Der Traumjob!

Youth Media Convention mit Auslands- und Krisenberichterstattern

Ist Auslandsreporter ein Traumjob? Der Nimbus des Auslandskorrespondenten sei schon lange weg, meinte Michael Lüders, früher Nahostkorrespondent der Zeit, bei der Youth Media Convention, die sich auf ihrer diesjährigen Fährentour zwischen Kiel und Oslo unter dem Titel „Traum oder Trauma?“ der Krisen- und Auslandsberichterstattung annahm. „Auslandskorrespondent ist heutzutage ein Job, mehr nicht“.

Der Job scheint nach wie vor eine große Anziehungskraft auf junge Leute auszuüben, wie sich bei dieser gut besuchten Veranstaltung der Jugendpresse Deutschland, der Jugendmedienakademie der Friedrich-Ebert-Stiftung und der Deutschen Journalistinnen- und Journalisten-Union dju in ver.di zeigte. Viele der Teilnehmerinnen und Teilnehmer, darunter die Fremdsprachen-Volontäre der Deutschen Welle, verfügten bereits über Auslandserfahrung jenseits der Ferientrips. Sie konnten deshalb Lüders Einschätzung nachvollziehen: „Wenn man sich mit einer anderen Kultur auseinandersetzt, setzt man sich immer auch mit sich selbst auseinander.“

Ob eine solche Auseinandersetzung wirklich möglich ist, hängt von Arbeitsbedingungen, Sprach- und Kulturkenntnissen sowie Aufenthaltsdauer ab. Dabei gibt es noch jene Korrespondenten, die viele Jahre, mitunter Jahrzehnte, aus einem Land berichten. Ihnen kommt nach einiger Zeit die Beziehung zu ihrem Herkunftsland abhanden. „Going native“ heißt die Gefahr, sagte Oliver Hahn, Journalistikprofessor an einer „Unternehmer-Hochschule“ in Iserlohn und Mitautor der jüngsten Studie über Auslandskorrespondenten des Erich-Brost-Instituts.
Deshalb versetzen viele Medien ihre Auslandsreporter regelmäßig in andere Länder oder zwischen zwei Auslandseinsätzen in die Heimat zurück. Aber auch das kann gravierende Nachteile bei der Berichterstattung aus schwierigen Ländern haben, so der Moskauer Focus-Korrespondent Boris Reitschuster. Kennen sich die Journalisten endlich gut aus, müssen sie das Land schon wieder verlassen. Daheim erwarte sie ein „doppelter Kulturschock – das eigene Land und der Alltag in der Redaktion“, warnte Daniel Scheschkewitz, für die Deutsche Welle in Washington und jetzt Leiter eines DW-Reporterpools in Bonn. Wenig Möglichkeit zur kulturellen Auseinandersetzung dürften die von Hahn so genannten „Parachutist Journalists“ haben, die „nur bei Events mal abgeschmissen“ werden und über keine langjährigen Kontakte und intensiven Kenntnisse verfügen, wie sie Christoph Maria Fröhder für seine Auslandsreportagen schilderte. In den zweiten Irakkrieg sollen rund 3.000 junge Journalistinnen und Journalisten gestürmt sein, die sich über waghalsige Berichte eine Karriere aufbauen wollten, ergänzte Roland Schröder, ebenfalls Professor in Iserlohn und Mitherausgeber der Studie.

Schwieriges Verhältnis

Wie schwierig das Verhältnis des Korrespondenten zur Heimatredaktion sein kann, schilderte Lüders: „Die Redaktion mag es nicht, wenn man zu sehr aus einer Perspektive berichtet, die nicht die der Redaktion ist.“ Eine Klage, die jüngst auch Ulrich Tilgner über die Afghanistan-Berichte des ZDF äußerte. Weiter war im Referentenkreis die Rede von „Kleinkariertheit“ und von agenturgläubigen „Tölpeln in der eigenen Redaktion, die man überlisten muss“. Doch leider blieben diese Geschichten im Anekdotischen verhaftet, da der Kontrapart aus einer solchen Heimatredaktion fehlte, der möglicherweise von „starrsinnigen Selbstdarstellern“ oder „unkooperativen Individualisten“ gesprochen hätte. Ein solches Streitgespräch hätte vielleicht zu einer Diskussion über die strukturellen Probleme der Auslandsberichterstattung geführt.
Was darf, was muss der Kriegs- und Krisenberichterstatter an schrecklichen Bildern transportieren, diskutierten die jungen Leute mit Gerhard Kromschröder und Christoph Maria Fröhder, die für den Stern beziehungsweise die ARD in den Irakkriegen unterwegs waren. Sind grausame Bilder abschreckend, zur politischen Parteinahme motivierend oder stumpfen sie ab? Kromschröder berichtete in seinem Vortrag „Fotos als Mittel des Krieges“, dass er den Gedanken an die Dokumentation und die Kamera zwischen sich und das Leid schob. Fröhder sieht sich bei den Berichten von der grausamen Wahrheit des Krieges als „Anwalt der Zivilbevölkerung“. Meiden sollten Korrespondenten Bilder von harmlos-hübschen Hubschrauberpilotinnen, vom Soldatenbiwak im Sonnenuntergang oder von ähnlichen Motiven, da sie den Krieg „entschrecklichten“, forderte Kromschröder.

Hilfe für Journalisten

www.dartcentre.org
Zum Umgang mit dem Schreckensgeschehen und der Befragung traumatisierter Opfer berichteten Fee Rojas und Petra Tabeling vom „Dart Centre for Journalism and Trauma“ über Schulungen für Journalisten in extremen Belastungssituationen. Die persönliche Eignung zum Auslands- und Krisenreporter möglichst früh abzuschätzen, war ein Rat, der in den zwei Tagen öfter gegeben wurde. Von den Erfahrungen der Referenten profitierten die jungen Leute bei dieser Kiel-Oslo-Fahrt aber weniger als bei den Conventions vorher. Das lag weder an ihrer mangelnden Neugier, noch an Auskunftsunwilligkeit der Reporter, sondern an der immensen Größe des Schiffs und dem Lautstärkepegel in den Gesellschaftsräumen an Bord, der zusätzliche Gespräche eher verhinderte. Statt nächtelanger Debattenrunden waren einzelne Grüppchen zu beobachten, die sich etwas verloren ihren Weg durch das einkaufszentrumartige Gewühl dieser schwimmenden Kleinstadt mit ihren 2.700 Passagieren bahnten.

 

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