Frauen prägen die Internetkultur

Mehr weibliche Homepages

In Deutschland surfen immer mehr Frauen im Internet. Laut W3B-Umfrage liegt der Anteil der weiblichen Benutzer des neuen Informations- und Kommunikationsmediums schon bei 35 Prozent.

Ob in Netzwerken, auf privaten Homepages oder in den Chats der großen Frauenmagazine: Persönlicher Meinungs- und Erfahrungsaustausch in kleinen Foren oder Tipps zur praktischen Lebenshilfe, Aus- und Weiterbildungsangebote – Frauen nutzen mittlerweile all diese Möglichkeiten des Mediums Internet auf sehr unterschiedliche Weise. Universitäten oder Provider haben den Platz im Internet kostenlos oder sehr günstig zur Verfügung gestellt. Frauen prägen so nicht nur die Internetkultur, sondern können vor allem Erfahrung mit Medienkompetenz in dem boomenden Arbeitsbereich der Informationstechnologien sammeln: Nicht selten sorgte ein Internet-Engagement während der Babypause für einen erfolgreichen Berufseintritt.

Meinungsaustausch

In Deutschland hat sich in den letzten fünf Jahren eine rege Homepage-Szene entwickelt, die sich privat per E-Mail, aber auch in Gästebüchern regelmäßig zum Meinungsaustausch oder eben nur aus Spaß trifft. Aus dem gewaltig angestiegenen Pool privater Frauenhomepages sticht vor allem die „Hausfrauenseite“ (www.hausfrauenseite.de) heraus. Sie beantwortet die biedersten Alltagsfragen witzig und unterhaltsam – die klassischen Frauenthemen Küche, Kinder, Familie, Handarbeiten und Hochzeiten werden ergiebigst, jedoch auch für Hausfrauenmuffel nie langweilig abgehandelt. Und im Hausfrauen-Chat ereifern sich Mütter über Themen wie Süßigkeitsfallen vor Supermarktkassen oder Superstress vor Hochzeiten.

Ausgehend von den Hausfrauenseiten gibt es seit gut einem Jahr den „Mütter mit Modem-Webring“. Hier wurde wieder einmal eine Idee aus Amerika – das Original heißt Moms with Modems – kopiert.

Jede Frau mit Anhang kann an dem Ring teilnehmen und so die Besucherzahlen in der Regel verdoppeln. Auch die Initiatorin von Wonders Kaffeeklatsch hat einen Cyberwyber-Webring gegründet und schon eine ansehnliche Mitgliederliste.

Serviceangebote

Ebenfalls ehrenamtlich arbeitet Webgrrls e.V. (www.webgrrls.de), doch das Netzwerk für Frauen in den Neuen Medien befindet sich jetzt nach einer Professionalisierungsphase im Aufwind. Derzeit sind knapp 600 Mitglieder über zehn regionale Netzwerke unter anderem München, Berlin, Düsseldorf, Hamburg, Stuttgart, Frankfurt und Köln organisiert. Hier tummeln sich vor allem Webprogrammiererinnen und -designerinnen, IT-Beraterinnen, Journalistinnen und Texterinnen. Dabei sind die Webgrrls nicht rein virtuell, sondern leben vor allem von Stammtischen, Vortragsveranstaltungen und Arbeitsgruppen.

Generell sind es die nützlichen, lebenspraktischen Informationen, die Frauen am Internet schätzen. Vor allem Berufstätige und Berufsrückkehrerinnen können von den Serviceangeboten profitieren. Zwar gibt es in Deutschland bislang nur wenige entsprechende Angebote, wie das Wybernetz http://www.web-publishing.com/WyberNetz/hallo.htm) mit einem interessanten Jobpool.

Ein Blick über den großen Teich zeigt jedoch, wie es in wenigen Jahren auch hierzulande aussehen könnte: Das internationale Netzwerk Women’s Wire (www.womenswire.org) führte die 100 mütterfreundlichsten Unternehmen Amerikas auf – bezogen auf die Beurteilungskriterien Karrierechancen, Gehalt und Kinderbetreuung.

