Deutscher Förderpreis „Jugend in Arbeit“ mit Ideen und Partnerschaften in Bremerhaven
Die Integration arbeitsloser Jugendlicher ist das Ziel des 2005 gestarteten Deutschen Förderpreises „Jugend in Arbeit“. Zunächst auf Landes- und dann auf Bundesebene wurden die besten Konzepte und Projekte prämiert, die jungen Menschen dabei helfen sollen, auf dem Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. Im Februar 2006 wurden die Landessieger, im Mai 2006 schließlich die Bundessieger prämiert. Doch damit ist der Ideenwettbewerb nicht beendet.
Insgesamt haben 1.500 Gruppen ihre Projekte oder Konzepte für den Deutschen Förderpreis „Jugend in Arbeit“, der vom Bundesministerium für Arbeit und der Bundesagentur für Arbeit ausgeschrieben wurde, präsentiert. Alle diese Vorschläge sollen auch anderen Projektträgern als Ideenpool dienen und werden in ihrer Fortentwicklung von der Agentur für Arbeit begleitet. Von diesen Ergebnissen wird eine mögliche zweite Runde des Wettbewerbs ab 2008 abhängen.
Medienausbildung und Motivation durch Medienerfahrung haben sich einige Projekte zum Ziel gesetzt, die für den Sieg in ihrem Bundesland vorgeschlagen wurden. Die Ausbildungspartnerschaft Medien in Bremerhaven hat den Landessieg geschafft. Dieses Projekt existiert bereits seit 2002. Ins Leben gerufen wurde die Ausbildungspartnerschaft Medien von den Lehrern der Gewerblichen Landesanstalten Bremerhaven, Axel Rahn und Andreas Fink. Organisatorisches Dach ist der Verein „Ausbildungsverbund für Medienberufe in der Region Bremerhaven“, kurz AV-Medien genannt. Rahn und Fink sind Mitglieder des Vereinsvorstands. „Ausgangspunkt war die extrem schwierige Arbeitsplatzsituation in der Region Bremerhaven für die neuen Medienberufe. Es gab so gut wie keine Angebote. Das Interesse an den neuen Medienberufen bei jungen Menschen war aber groß, genauso groß wie das Unwissen darüber, welche Kompetenzen und Arbeitsszenarien damit verbunden sind“, erinnert sich Rahn an den Beginn.
Gemeinsam an einem Tisch
Mit der Industrie- und Handelskammer Bremerhaven holten sie kleine und große Medienunternehmen, aber auch Einrichtungen wie die Stadtbildstelle, die Landesmedienanstalt oder das berühmte Alfred-Wegener-Institut, das zur Bearbeitung seiner Polarforschung einen großen Medieneinsatz hat, an einen Tisch: Zusammen sollten sie mehr Lehrstellen für Mediengestalter schaffen. Allein können Klein- und Mikrofirmen der Medienbranche die geforderte Bandbreite der Ausbildung oft nicht bieten. Im Verbund mit leistungsstarken Partnern ist es auch ihnen möglich, auszubilden.
Im Netzwerk sind über 50 Betriebe und Institutionen erfasst. „Es werden ständig mehr“, berichtet Rahn. „Gerade sind wieder drei neue Medienunternehmen dazugestoßen. Auch die Institutionen bilden aus und sind ideelle Unterstützer“, betont der Berufsschullehrer. Auf über 70 Ausbildungsverträge in den ersten drei Jahren konnte die Ausbildungspartnerschaft bei der Meldung zum Wettbewerb bereits verweisen. 15 der ersten ausgebildeten Mediengestalter mit Gesellenbrief und Fachhochschulreife haben in Bremerhaven und Umgebung, aber auch in anderen Städten, einen festen Arbeitsplatz gefunden.
Seit dem Sommer 2005 hat die Ausbildungspartnerschaft ihr Angebot ausgedehnt: Sie organisiert jetzt auch Lehrstellen zum Fachangestellten für Medien- und Informationsdienste. Gearbeitet wird nur mit Ehrenamtlichen oder mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der IHK Bremerhaven: „Wir machen für die Ausbildungspartnerschaft die Poststelle“, heißt es dort fröhlich am Telefon. Geld für die Arbeit kommt zum Beispiel aus dem Europäischen Sozialfonds. Insgesamt hatte die Ausbildungspartnerschaft rund 280.000 Euro in den vergangenen fünf Jahren zur Verfügung.
