Jobs in Sicht

Immer mehr digitale Spartenkanäle brauchen spezielles Programm

Digitalfernsehen via Hausantenne, über Satellit oder Kabel – je einfacher und vielfältiger die Empfangswege, um so größer und spezieller wird das Programmangebot. Schaffen digitale Spartenkanäle auch zusätzliche Jobs, journalistisch interessante gar, weil man für eine spezialisierte, anspruchsvolle Zielgruppe arbeitet? Spurensuche.

„Stellenangebote: Engineering IT Specialist, Gästetrainer, Moderator, Praktikanten im Bereich Backstage, Produktpräsentator in freier Mitarbeit, Sets & Props Assistant, Show Control Specialist.“ Hier sucht ein Teleshopping-Sender Personal. „Ideenreiche Entwicklung interaktiver Spiele und kreative Erstellung von Quizfragen, gründliches Briefing des Moderators und des technischen Personals, gewissenhafte Vorbereitung und verantwortungsvolles Fahren von Sendungen, alleinige Verantwortung für den reibungslosen Ablauf,“ so beschreibt ein Quizkanal die Aufgaben von „Jungredakteur/innen“. Hinweise darauf, wie es um das Beschäftigungsfeld Digital-TV bestellt ist. Eine Nachfrage beim Branchenführer „Premiere“ bringt weitere Aufschlüsse. Der Münchner Abo-TV-Sender lockt Kunden mit Sport, Spiel und Spannung. Dabei setzt er aufs eigene Spielfilmarchiv, auf Live-Übertragungen aus Fußballstadien und Tennisarenen, vor allem aber auf Programmbeiträge von Partnern, denen Premiere eine Abspielplattform bietet. Einer davon ist Focus Gesundheit. Seit 1. Juni 2005 liefert der Ableger von Focus TV rund um die Uhr Ratgebersendungen, Mitmachangebote und Infoblocks zu Fitness und Wellness.

Über allem steht die gemeinsame Themenvermarktung in TV, Focus-Magazin und Online, erläutert Marketingspezialist Lars Monschau. Der Heft-Titel „Stress mit der Bandscheibe“ etwa verweist auf weitere TV-Beiträge und darauf, wer der Sponsor ist. „Crossmedia ist ein gefragter Weg beim Werbekunden“, betont Monschau. Und wer macht die Arbeit? In Marketing und Technik betreut das vorhandene Personal Focus Gesundheit mit, sagt er. Die TV-Redaktion wurde leicht aufgestockt und soll weiter wachsen, „beziffern lässt sich das in diesem dynamischen Markt aber nicht“, so der Focus-Mann.

Da wird Katja Kirste konkreter: Sieben neue Stellen hat Discovery Networks Deutschland für den Kanal „Discovery Geschichte“ geschaffen, der seit 31. März dieses Jahres über Premiere zu empfangen ist. Die Pressesprecherin zählt auf: „1x Marketing, 1x Synchronisation, 4x Programm, 1x übergeordnete Aufgaben.“ Gesendet wird 24 Stunden am Tag. Hundert Stunden pro Jahr liefert Spiegel-TV, der „Rest“ sind Produktionen des Muttersenders oder auf dem internationalen Markt gekaufte Streifen.

Und Premiere selbst? Um die Abonnenten bei der Stange zu halten, wird Exklusivität angestrebt – inhaltlich und technisch. Am 1. November startet der Pay-TV-Anbieter deshalb drei neue Kanäle: Sport, Film und Dokumentationen im hochauflösenden Format HDTV. Die Aufgaben der Programmplaner und Projektmanager, die Premiere sucht, spiegeln diese Absichten wider: Da geht es um die Einschätzung aktueller Spielfilme, um die Auswahl zielgruppengerechter Angebote, um die Erstellung innovativer Produkt- und Vermarktungskonzepte, um Marktbeobachtung und Analyse von Businessmodellen. Die Fiction-Sparte wird ausgebaut und Pay per View & On-Demand zunehmen.