Doch auch kleine Zeitschriften und Online-Magazine wie die christlich orientierte Frauenzeitschrift „Joyce“ (www.jesus.de), die im Netz Frauen-Chats anbietet, oder die Online-Publikation „Weibblick“ (www.weibblick.de) mit frauenbezogenen Reportagen und anspruchsvollen Themenspecials beispielsweise zur Gen- und Reproduktionstechnik, nutzen das Netz als Plattform. All das, was diese Projekte auszeichnet, haben sich die klassischen Frauenmagazine erst nach und nach angeeignet. Im Kielwasser ihrer Printschwestern recyceln „Amica“, „Freundin“, „Vogue“, „Elle“, die Schweizer „Annabelle“, die österreichische „Beauty“, „Allegra“, oder „Brigitte“ auch online klassische Frauenthemen wie Liebe, Mode, Schönheit und Kochen. In den letzten zwei Jahren bauten die Frauenzeitschriften auch die berufsbezogenen Informationsangebote stark aus.

Eigene Inhalte

Die Erkenntnis der letzten Jahre war bei den Verlagen, „dass die Marke zählt“, weiß Kirsten Schweiger, Ressortleiterin bei Allegra Online (www.allegra.de). Die Print-Produkte bekamen Online-Schwestern, die sich halten konnten. Doch eigene Online-Magazine überlebten die Werbekrise im Jahr 2001 nicht. Obwohl sich „Allegra“ noch 2000 komplett finanzieren konnte, hielt der Verlag trotz Einbußen bei den Einnahmen daran fest. Die Online-Präsenz von „Allegra“ wirbt für Printabos, andererseits erwarten die Leserinnen auch zusätzliche Informationen im Internet. Das stärkt die fünfköpfige Online-Redaktion, die die Heftinhalte an das Medium WorldWideWeb anpasst und eigene Inhalte generiert.

Im Januar 2002 zählte „Allegra“ bei IVW 4,7 Millionen Visits, mußte jedoch Einbußen in der Community durch die Einführung einer neuen komplizierteren Chat-Software hinnehmen. Eine ähnlich große Community wie „Allegra“ pflegt „Brigitte“ (www.brigitte.de), während „Amica“ (www.amica.de) mit 16,7 Millionen Visits auch von der gemeinsamen Community-Plattform des Tomorrow-Verlags profitiert.

Mit den serviceorientierten Angeboten ziehen die traditionellen Medien den selbst organisierten Frauenforen jedoch nur nach. Das Internet als weit verzweigtes und verschachteltes Kommunikationsmedium ist für Frauen mit ihrer ausgewiesenen Sozial- und Kommunikationskompetenz wie geschaffen.

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Von Erbsensuppe und neuen Geschichten

„Vielfalt schützen, Freiheit sichern – 40 Jahre duale Medienordnung im föderalen Deutschland“. Dies war das Thema des Symposiums, das am 23.  April in der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften stattfand. Ausrichter war die Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten (DLM).  Teilnehmer waren Verantwortliche aus Medienpolitik und -wissenschaft, Rundfunkregulierung und Medienunternehmen.
mehr »

Preis für behinderte Medienschaffende

Zum zweiten Mal schreibt in diesem Jahr die gewerkschaftsnahe Otto Brenner Stiftung zwei Preise und Stipendien für Journalist*innen mit Behinderung aus. Damit soll „ein klares Signal für die Förderung von Diversität als unverzichtbaren Wert in unserer demokratischen Gesellschaft“ gesetzt werden, sagt Jupp Legrand, Geschäftsführer der Stiftung. 
mehr »

KI darf keine KI-Texte nutzen

Die Diskussion über Möglichkeiten und Grenzen der KI im eigenen Metier wird Journalist*innen noch lange weiter beschäftigen. Bei der jüngsten ver.di-KI-Online-Veranstaltung ging es um den Anspruch an Gute Arbeit und Qualität. ver.di hat zum Einsatz von KI Positionen und ethische Leitlinien entwickelt. Bettina Hesse, Referentin für Medienpolitik, stellte das Papier vor, das die Bundesfachgruppe Medien, Journalismus und Film zum Einsatz von generativer Künstlicher Intelligenz im Journalismus erarbeitet hat.
mehr »

Unabhängige Medien in Gefahr

Beim ver.di-Medientag Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen diskutierten am 20. April rund 50 Teilnehmende im Zeitgeschichtlichen Forum in Leipzig die aktuelle Entwicklungen in der Medienlandschaft, die Diversität in den Medien und Angriffe auf Medienschaffende. Das alles auch vor dem Hintergrund, dass bei den kommenden Landtagswahlen in Thüringen, Sachsen und Brandenburg die AfD laut Umfragen stark profitiert. 
mehr »