Und das Preisgeld von 50.000 Euro für den Landessieg? „Der AV-Medien wird das Geld in die Ausstattung für ein Aus- und Weiterbildungszentrum für Medienkompetenz investieren. Weiterhin planen wir neue Ausbildungsberufe aufzunehmen wie Medienkaufleute, Kaufleute für Dialogmarketing, Servicefachkraft für Dialogmarketing, Kaufleute für Marketingkommunikation.“ Bei den letzten drei handelt es sich um die im August diesen Jahres neu eingeführten Ausbildungsberufe für Umfrageinstitute und Call-Center.
Rahn und Fink sind für die jungen Leute Lehrer und Lehrstellenbeschaffer zugleich. Eine schwierige Situation? „Schwer zu beantworten“, meint Rahn. „Lassen Sie es mich so versuchen: Wir gehen in unserer Doppelfunktion als Berufsschullehrer und Ausbildungskoordinatoren ausgesprochen gern mit diesen jungen Leuten um. Ich vermute, die Schülerinnen und Schüler auch mit uns. Wenn es erlaubt ist, dass Arbeit Spaß macht, dann sind wir ein leuchtendes Beispiel für diesen Zustand. In Berufsschulen ist es eigentlich kaum bis gar nicht üblich, dass Abschlussjahrgänge Jahrestreffen organisieren. Hier ist das so und wir werden immer eingeladen.“
Filmkultur im Trierer Palais
Den zweiten Platz im Landeswettbewerb Rheinland-Pfalz erreichte der Verein Palais in Trier. Das Projekt „Filmkultur“ hat seit 2005 in zwei Durchläufen jeweils acht junge Langzeitarbeitslose ein halbes Jahr in die Kunst des Filmemachens eingewiesen. Drehbuch, Bühnenbild, Kostüme, alles lag in der Verantwortung der Jugendlichen. Dadurch sollten sie nicht nur filmtechnische und handwerkliche Fähigkeiten erwerben, sondern auch Soft Skills trainieren wie Durchhaltevermögen und Kritikfähigkeit. Am Ende der Projektzeit stand nicht nur eine öffentliche Aufführung, sondern die Teilnehmer haben nun aussagekräftige Bewerbungsmappen, die neben der Filmarbeit mit Pädagogen in Qualifizierungskursen der ARGE Trier erarbeitet wurden. Dazu kommt ein Zertifikat namens „Kompetenznachweis Kultur“.
Spacewalk zum Selbstvertrauen
Für den zweiten Platz gibt es kein Preisgeld. Dafür berichtet die Projektleiterin Sandra Grau, dass gerade ein dritter Durchlauf für mehr Medien- und Sozialkompetenz für langzeitarbeitslose Jugendliche gestartet ist. Teilergebnis der Arbeit wird diesmal kein Film sein, sondern eine Internetseite, langfristig geplant mit einem Ausbau zu einer Internetzeitung und einem Internetradio für junge Leute.
Das dritte Beispiel existiert bisher nur als Idee – zumindest in Deutschland. In der Schweiz läuft das Programm „Spacewalk“ bereits seit 1998 mit gutem Erfolg, wie das Arbeitsamt Zürich feststellt. In Niedersachsen wurde das von Markus Kissling in der Schweiz entwickelte und mit seinem Partner in Wolfsburg, Peter Grünheid, angebotene Konzept des Videofilmens mit Arbeitslosen zwischen 16 und 29 Jahren noch nie eingesetzt. In Deutschland gab es „gute Gespräche“, aber „Spacewalk“ war bisher mit keinem laufenden Programm der angesprochenen Arbeitsagenturen vereinbar. „Es passt in keinen Topf“, so Markus Kissling enttäuscht. „Anders in der Schweiz, wo wir, neben dem bestehenden Projekt, ein Sozialunternehmen mit Beschäftigungsmöglichkeiten vor allem für TeilnehmerInnen mit Migrationshintergrund aufbauen. Vielleicht klappt es ja auch mal in Deutschland.“ Das Arbeitsamt Zürich lobte schon 1999 die Motivation und die Begeisterung, die das Videoprojekt bei den jungen Menschen hervorrufe – und die in eine bessere Bewerbungspräsentation mündeten. „Einen Film machen heißt einen Maßnahmenplan erstellen wie bei einer Bewerbung“ erläutert Kissling den Zusammenhang. Projektleiter Markus Kissling ist davon überzeugt, „dass jeder Mensch eine Idee hat, die er umsetzen kann. Vielleicht braucht er nur die notwendige Zeit, um sie formulieren zu können.“
Informationen
www.avmedien-bremerhaven.de
http://kjh.palais-ev.de
www.space-walk.com