Journalistische Arbeitsbedingungen in China hinterfragt
Eine Delegation der IJF mit neun Teilnehmern aus Afrika, Asien, Australien und Europa flog am 13. April zu einem ersten offiziellen Besuch nach Peking. Beschlossen hatte diese Mission der IJF-Weltkongress in Moskau 2007. Verwirklicht wurde sie in einer Zeit, in der Auseinandersetzungen über Tibet, heftige Demonstrationen auf den Straßen Europas und Aufrufe zum Boykott in westlichen Hauptstädten ihren Schatten über die Olympischen Spiele 2008 und auch über die Arbeit und das Ansehen westlicher Korrespondenten in Peking warfen.
Es galt, nach den Arbeitsbedingungen und den professionellen Standards chinesischer Journalisten zu fragen, Informationen über die Vorbereitung und die Organisation der Medienberichterstattung während der Olympischen Spiele zu sammeln und Vorschläge zur Unterstützung der zu diesem Zeitpunkt 30.000 akkreditierten und nichtakkreditierten Journalisten zu unterbreiten. Außerdem wollte man die Möglichkeiten prüfen für eine künftige Zusammenarbeit und einen Dialog zwischen der IFJ und den durch die All China Journalists Association (ACJA) vertretenen chinesischen Journalisten, über Themen wie z.B. journalistische Ethik, redaktionelle Unabhängigkeit und Menschenrechte.
Es gab Treffen mit Regierungsvertretern wie dem stellv. Informationsminister Quian Xiaoqian, dem Vizepräsidenten des Olympischen Organisationskomitees Jian Xiaoyu, mit der Leitung der ACJA, mit verantwortlichen Vertretern der führenden chinesischen Medien wie People’s Daily und ihrer umfangreichen Online-Ausgabe, der staatlichen Nachrichtenagentur Xinhua, dem Fernsehsender CCTV, dem Dekan der Tsinghua University School of Journalism, Li Xiguang, aber auch mit Vertretern der Delegation der Europäischen Kommission in Peking, den Kollegen des Clubs der ausländischen Korrespondenten in China FCCC sowie einzelnen Auslandskorrespondenten aus der Heimat der Delegationsmitglieder.
Für Lockerungen auch nach Olympia
Ein Schwerpunkt der Gespräche war die Forderung nach der Fortsetzung der offiziellen Richtlinien zur Berichterstattung, die 2007 für die Zeit der Olympischen Spiele befristet bis Oktober 2008 eingeführt wurden, und die ein größeres Ausmaß an Bewegungsfreiheit und Zugang zu lokalen Informationsquellen für die ausländischen Korrespondenten ermöglichen. Es gab erste Anzeichen dafür, dass diese Richtlinien in Kraft bleiben könnten, obwohl auch über eine ganze Reihe von Verletzungen seitens der Behörden berichtet wurde. Aber das ist noch eine sehr fragile Angelegenheit, die sicher von den Erfahrungen mit der Medienberichterstattung während der Spiele beeinflusst werden wird.
Differierende Vorstellungen über professionelle Ethik
Auch die aktuelle wachsende Spannung zwischen chinesischen und ausländischen Medien spielte bei den Begegnungen eine große Rolle. Wir fragten nach den zunehmenden Drohungen gegenüber den Korrespondenten, über die sie uns berichteten, und wie sie vor dieser Welle von Feindlichkeit geschützt werden könnten, aber auch nach dem Schicksal inhaftierter und bedrohter chinesischer Kollegen. Sicherheit und ungehinderte Arbeitsmöglichkeiten der Korrespondenten vor , während und nach den Spielen bleiben ebenso dringend Gegenstand des weiteren Dialogs wie die offene Auseinandersetzung über die differierenden Vorstellungen von Pressefreiheit, Informantenschutz und professioneller Ethik. „Wir erkennen und begrüßen die Schritte, die unternommen wurden, um Journalisten freie Arbeitsmöglichkeiten einzuräumen, aber das darf keine auf Olympia beschränkte Geste bleiben. China muss sich weiter an seine Versprechen gebunden fühlen und die Tür öffnen für einen dauerhaften Prozess des Dialogs und der Kooperation zwischen Journalisten“, bewertete Aidan White, Generalsekretär der IJF, die Ergebnisse der Delegation. „Ein Wandel ist unvermeidlich und Journalismus kann eine entscheidende Rolle spielen , um Unwissen, Missverständnisse und Feindlichkeit auf diesem Weg auszuräumen.“