Ehrenamt Prüfer

Etwa ein Drittel Verdianer engagieren sich in den Ausschüssen

Mehr Aufmerksamkeit für die ehrenamtlichen Prüfer*innen in der dualen Berufsausbildung wünscht sich Roman Jaich vom Team „prüf-mit“ der ver.di-Bildungspolitik. Die Prüfungsausschüsse sind zu je einem Drittel mit Berufsschullehrer*-innen, Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertreter*innen besetzt. Durch die Novelle des Berufsbildungsgesetzes (BBiG) hat sich seit Januar 2020 einiges geändert für die Prüfer*innen und ihre entsendenden Institutionen.

Für Jaich ist die gewerkschaftliche Mitwirkung in der Berufsausbildung ein wesentliches Element der Mitbestimmung. Die Kandidat*innen für die Prüfungsausschüsse schlagen die Einzelgewerkschaften vor, die Bezirke des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB) reichen die Namen an die regionalen Industrie- und Handelskammern weiter. Seit der Novelle des BBiG müssen die Prüfenden vom Betrieb freigestellt werden. „Das wird den Generationswechsel ein Stück weit erleichtern“, heißt es in der „BBiG: Handlungshilfe für Interessenvertreter*innen“, von der ver.di-Bildungspolitik Mitte Mai herausgegeben. Darin werden die wichtigsten Neuregelungen für Auszubildende, Prüfungsausschüsse und Fortbildung zusammengefasst und kommentiert.

Der Deutsche Industrie- und Handelstag (DIHK) weist in seiner jüngsten Statistik von 2018 fast 27.000 Prüfungsausschüsse mit über 180.000 ehrenamtlichen Prüfer*innen in der Ausbildung aus. „Wenn wir davon ausgehen, dass von diesen etwa ein Drittel von ver.di benannt sind, kommen wir auf ungefähr 20.000 ver.di-organisierte Prüfer*innen“, schätzt Jaich. Genau sagen, wie viele Ehrenamtliche in den Ausschüssen für ver.di im Einsatz sind, kann Jaich nicht. Bislang gab es keine Rückmeldungen der IHKs, welche Vorgeschlagenen auch eingesetzt werden. Das wird sich durch das veränderte Gesetz ändern, denn diese Aufstellung ist jetzt vorgeschrieben.

Klaus Skindelies ist in Düsseldorf als Ehrenamtlicher im Einsatz und Mitglied des Beirats von „prüf-mit“. Er beurteilt Vermessungstechniker*innen und Geomatiker*innen. Die Geomatiker*innen werden in der DIHK-Statistik zu den Branchen „Papier, Druck“ gerechnet – ihre Arbeitsorte sind zum Beispiel kartografische Verlage. Skindelies hatte bisher kaum Probleme, Neulinge für die Prüfungsausschüsse zu gewinnen, denn die persönliche Ansprache sei in dem kleinen Kreis möglich: „Man kennt sich“, sagt er. „Ich habe immer das Gefühl gehabt, da ist ein bisschen Stolz dabei.“ Neue Prüfer*innen zu finden, sei weniger das Problem, meint Ralf Stroetmann, der als Solo-Selbstständiger sowohl Auszubildende wie auch angehende Meister*innen der Veranstaltungstechnik prüft. Auch in der Weiterbildung sind Ehrenamtliche im Einsatz. Nach der DIHK-Statistik von 2017 waren es rund 34.500 Prüfende in etwa 4.800 Ausschüssen. „Schwierig wird es, wenn die Neuen, vor allem beim Meister, realisieren, wie viel Arbeit das ist.“ Deshalb sei es so wichtig, Prüfer*innen zu schulen, unter anderem darin, „wie man die richtigen Fragen stellt. Für Stroetmann hat die Prüfungsarbeit den besonderen Reiz „am Ball zu bleiben“. „Von jedem Prüfling lernt man auch etwas Neues und bekommt einen weiteren Einblick in die Gesamtbranche“, sagt er und würde das Ehrenamt den Kolleg*innen durchaus empfehlen.

Auf der ver.di-Plattform www.pruef-mit.de haben sich rund 2.300 aktive Prüfer*innen und Interessierte 
registriert, um vom Informationsaustausch und den angebotenen Seminaren zu profitieren. Für diese Aufgabe jüngere ver.di-Mitglieder zu finden, sei nicht überall einfach: „Wir sehen, dass wir uns hier neu aufstellen müssen“, erklärt Jaich. Das vom Bundesbildungsministerium geförderte Projekt der Betreuungs-Plattform läuft Ende des Jahres aus. „Derzeit sitzen wir an einem Konzept für einen neuen Antrag.“ Darin soll die Werbung für das Ehrenamt einen größeren Raum einnehmen, auch die Fachbereiche und die Ausbilder*innen in den Betrieben sollen stärker angesprochen werden.

Die Modernisierung des Prüfungswesens ist ein Aspekt der 2018 vom Bundestag eingesetzten Enquête-Kommission „Berufliche Bildung in der digitalen Arbeitswelt“. Die Leiterin der ver.di-Bildungspolitik, Uta Kupfer, stellte dort im April die Gewerkschaftspositionen vor. Sie forderte, die Abschlussprüfung zu einer „Kompetenzprüfung“ umzugestalten, anstatt das gesamte gelernte Wissen auf einen Schlag abzufragen – von Ausbilder*innen und Prüfer*innen in Gesprächen mit M als „Bulimie-Wissen“ bezeichnet.

Eine umstrittene Neuerung im BBiG ist die Einsetzung von Prüferdelegationen. Diese können die Prüfungen ohne Rückkopplung zu den eigentlichen Ausschüssen abnehmen. Clive Hewlett, ehrenamtlich tätig in der ver.di-AG „Prüferhandbuch“, schrieb dazu schon 2019 in „denk-doch-mal.de“, dem Online-Magazin von ver.di und IG Metall, dass der Gesetzentwurf eine „Rechtsverschlechterung“ bedeute. Damit könnte eine angebliche Entlastung der Ausschüsse in Wirklichkeit deren Entmachtung bewirken, wird in der ver.di-„Handlungshilfe“ als Risiko dargestellt.

Mehr Informationen auf der ver.di-Plattform

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