Lieber frei als arbeitslos

Aktualisierter Ratgeber für arbeitslose Journalisten

Nach den Hartz-IV-Reformen hat die dju ihren „Ratgeber für arbeitlose Journalistinnen und Journalisten“ in einer aktualisierten Fassung ins Internet gestellt. Besonders interessant darin: Die Chancen für Arbeitslose, sich mit Hilfe der Arbeitsagentur selbstständig zu machen, sind im Medienbereich immer noch deutlich besser als in anderen Berufen.

Wer Anspruch auf Arbeitslosengeld (I) hat und solche Überlegungen anstellt, sollte Folgendes wissen:

Hinzuverdienen:

Zunächst kann jeder und jede Arbeitslose 165 € im Monat hinzuverdienen, ohne dass das Arbeitslosengeld gekürzt wird. Das ist nicht viel – aber da man von den Einnahmen aus selbstständiger Arbeit neuerdings pauschal 30 Prozent für Betriebsausgaben abziehen darf, bleiben immerhin 235 € Honorar ohne Anrechnung. Nach Steuern.

Selbstständig weiterarbeiten:

Oft darf der Nebenverdienst noch viel höher sein. Wer nämlich schon in den letzten 18 Monaten vor der Arbeitslosmeldung nachweislich mindestens 12 Monate lang frei gearbeitet hat, darf das weiterhin tun – und das dabei erzielte Honorar wird überhaupt nicht auf das Arbeitslosengeld angerechnet. Jedenfalls nicht, solange es das zuvor nebenberuflich erzielte Honorar nicht übersteigt und die Arbeitszeit unter 15 Stunden in der Woche bleibt. Für ungläubige Sachbearbeiter: Das steht im Sozialgesetzbuch 3 in den §§ 119 Abs. 3 und 141 Abs. 3.

Große Aufträge erledigen:

Wo ein größerer Auftrag winkt, gibt es noch einen anderen Ausweg: Für den Rundfunkbeitrag, der eine Woche Arbeit in Anspruch nimmt, meldet man sich einfach für eine Woche bei der Arbeitsagentur ab. Dann darf man in dieser Woche so viel verdienen, wie man will, weil man ja nicht arbeitslos ist – und danach bekommt man eine Woche länger Arbeitslosengeld. Denn diese Woche wird hinten an die Anspruchsdauer angehängt.

Dazulernen:

Wer sich für die freie Arbeit noch nicht fit fühlt, kann sich möglicherweise auf Kosten der Arbeitsagentur weiterbilden: Wenn eine Weiterbildungsmaßnahme die Vermittlungschancen erhöht, kann die Arbeitsagentur die Kursgebühren und Fahrtkosten, die Kosten einer auswärtigen Unterbringung und Kinderbetreuungskosten übernehmen und ein „Arbeitslosengeld bei beruflicher Weiterbildung“ zahlen. Das ist genauso hoch wie das normale Arbeitslosengeld, wird aber nur zur Hälfte auf die Anspruchsdauer angerechnet!

Sich selbstständig machen:

Mehr …

Goetz Buchholz: Arbeitslos – was tun?
Ratgeber für arbeitslose Journalistinnen und Journalisten www.verdi.de/0x0ac80f2b_0x01e2237e

Wer nach solchen Vorbereitungen endgültig den Schritt in die freie Arbeit wagen will, dem hilft die Arbeitsagentur noch einmal: Sofern er ein tragfähiges Konzept für die Selbstständigkeit hat, zahlt sie ihm entweder sechs Monate lang rund 170 Prozent des Arbeitslosengeldes als Überbrückungsgeld oder drei Jahre lang den Existenzgründungszuschuss, bekannt unter dem Stichwort „Ich-AG“: 600 € pro Monat im ersten, 360 im zweiten und 240 € pro Monat im dritten Jahr. Falls davor noch Anspruch auf Arbeitslosengeld „übrig“ war, bleibt er erhalten – als Absicherung für den Fall, dass es mit der Selbstständigkeit doch nicht klappt.

Aber warum soll es denn nicht klappen? Die Bedingungen für freie Arbeit im Journalismus sind in den letzten Jahren nicht eben besser geworden. Aber die Chance, damit besser und zufriedener leben zu können denn als Dauergast der Arbeitsagentur, ist immer noch richtig groß.

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Nicaraguas bedrohte Medien

Die Diktatur des nicaraguanischen Präsidentenpaars Daniel Ortega und Rocio Murillo hat in den letzten Jahren immer mehr Journalist*innen ins Exil getrieben. Unter erschwerten Bedingungen berichten Menschen wie Lucía Pineda vom Nachrichtenkanal "100% Noticias" oder Wendy Quintero nun aus dem Ausland. Für diese Arbeit nehmen sie stellvertretend für viele andere am 26. November 2024 den Menschenrechtspreis der Friedrich-Ebert-Stiftung entgegen.
mehr »

KI beinflusst Vielfalt in den Medien

Künstliche Intelligenz kann journalistische Texte in verschiedene Sprachen übersetzen und damit viel mehr Nutzer*innen ansprechen. Gleichzeitig kann sie aber auch Stereotype, die in diesen Texten enthalten sind, verfestigen. Gefahren und Chancen von KI-Anwendungen im Journalismus standen im Fokus der diesjährigen NxMedienkonferenz der Neuen deutschen Medienmacher*innen (NdM), die sich für mehr Vielfalt in den Medien einsetzen.
mehr »

Fakten for Future

Menschen jeden Alters machen sich Sorgen um die Zukunft unseres Planeten. Carla Reemtsma ist Klimaschutzaktivistin und Mitorganisatorin des Schulstreiks Fridays for Future („Klimastreik“) in Deutschland. Als Sprecherin vertritt sie die Bewegung auch in der medialen Öffentlichkeit. Wir sprachen mit ihr über Kommunikationsstrategien, Aktivismus und guten Journalismus.
mehr »

Öffentlichkeit ohne Journalismus

Schwindende Titel, schrumpfende Redaktionen, immer geringere Abonnentenzahlen – dass gerade der Lokaljournalismus vielerorts unter Druck steht, ist nicht neu. Doch was bedeutet das für die lokale Öffentlichkeit, die inzwischen von vielen selbstbewussten Medien-Akteuren mitgestaltet wird? Eine aktuelle Studie der Otto-Brenner-Stiftung beschäftigt sich mit genau dieser Frage.
mehr »