Geldwertes Urteil

Einen wichtigen Erfolg zu Gunsten aller Journalisten hat die Verwertungsgesellschaft Wort am 11. Juli vor dem Bundesgerichtshof erreicht. In einem Grundsatzurteil entschied der BGH in Karlsruhe, dass das so genannte „Pressespiegelprivileg“ grundsätzlich auch auf elektronische Pressespiegel anwendbar ist.

Bei der höchstrichterlichen Entscheidung des I. Zivilsenats(Az. I ZR 255/00) geht es um viel Geld – und darum, wer es bekommt. Für Pressespiegel ist nach § 49 Urheberrechtsgesetz die Vervielfältigung von aktuellen Print-Artikeln genehmigungsfrei, aber vergütungspflichtig.

Lizenzgeber ist die VG Wort. Sie konnte dafür zwar vor einigen Wochen noch 4,6 Millionen Euro an freie und angestellte Journalisten ausschütten, doch immer mehr Institutionen steigen auf elektronische Pressespiegel um. Diese werden von der Presse-Monitor GmbH der Verleger (M 4/2002) an mittlerweile 100 Kunden verschickt – ohne Honorar an Autoren oder VG-Wort-Abgaben. Der VG Wort hingegen war die Lizenzierung elektronischer Pressespiegel durch die Oberlandesgerichte in Köln und Hamburg (M 1 – 2/2000 und 5 – 6/2000) untersagt worden.

Das Urteil des Hanseatischen OLG hob der BGH jetzt mit der Begründung auf, ein elektronischer Pressespiegel unterscheide sich nicht wesentlich von dem in Papierform, solange gewisse Bedingungen eingehalten seien. Dass Endabnehmer sich aus elektronischen Pressespiegeln ein eigenes Archiv aufbauen, könne durch eine Übermittlung beispielsweise im pdf-Format verhindert werden. Auch müsse der Kreis der Bezieher überschaubar sein. Zulässig seien betriebs- oder behördeninterne elektronische Pressespiegel, nicht dagegen solche kommerzieller Dienste.

Die Verlegerverbände reagierten auf die BGH-Entscheidung mit „Bedauern“ (VDZ) und „Unverständnis“ (BDZV). Sie kündigten an, ihre Mitglieder zum „Rechtevorbehalt“ gegen die Aufnahme von Artikeln in Pressespiegeln aufzufordern. Genugtuung hingegen äußerte der stellvertretende ver.di-Vorsitzende Gerd Nies: „Der BGH hat klargestellt, dass den Autoren auch für elektronische Pressespiegel Vergütungen zustehen, die die Verlage gern selbst einstecken wollten.“

 

 

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Journalismus unter KI-Bedingungen

Digitalkonzerne und Künstliche Intelligenz stellen Medienschaffende vor neue Herausforderungen. „KI, Big Tech & Co. – was wird aus dem Journalismus?“ lautete folgerichtig der Titel der 11. Medienpolitischen Tagung von ver.di und DGB am 16. Oktober in Berlin. Über 80 Wissenschaftler*innen, Rundfunkräte und Journalist*innen informierten sich auch über den aktuellen Stand der Debatte über den neuen Medien“reform“staatsvertrag.
mehr »

Neue Perspektiven für Klimajournalismus

Besondere Zeiten brauchen einen besonderen Journalismus – ein Motto, dass das im Juli gelaunchte deutschsprachige Medienprojekt „Neue Zukunft“ nicht aus werbestrategischen Gründen ausgegeben hat. Die Klimakrise und die Klimagerechtigkeitsbewegung erhalten in vielen Medien der Schweiz, Österreichs und Deutschlands ihrer Meinung nach nicht genügend Aufmerksamkeit. Gerade Gerechtigkeitsfragen erhöhen den Handlungsdruck im Zusammenhang mit den Folgen menschlichen Raubbaus an Ressourcen und Umwelt.
mehr »

Klimaleugnung in den Medien

Rechtspopulistische Bewegungen machen weltweit mobil gegen den Klimaschutz. Sie zeigen sich „skeptisch“ gegenüber dem Klimawandel und lehnen klima- und energiepolitische Maßnahmen ab. Ein Widerspruch: Obgleich „Klimaskepsis“ und die Leugnung des menschengemachten Klimawandels vielfach zentrale Positionen der politischen Rechten markieren, existieren auch gegenläufige Tendenzen in Bezug auf Umwelt- und Naturschutz. Denn auch Rechte waren stets in Umweltbewegungen zugegen. Das hat Tradition.
mehr »

Traditionelle Medien zu wenig divers

Vielfalt in traditionellen Medien ist gefährdet - durch Chefetagen, die überdurchschnittlich mit weißen Männern besetzt sind. Dazu kommt eine zunehmend stärker werdende Berufsflucht. Daneben entsteht ein „peripherer Journalismus“ – entweder mit einem hohem Anspruch an Diversität oder andererseits sehr eingeschränkter Vielfalt. Das Meinungsspektrum verschiebt sich von „migrantischen zu ultrakonservativen Stimmen“. Schlaglichter auf die kritisch-konstruktive Tagung „Diversität und Geschlecht im Journalismus“.
mehr »