Der falsche Feind

In einer Erklärung wehren sich die Redakteurinnen und Redakteure von ARD und ZDF zu Recht gegen den Vorwurf des „Staatsfunks“, wie er ihnen in zahllosen Zeitungsartikeln gemacht wird. Die Reaktion des BDZV-Präsidenten Döpfner zeigt: Die Verlage kämpfen gegen den falschen Feind. Zeit, die Gräben zu schließen.

Frank Werneke, stellvertretender ver.di-Vorsitzender und Bundesfachbereichsleiter Medien, Kunst und Industrie
Foto: Mathias Turm

Die Redakteurinnen und Redakteure von ARD, ZDF und Deutschlandradio haben offenbar einen wunden Punkt getroffen, als sie heute in ihrer Frankfurter Erklärung einen deutlichen Appell an ihre Kolleginnen und Kollegen in den Zeitungsredaktionen gerichtet haben. Der Tenor der Veröffentlichung der Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Redakteursausschüsse (AGRA): Warum werden sie in Zeitungsartikeln als „Staatsfunk“ verunglimpft, wo es doch eigentlich darum gehen sollte, zusammenzuhalten und gemeinsam als Journalistinnen und Journalisten gegen Populismus und Fake News einzustehen?

Die Reaktion des BDZV-Präsidenten und Vorstandsvorsitzenden des Axel Springer-Verlags, Matthias Döpfner, ließ nicht lange auf sich warten und sie zeigt, dass die Verlage nach wie vor den öffentlich-rechtlichen Rundfunk als ihren Hauptgegner ansehen und das Angstszenario der „Staatspresse“ an die Wand malen. Und die Schuldfrage wird gleich mitbeantwortet: Die öffentlich-rechtlichen Onlineangebote sind es, die es den Verlagen unmöglich machten, im Internet Geld zu verdienen.

So einfach ist es aber nicht. Einerseits haben die Öffentlich-Rechtlichen ein verfassungsgerichtlich verbrieftes Recht darauf, sich auch online weiterzuentwickeln, um dort die Beitragszahler_innen mit Informationen zu versorgen. Andererseits zeigen andere Länder, etwa die USA, in denen der öffentlich-rechtliche Rundfunk so gut wie keine Rolle spielt, dass die Verlage trotzdem Probleme haben, Refinanzierungsmodelle im Internet zu finden. Die wirkliche Zukunftsfrage für die deutsche Medienlandschaft muss deshalb vielmehr lauten: Wie positioniert man sich gegenüber Facebook, Google und Co.? Sie sind es, die mit ihren Algorithmen und Geschäftsmodellen den Zugang zu Informationen maßgeblich bestimmen.

Als ver.di setzen wir uns für einen Journalismus ein, der verbindet und nicht trennt. Unser Anspruch ist es, gemeinsam – ob in öffentlich-rechtlichen oder privatwirtschaftlichen Medien – für journalistische Qualität zu sorgen und mit fundierter Recherche Populismus und Falschnachrichten den Kampf anzusagen. Im Interesse aller Medienschaffenden setzen wir unsere Kraft in den Sendern genauso wie in den Verlagen dafür ein, dass die Journalistinnen und Journalisten aus den Gräben kommen, miteinander sprechen und erkennen, dass sie alle für eine gemeinsame Sache arbeiten.


Frank Werneke ist stellvertretender Vorsitzender der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft und Leiter des Fachbereichs Medien, Kunst und Industrie.

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

KI beinflusst Vielfalt in den Medien

Künstliche Intelligenz kann journalistische Texte in verschiedene Sprachen übersetzen und damit viel mehr Nutzer*innen ansprechen. Gleichzeitig kann sie aber auch Stereotype, die in diesen Texten enthalten sind, verfestigen. Gefahren und Chancen von KI-Anwendungen im Journalismus standen im Fokus der diesjährigen NxMedienkonferenz der Neuen deutschen Medienmacher*innen (NdM), die sich für mehr Vielfalt in den Medien einsetzen.
mehr »

Öffentlichkeit ohne Journalismus

Schwindende Titel, schrumpfende Redaktionen, immer geringere Abonnentenzahlen – dass gerade der Lokaljournalismus vielerorts unter Druck steht, ist nicht neu. Doch was bedeutet das für die lokale Öffentlichkeit, die inzwischen von vielen selbstbewussten Medien-Akteuren mitgestaltet wird? Eine aktuelle Studie der Otto-Brenner-Stiftung beschäftigt sich mit genau dieser Frage.
mehr »

Die Medienwende nach dem Mauerfall

35 Jahre nach dem Mauerfall bietet die Medienlandschaft im Osten Deutschlands ein zwiespältiges Bild. Nach wie vor verlieren die von westdeutschen Großverlagen kontrollierten ehemaligen DDR-Traditionstitel überdurchschnittlich an Auflage und Anzeigenvolumen. Der aufgelöste staatliche DDR-Rundfunk ist nach anfänglichem Hickhack erfolgreich in ARD und ZDF integriert. Gescheitert ist indes früh der Traum der Ex-Bürgerrechtler von einem „Dritten“ Medienweg.
mehr »

Kodex für mehr Respekt beim Film

Auf Initiative der Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft ver.di, des Bundesverbands Schauspiel (BFFS) und Allianz Deutscher Produzentinnen und Produzenten – Film, Fernsehen und Audiovisuelle Medien hat eine Gruppe aus Branchenvertreter*innen von Verbänden, TV-Sendern, Streamingdiensten, Förderern und unter Beteiligung der BKM, der Themis Vertrauensstelle e. V. und der BG ETEM nach über einem Jahr gemeinsamer Beratung heute den Respect Code Film (RCF) beschlossen.
mehr »