig“ ist: Der Versuch kann sich lohnen.
Das finanziell attraktivste Angebot für freie Urheber*innen bei VG Wort ist das Versorgungswerk. Hauptberuflich Freie, KSK-versicherte Wahrnehmungsberechtigte über 50, die eine private Alterssicherung aufbauen, können dafür einen einmaligen Zuschuss von bis zu 7.500 Euro bekommen. Der Betrag gilt als Einnahme, muss steuerlich angegeben werden, so wie alle anderen Ausschüttungen natürlich auch. Trotzdem: Nicht schlecht, oder?
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