Das Amtsgericht München hat am 5. Mai den freien Journalisten Michael Trammer wegen Hausfriedensbruchs belangt. Trammer hatte im September 2021 im Auftrag der „taz“ von Protesten gegen die Internationale Automobilausstellung (IAA) berichtet und dabei ein von Aktivisten besetztes Gebäude betreten. Über den daraufhin gegen Trammer ergangenen Strafbefehl wurde nun verhandelt. Der Freistaat Bayern hatte das Verfahren auch nach gewerkschaftlichen Protesten nicht gestoppt. Die dju in ver.di wertet das jetzige Verhandlungsergebnis „mehr als befremdlich“.
Bei der polizeilichen Räumung des von Protestieren besetzen Gebäudes war Michael Trammer am 10. September 2021 zunächst über Stunden festgesetzt worden und konnte erst nach Intervention der „Tageszeitung“ (taz) und der Deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union (dju) in ver.di weiterarbeiten. Später war er vom Hauseigentümer, der Immobilien Freistaat Bayern, wegen Hausfriedensbruchs angezeigt worden. Gegen ihn erging ein Strafbefehl über 40 Tagessätze zu je 40 Euro, dem er widersprach.
Vor dem Amtsgericht saßen nun neben Trammer auch vier der Klimaprotest-Akteuren, die seinerzeit das leerstehende Haus in München besetzt hatten. Alle mussten sich gleichermaßen wegen Hausfriedensbruchs verantworten.
Bereits diese Konstellation erscheint mehr als fragwürdig: Wurde der Berichterstatter, der über die IAA-Proteste in München recherchierte, so doch mit den politischen Aktivisten gleichgesetzt. Ein derartiges juristisches Herangehen hatte die Deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union in ver.di bereits in anderen Fällen kritisiert. So etwa bei Protesten gegen die Inbetriebnahme des Kraftwerkes Datteln IV, wo ein Bildjournalist als „Störer“ ebenfalls wegen Hausfriedensbruchs angezeigt worden war. Der bloße Umstand, dass ein Fotograf „eine journalistische Dokumentation von Protesten vorgenommen hat, macht ihn noch nicht zu einem Aktivisten“, argumentierte damals Anwalt Dr. Jasper Prigge, der mit ver.di-Rechtsschutz jetzt ebenfalls Michael Trammer vertrat.
Als „absurd“ bezeichnet dju-Bundesgeschäftsführerin Monique Hofmann, die der Verhandlung in München beiwohnte, ein solches Vorgehen. Das Gericht habe die Tatsache, dass Michael Trammer als Journalist über die IAA-Proteste berichtete, nicht ausreichend gewürdigt. Und das, obwohl der Richter zuvor in seinen Ausführungen das hohe Gut der Pressefreiheit durchaus dargelegt habe. Trammer selbst hatte vorab betont: „Wenn ich über ein besetztes Haus informieren möchte, muss ich es auch betreten. Alles andere würde bedeuten, nicht zu wissen, worüber man berichtet.“ Allerdings blieb der Staatsanwalt von alledem unbeeindruckt und war auch auf direkte Nachfrage des Richters nicht zu einer Einstellung des Verfahrens gegen Trammer bereit.
„Unser bereits zuvor geäußerter Eindruck, mit diesem Verfahren soll Berichterstattung über Klimaproteste nachträglich sanktioniert und für die Zukunft mit einer Warnung versehen werden, hat sich heute bestätigt. Keine der Reißleinen, die an verschiedenen Punkten des Verfahrens da waren, ist gezogen worden – weder durch den Freistaat Bayern noch durch die Staatsanwaltschaft“, resümierte die dju-Bundesgeschäftsführerin nach der Verhandlung.
Rechtsanwalt Jasper Prigge hatte zuvor in seinem Plädoyer nochmals betont: „Es war die Entscheidung des Freistaats Bayern, dieses Verfahren durchzuführen. Immobilien Freistaat Bayern hätte den Strafantrag jederzeit zurücknehmen können, aber es war eine bewusste Handlung, Trammer vor Gericht sehen zu wollen. Es war auch eine bewusste Entscheidung der Staatsanwaltschaft, das Verfahren durchzuführen, anstatt es vor einer Verhandlung wegen Geringfügigkeit einzustellen.“
Michael Trammer wurde – wie auch die vier Aktivisten – wegen Hausfriedensbruchs verwarnt, in seinem Fall unter einem Strafvorbehalt von 30 Tagessätzen à 15 Euro. Ob er dagegen Rechtsmittel einlegen wird, ist noch nicht entscheiden.