Journalistenmorde vielfach ungeklärt

Gewalt gegen Journalist*innen ist bei Demonstrationen keine Ausnahme mehr. Foto: 123rf

Seit 1993 wurden weltweit mehr als 1.600 Journalistinnen und Journalisten ermordet. Nach Angaben der UNESCO-Beobachtungsstelle für getötete Journalisten bleiben die Mörder in neun von zehn Fällen unbestraft. Darüber klagen die UN-Organisation und Journalistenverbände am Internationalen Tag gegen die Straflosigkeit für Verbrechen an Medienschaffenden am 2. November. Gleichzeitig erneuert die Organisation ihren Aufruf, die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, damit Verbrechen an Journalisten ordnungsgemäß untersucht und die Täter ermittelt werden. 

Straflosigkeit führe zu weiteren Morden und ist oft ein Symptom für die Verschärfung von Konflikten und den Zusammenbruch von Rechts- und Justizsystemen, so die UNESCO. Während Morde die extremste Form der Medienzensur darstellen, seien Journalistinnen und Journalisten auch zahllosen Drohungen ausgesetzt – von Entführung, Folter und anderen physischen Angriffen bis hin zu Schikanen, insbesondere im digitalen Bereich. 

Vor allem Gewaltandrohungen und Angriffe auf Journalist*innen würden ein Klima der Angst schaffen und behinderten den freien Verkehr von Informationen, Meinungen und Ideen für alle Bürger. Journalistinnen seien in besonderem Maße von Drohungen und Angriffen betroffen, vor allem wenn diese online erfolgen. Laut dem UNESCO-Diskussionspapier The Chilling: Global trends in online violence against women journalists“ gaben 73 Prozent der befragten Journalistinnen an, dass sie im Zusammenhang mit ihrer Arbeit online bedroht, eingeschüchtert und beleidigt wurden.

„Gewaltverbrechen gegen Journalist*innen richten sich gegen die Aufdeckung von Kriminalität, Korruption und generell gegen die Aufklärung in Gesellschaften weltweit“, sagt Matthias von Fintel, Bereichsleiter Medien, Journalismus und Film bei ver.di. „Der end-impunity-day macht deutlich, dass die Tötung von mutigen Journalistinnen und Journalisten nicht verschwiegen werden darf. Die 48 dokumentierten Fälle ungeahndeter Schwerbrechen gegen Journalist*innen, allein in Europa, lassen Angehörige ohne die dringend erwartete Gerechtigkeit seitens der Strafverfolgungsbehörden und Gerichte zurück.“

Es sei abstoßend, „wenn wie im Fall des Mordes an Jamal Kashoggi die Blutspur direkt an die Spitze des diktatorischen Herrscherhauses in Saudi-Arabien führt, das sich immer mehr mit medial verbreiteten Sportgroßereignissen schmückt. Weltweit werden Medienunternehmen dann für die Übertragungsrechte beispielsweise eines UEFA-Turniers bieten, das den Ruf eines für diesen Mord verantwortlichen Autokraten fördern soll. An jeden einzelnen Fall, wie den von Kashoggi, erinnern wir lautstark.“ Und von Fintel fordert: „Alle Fälle müssen unerschrocken verfolgt und aufgeklärt werden. Das bedeutet End Impunity.“

UN-Aktionsplan soll Sicherheit erhöhen

Die Straflosigkeit bei der Tötung von Journalisten liege insgesamt bei 86 Prozent, was darauf schließen lasse, dass die meisten Gewaltandrohungen und Angriffe gegen Journalisten nicht angemessen untersucht werden. Durch eine stärkere Sensibilisierung und den UN-Aktionsplan soll die Sicherheit von Journalist*innnen gefördert werden.

Die Generalversammlung der Vereinten Nationen hatte den 2. November zum „Internationalen Tag zur Beendigung der Straflosigkeit für Verbrechen gegen Journalisten“ erklärt. Das Datum wurde zum Gedenken an die Ermordung zweier französischer Journalisten in Mali am 2. November 2013 gewählt.

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Wie ethisch kann KI berichten?

Ein ethischer Kompass ist angesichts zunehmender Desinformation immer wichtiger – für Journalist*innen, aber auch Mediennutzende. Positivbeispiele einer wertebewussten Berichterstattung wurden jüngst zum 20. Mal mit dem Medienethik Award, kurz META, ausgezeichnet. Eine Jury aus Studierenden der Stuttgarter Hochschule der Medien HdM vergab den Preis diesmal für zwei Beiträge zum Thema „Roboter“: Ein Radiostück zu Maschinen und Empathie und einen Fernsehfilm zu KI im Krieg.
mehr »

VR-Formate im Dokumentarfilm

Mit klassischen Dokumentationen ein junges Publikum zu erreichen, das ist nicht einfach. Mit welchen Ideen es aber dennoch gelingen kann, das stand auf der Sunny Side of the Doc in La Rochelle im Fokus. Beim internationalen Treffen der Dokumentarfilmbranche ging es diesmal auch um neue Erzählformen des Genres wie Virtual Reality (VR).
mehr »

Erneute Streiks bei NDR, WDR, BR, SWR 

Voraussichtlich bis Freitag werden Streiks in mehreren ARD-Sendern zu Programmänderungen, Ausfällen und einem deutlich veränderten Erscheinungsbild von Radio- und TV-Sendungen auch im Ersten Programm führen. Der Grund für den erneuten Streik bei den großen ARD-Rundfunkanstalten ist ein bereits im siebten Monat nach Ende des vorhergehenden Tarifabschlusses immer noch andauernder Tarifkonflikt.
mehr »

krassmedial: Diskurse gestalten

Besonders auf Social-Media-Plattformen wie TikTok und Telegram verbreiten sich rechtsextreme Narrative, die zur Polarisierung der Gesellschaft beitragen. Wie Journalist*innen dem entgegen wirken und antidemokratische Diskursräume zurückgewinnen können, diskutierten und erprobten etwa 70 Teilnehmende der diesjährigen #krassmedial-Sommerakademie von ver.di am Wochenende in Berlin-Wannsee.
mehr »