Leserbrief: tvschoenfilm: Nicht nachgedreht

M 8.2013 „Die doppelte Doku“

Der M-Autor bleibt an zentralen Punkten bei Behauptungen und Anspielungen. So wird behauptet, der WDR hätte nachdrehen bzw. nachproduzieren lassen. Bereits im September 2013 haben wir den Autoren darüber in Kenntnis gesetzt, dass wir das Thema dem WDR vorgeschlagen haben, nachdem im November 2011 ein US-Berufungsgericht den Berufungsantrag der Daimler AG abgelehnt und damit den Weg für eine Entschädigungsklage von argentinischen Betroffenen in den USA frei gemacht hatte.

Kurz darauf haben wir deren juristische Vertretung, den US-Anwalt Terry Collingsworth, in Washington getroffen, der uns jegliche Unterstützung zugesagt hat.
Diese Information unterschlägt der M-Autor genauso wie unsere Klarstellung, dass weder Autoren noch Produzent den Film von Gaby Weber bis heute gesehen haben. Jenseits dessen hat Weber ihren Film erst zum eigentlichen ersten Sendedatum am 23. September 2013 online gestellt – weit nach Abgabe unseres längst fertigen Films beim WDR.
Interviewanfragen wurden nur in zwei Fällen abgelehnt, der M-Autor spricht von „mehreren“. Dass aber argentinische Persönlichkeiten wie Osvaldo Bayer und der Friedensnobelpreisträger Adolfo Pérez Esquivel unseren Film ausdrücklich unterstützt haben, auch in Form von Interviews, genauso wie eine Vielzahl unmittelbar in den Fall involvierter Experten wie z.B. Wolfgang Kaleck, wird weggelassen. Zufall oder Absicht? Alle Protagonisten wussten explizit, dass Frau Weber nicht mit uns arbeiten will.
Skandalös sei laut M, dass wir die Verwicklung von MBA bei Zwangsadoptionen nicht thematisiert hätten. Dieser besonders grausame Aspekt steht aber in keinem kausalen Zusammenhang zu unserem Thema, dem Verschwinden von Betriebsaktivisten. Es ist unangemessen, so ein wichtiges Thema in einem Nebensatz abzuhandeln. Der Zuschauer ist kein Experte und muss einen Sachverhalt nachvollziehen können. Bei einer Formatvorgabe von 45 Minuten war dies nicht zu leisten.
Dem Protest gegen unseren Film hätten sich auch „weitere Experten“ angeschlossen, aber Namen werden nicht genannt. Uns sind sie nicht bekannt, oder wollte der M-Autor damit lediglich seine Position stärken? Sollte dem nicht so sein, freuen wir uns auf die Offenlegung der „weiteren Experten“.
Um seinem Artikel zum Schluss eine würzige Note zu verpassen, kolportiert der M-Autor, dass wir „zuvor ausgerechnet für die Daimler AG Werbefilme produziert“ hätten. Dies legt eine zeitliche Nähe zur Entstehung unseres Filmes nahe. Fakt ist, dass einer der Autoren bis 1997 im Rahmen einer ARD-Dokumentation Pressefilme für Mercedes-Benz erstellt hat. Die tvschoenfilm wurde hingegen erst im Jahr 2002 gegründet, einen geschäftlichen Kontakt zum Daimler-Konzern hat es zu keinem Zeitpunkt gegeben.
Zufall oder einfach nur schlecht recherchiert? Insgesamt sechs Fragen hat uns der M-Autor zur Stellungnahme vorgelegt. Die letzte lautet: „Sprechen Sie spanisch?“. Ohne Worte.

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Die Zukunft der Filmförderung

In der morgigen Plenarsitzung des Bundestages wird über die Zukunft der deutschen Filmwirtschaft entschieden, der vom Bundestagsausschuss für Kultur und Medien beschlossene Gesetzentwurf zum Filmfördergesetz (FFG) steht zur Abstimmung auf der Tagesordnung. ver.di begrüßt eine Reform der Filmförderung, denn in Zukunft müssen Filmproduktionen Tarif- und Urheber-Vergütungen verbindlich einhalten.
mehr »

Rundfunkreform mit vielen Fragezeichen

Bis zuletzt hatten die öffentlich-rechtlichen Anstalten auf ein Ende der Blockade einer Beitragserhöhung durch die Ministerpräsidenten der Länder gehofft. Die Verweigerungshaltung der Politik ließ ihnen am Ende keine Wahl: Am 19. November kündigten ARD und ZDF eine Klage beim Bundesverfassungsgericht an, um ihren Anspruch auf die von der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs (KEF) errechnete Empfehlung einer Beitragserhöhung um 58 Cent auf 18,94 Euro monatlich durchzusetzen.
mehr »

Audiodeskription: Die KI liest vor

Die Hälfte der öffentlich-rechtlichen Sender verwendet inzwischen auch synthetische oder mit Künstlicher Intelligenz (KI) generierte Stimmen, um für Fernsehformate Audiodeskriptionen zu erstellen. Das ergibt sich aus Nachfragen von M bei den neun ARD-Landesrundfunkanstalten und beim ZDF. Neben professionellen Sprecher*innen setzen der MDR, WDR, NDR, Radio Bremen und das ZDF auch auf synthetische oder KI-Stimmen für die akustische Bildbeschreibung.
mehr »

Die unangemessene Provokation

Sie haben es wieder getan. Zum zweiten Mal nach 2020 verweigern die Ministerpräsidenten den öffentlich-rechtlichen Anstalten die von der KEF empfohlene Anpassung des Rundfunkbeitrags. Gegen diesen abermaligen Verfassungsbruch ziehen ARD und ZDF erneut vor das Bundesverfassungsgericht. Gut so! Denn nach Lage der Dinge dürfte auch dieses Verfahren mit einer Klatsche für die Medienpolitik enden.
mehr »