Antje Eidel, stellvertretende Personalchefin des Senders, rechnet mit weiterem Stellenzuwachs: „Wir wollen junge Potenziale einstellen, die sich mit Premiere weiter entwickeln.“ Zahlenmäßig mag sie sich nicht festlegen. „Die neuen Mitarbeiter müssen vernetztes Denken beherrschen und über Managementfähigkeiten verfügen, um ein Geschäft zu gestalten, das sich konstant verändert und immer schneller wird.“ Stärker noch als fürs Programm gilt das für Marketing und Vertrieb. „Als abo-getriebenes Unternehmen geht es uns vor allem darum, existierende Kunden zu halten und neue zu gewinnen“, sagt Eidel. So wird daran gedacht, selbst AV-Medienkaufleute auszubilden. Der stellvertretende Betriebsratsvorsitzende Tobias Koplin ist ebenfalls optimistisch: „Die zunehmende Zahl von Sparten- und Themenkanälen hat eine positive Auswirkung auf die Beschäftigung. Die Programme müssen ja nicht nur administrativ und technisch abgewickelt, sondern auch werblich und redaktionell kompetent begleitet werden.“

Doch es sind auch kritische Stimmen im Haus zu hören: Sie verweisen beispielsweise darauf, dass „Universal Studio Network“ den Thrillerkanal „13th Street“ nicht nur bei Premiere laufen lässt und sich jetzt, nach der Fusion mit NBC möglicherweise zum großen Konkurrenten mausert. Dahinter steckt die Frage, ob und wie Bezahlfernsehen die Kundschaft halten kann, wenn immer mehr Spezialprogramme über Hausantenne oder Kabel ohne Extrakosten zu empfangen sind.

Weitere Unwägbarkeiten bei der Entwicklung digitaler Spartenkanäle sieht Sandra Goldschmidt von connex.av bei ver.di-München: Wer verliert die Zuschauer, die andere dazu gewinnen? Wie verteilt sich das gesamtwirtschaftlich verfügbare TV-Werbebudget unter den Anbietern neu? Welche Folgen wird das Zusammenwachsen von TV und Internet haben? „Eine spannende Entwicklung“, meint Goldschmidt, „es ist aber noch zu früh, um die beschäftigungspolitischen Folgen klar zu erkennen.“

 

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Innovatives Arbeiten im Journalismus

Flache Hierarchien, flexible Workflows und rollenbasierte Teamarbeit sind Kernelemente von agilem Arbeiten. Das Konzept stammt aus der Softwareentwicklung und hält inzwischen auch im Journalismus Einzug. Die Studie „Agiles Arbeiten im Journalismus: Einführung, Anwendung und Effekte von agilen Methoden in deutschen Medienhäusern“ untersucht, wie deutsche Medienhäuser agile Arbeitsmethoden in den redaktionellen Arbeitsalltag integrieren.
mehr »

Rundfunkfinanzierung in der Sackgasse

Bisher war Einstimmigkeit gefordert, wenn es um rundfunkpolitische Fragen ging. Die Ministerpräsident*innen der Länder sollen gemeinsam agieren, zum Schutz des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Kein einfaches Unterfangen, wenn es um das Thema Rundfunkfinanzierung geht. Dass diese Praxis nun überarbeitet wird, ist Ausdruck einer Krise – wenn nicht der Demokratie, dann doch zumindest der Rundfunkpolitik der Länder.
mehr »

Datensparsame Audio-Transkription

Interviews führen macht Spaß. Auf das Vergnügen folgte jedoch traditionell das mühsame manuelle Transkribieren des Gesprächs. Dank KI entfällt dieser Schritt. Das kostenlose Programm ersetzt das Abtippen von Interviews. NoScribe ist langsamer als kommerzielle Dienste, garantiert aber eine maximale Vertraulichkeit von Daten.
mehr »

Berichten über LSBTIQ-Themen

Wenn queere Menschen (Lesben, Schwule, Bisexuelle sowie trans und inter Menschen) Beiträge über sich in Zeitungen lesen oder im Fernsehen gucken, kommen sie manchmal aus dem Staunen nicht heraus. Egal ob Boulevard, Qualitätspresse oder Nachrichtenagenturen: Regelmäßig gibt es Schlagzeilen über das „Homosexuellen-Milieu“ und ungelenke Formulierungen wie „Homosexuelle und Lesben“ oder „bekennende Bisexuelle“ und „Menschen im falschen Körper“. Ein kollegialer Leitfaden zeigt, wie es besser geht.
mehr »