Evangelische Elite fördern

Renommierte Journalistenausbildung in unklarem Fahrwasser

Die Evangelische Medienakademie und die Evangelische Journalistenschule werden getrennt und wieder aus zwei verschiedenen Städten agieren. Zweifel gibt es derzeit an der künftigen Ausrichtung der journalistischen Ausbildung.

Journalistische Professionalität und medienethische Grundsätze zu vermitteln war das Ziel, als 1995 die Evangelische Journalistenschule (EJS) in Berlin aus der Taufe gehoben wurde, wie sich die erste Leiterin der Schule, Imme de Haen, erinnert. Doch schon fünf Jahre später stand die Existenz der Schule auf der Kippe. An den Etat des Gemeinschaftswerks der Evangelischen Publizistik (GEP), der „Muttergesellschaft“ der Evangelischen Journalistenschule, der Evangelischen Medienakademie und des Evangelischen Pressedienstes (epd) wurde der Rotstift angesetzt. Die Akademie, vorher in Frankfurt am Main angesiedelt, zog ebenfalls nach Berlin, Referentenstellen wurden gestrichen und die Arbeit beider Institutionen mit kleinem festen Mitarbeiterstab und vielen freien Dozenten geleistet. Jetzt werden beide Institutionen auseinandergerissen, die Medienakademie zieht nach Düsseldorf, der Leiter Klaus Möllering muss in den Pfarrdienst zurückkehren, und die Journalistenschule wird vom Chef des epd, Thomas Schiller, geleitet, wie auf der Bremer Synode der Evangelischen Kirche Anfang November offiziell bekannt wurde.
Schon im November 2007 zeigte sich der Vorstand des Freundeskreises der Evangelischen Medienakademie, der sich auch um die Journalistenschule kümmert, besorgt, was die Zukunft beider Einrichtungen angeht. Wieder waren Streichungen im Etat des GEP verkündet worden. Der Freundeskreis, der nach eigener Aussage Schule und Akademie kritisch begleitet, sich als Anwalt versteht, „aber auch unbequem werden“ könne, schaltete sich in die Beratungen ein, trug aber schließlich die Kompromisslösung mit. Ohne den Freundeskreis, meinte der Vorsitzende Christof Vetter, wären wohl beide Einrichtungen von der Schließung bedroht gewesen. Jetzt wird die Akademie dem Medienverband der Evangelischen Kirche im Rheinland zugeordnet und mit der dortigen AkadeMedia zusammengeschlossen. Dabei soll die Marke „Evangelische Medienakademie“ erhalten bleiben.
Die Journalistenschule, die in bisher sieben Jahrgängen jeweils 16 Schüler in anderthalbjährigen Kursen ausgebildet und etliche journalistische Preisträger hervorgebracht hat, bleibt unter dem Verwaltungsdach des Gemeinschaftswerks und hat einen Etat von 1,5 Millionen Euro für die nächsten fünf Jahre zugesichert bekommen. Allerdings haben die Ausführungen des GEP-Direktors Jörg Bollmann über die Zukunft der Journalistenschule in seinem Bericht an die Synode für Unmut und Zweifel im Freundeskreis und unter den Mentoren gesorgt. Bollmann erwartet von der Journalistenschule, die „zunächst als ein auf fünf Jahre angelegtes Projekt“ fortgeführt werde, eine explizite evangelische Positionierung, ein „überzeugendes evangelisches Profil“, eine Einbindung in das kirchliche Umfeld und eine stärkere Zusammenarbeit mit kirchlichen Medien wie „Chrismon“ und „Bibel-TV“. Es müsse sich zeigen, ob „die journalistische Ausbildung in Berlin in Zusammenhang mit der geplanten Förderung evangelischer Eliten gebracht werden“ könne.
Gegen eine solche kirchliche Ausrichtung als oberstem Maßstab für die Auswahl der Bewerber und die journalistische Ausbildung hatten etliche prominente Mentoren persönlich und in offenen Briefen protestiert, vom Spiegel unter der Überschrift „Widerstand gegen die ‚Bekenntnis-Schule’“ zusammengefasst. Auch der Freundeskreis hat sich dazu kritisch geäußert, aber nach einem Gespräch mit Interimsleiter Schiller seinem Vertrauen in die weitere Orientierung an journalistischer Qualität Ausdruck gegeben: „Die Schule bleibt offen für Dozenten, Mentoren und Schüler unterschiedlicher Glaubensüberzeugungen und Weltanschauungen, so weit sie die Würde aller Menschen achten“, heißt es in einer Pressemitteilung. Thilo Schmidt, selbst Absolvent der Journalistenschule und Mitglied im Vorstand des Freundeskreises, erklärte dazu: „Wir werden sehr genau darauf achten, was in der Schule passiert.“

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