Idea, EKD und die rechten Medien

Die Entscheidung auf der letzten Synode im November kam überraschend: Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) streicht der evangelikalen Nachrichten-Agentur idea den bisherigen Zuschuss von jährlich 132.000 Euro bis zum Jahr 2020 auf null. Das Geld soll künftig in einen Innovationsfonds fließen, der es an Medienprodukte im evangelikalen Bereich ausschütten soll.

Idea wurde 1970 als „Informationsdienst der Evangelischen Allianz“ gegründet. Sein langjähriger Leiter Helmut Matthies sieht den EKD-Beschluss als eine Art kirchenpolitische Strafmaßnahme, weil sein Nachrichtendienst zu islamkritisch berichte. Auch der Einsatz für ein zu konservatives Familienbild sei manchen Kirchenvertretern wohl ein Dorn im Auge. Evangelikale Positionen dürften aber sonst kaum noch diskutiert werden: „Es gibt eine enorme Angst in der Pfarrerschaft, Kritik zu üben. Die Konservativen werden in der Kirche seit Jahren diskriminiert“, sagt Matthies.

Auf keinen Fall wolle idea sich jetzt beim EKD-Vergabeausschuss um die Neuverteilung der 132.000 Euro bewerben. Es sei ja sowieso nur ein symbolischer Betrag gewesen. Der evangelikale Nachrichtendienst idea mit seinen gut 50 Mitarbeitenden trage sich wirtschaftlich auch gut alleine.

Wurden aber die EKD-Zuschüsse gestrichen, weil idea zu sehr an den rechten politischen Rand gerutscht ist, weil zu AfD-freundlich berichtet wurde? Der Soziologe Andreas Kemper beobachtet tatsächlich eine gewisse Verwandtschaft im rechten Spektrum. Etwa bei der Kampagne „Gender mich nicht voll!“ gegen das so genannte „Gender-Mainstreaming“, ein Kofferbegriff, in den alles Mögliche undifferenziert hineingepackt werde.

„Da gibt es deutliche Überschneidungen zwischen der Jungen Freiheit, die mittlerweile so etwas wie das Sprachorgan der AfD ist und eben auch völkisches Gedankengut transportiert, und christlich-fundamentalistischen Gruppierungen“, sagt Kemper. Die „Bibliothek des Konservatismus“ in Berlin gelte als Denkfabrik, in der sich AfD-Politiker_innen, Abtreibungsgegner_innen und Islamkritiker_innen treffen. Auch hier gebe es beispielsweise Übereinstimmungen mit erzkatholischen oder evangelikalen Gruppierungen, die auch gegen Abtreibungen sind. Allerdings komme es jetzt im rechten Spektrum zu Flügel- und Verteilungskämpfen. Die einen nennen sich erzkatholisch, evangelikal oder pietistisch, die anderen driften immer weiter ab in Richtung völkisch und rechtsradikal.

Anette Schultner, lange Zeit Sprecherin von „Christen in der AfD“, hat die Partei wie viele ihrer einstigen Mitstreiter_innen verlassen. Der Trennpunkt im christlichen Selbstverständnis scheint der Einsatz für Flüchtlinge und Migranten zu sein, wogegen sich die AfD klar ausspricht. „Die völkische Idee trennt die rechten Christen von der AfD“, meint dazu auch Marcus Bensmann vom Rechercheverbund CORRECTIV. Idea habe sich zu sehr an das rechtsradikale Lager angebiedert. Nun müssten sich vor allem die konservativen Christen neu positionieren. „Man hatte die Sehnsucht, das alte traditionelle Familienbild in der AfD zu finden. Idea hat mit dem Feuer gespielt und sich die Finger verbrannt. Vielleicht kann es auch für ein christliches Medium nie sinnvoll sein, mit dem völkischen Gedanken zu kokettieren“, warnt Bensmann.

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