Medien als Teil der Kriegsführung

Pentagon auf neuem Niveau der Informationskontrolle – ausgebaute Abteilungen der Propaganda und Imagepflege

Informationen, Nachrichten und Medien sind Bestandteil der Kriegsführung, ob nun Gegner getäuscht oder die eigene Bevölkerung bei der Stange gehalten werden soll. Wenn also bei einem US-Krieg gegen Irak Militärs oder auch Pressesprecher in zivilen Anzügen vor die Kameras treten, ist dementsprechend Vorsicht angesagt. Denn die Bush-Regierung setzt fort, was in den letzten zehn Jahren als Konzept der Informationskriegsführung vom US-Militär entwickelt wurde.

Das Pentagon betrachtet den Umgang mit Medien als Teil von militärischen Informationsoperationen. Laut der „Joint Doctrine for Information Operations“ von 1998 hat die Beeinflussung der Medien schon vor dem eigentlichen Krieg zu beginnen und dauert auch noch nach Einstellung der Kampfhandlungen an. Möglicherweise sind also entsprechende Informationsoperationen im Falle Irak bereits angelaufen. Unter der Bush-Regierung, am 4. Januar 2002, wurde eine neue Doktrin der Air Force zu „Information Operations“ erlassen. Als Teil von offensiven Gegeninformationsoperationen werden dort „Public Affairs (PA) Operations“ aufgeführt. „Public-Affairs-Operationen können zu globaler Beeinflussung und Abschreckung beitragen, indem sie ausländischen Führern die US-Fähigkeiten bewusst machen und indem sie feindlicher Propaganda mit der Wahrheit entgegenwirken“.

Verteidigungsminister Donald Rumsfeld vermische zwei Formen der Kommunikation in Kriegszeiten, die aus guten Gründen getrennt seien, kritisierte der Militärexperte Arkin am 24. November 2002 in der „Los Angeles Times“. Angriffe auf Kommunikationssysteme, psychologische Kriegsführung und anderes seien traditionell dem Militär vorbehalten. Von der Regierung erwarte der Bürger jedoch, wahrheitsgemäß über die Regierungspolitik informiert zu werden, um sich ein Urteil bilden zu können.

Grenzen zur Propaganda verwischen zunehmend

„Die neue Politik der Administration und die Schritte, die die Kommandierenden unternehmen, um diese zu implementieren, verwischen zunehmend – oder tilgen sogar ganz – die Grenzen zwischen sachlicher Information und Nachrichten einerseits und Public Relations, Propaganda und psychologischer Kriegsführung andererseits“, so Arkin. „Während die Politik angeblich auf äußere Feinde abzielt, ist ihr wahrscheinlichstes Opfer die amerikanische Wählerschaft.“ Arkin hält die Doktrinen zu Informationsoperationen auch deshalb für gefährlich, weil viele Einsätze des US-Militärs inzwischen von Spezialeinheiten durchgeführt werden und Journalisten deshalb auf die Informationen des Militärs angewiesen sind. „Da Reporter in bestimmte Teile Iraks oder andere Orte in der Region nicht ohne militärische Begleitung reisen können, berichten sie im Allgemeinen das, was ihnen erzählt wird.“ Was der Militärexperte Arkin analysiert hat, wird von Journalisten bestätigt. „Nehmen wir Afghanistan als Beispiel, so war es Konsens, dass das Pentagon unter Rumsfeld ein neues Niveau der Kunst der Informationskontrolle erreicht hat. Und das wird sich wahrscheinlich nicht bei einer Schlacht um Bagdad ändern“, schrieb der „Boston Globe“ vom 20. November über eine Konferenz in Boston, auf der über 100 Journalisten mit entsprechender Erfahrung in Kriegs- und Krisengebieten anwesend waren. „Das Pentagon praktiziert regelmäßig eine Mangel-an-Informationen-Kriegsführung gegen die Presse“, kritisierte Mark Thompson vom „Time Magazine“.

Mittlerweile hat die Bush-Regierung jedoch ihren Umgang mit der Presse geändert und will jetzt mehr Journalisten die Teilnahme am Kampfgeschehen ermöglichen. Das Pentagon begründete das mit dem Druck der Medien, die auf breiteren und direkteren Zugang zum Militär gedrängt hätten. So wurden bereits 60 Journalisten in Fünf-Tages-Kursen in Trainigscamps bspw. in Erster Hilfe, dem Umgang mit B- und C-Waffen und Minenfeldern oder in Kriegsrecht geschult. Weitere Kurse sollen folgen. Hinter der neuen Offenheit verbirgt sich bei näherem Hinsehen vor allem ein Anliegen: Journalisten sollen das Kampfgeschehen aus der Perspektive amerikanischer Soldaten mitbekommen und dementsprechend berichten. So klagte Dan Hatlage vom US-Verteidigungsministerium laut „Financial Times“, im letzten Golfkrieg hätten die „Geschichten über individuellen Heldenmut“ gefehlt. Aufnahmen toter Soldaten soll es übrigens auch künftig nicht geben.

Büro für Imagepflege

Ein ähnlich instrumentelles Verhältnis der Bush-Regierung zur Öffentlichkeit zeigt sich daran, dass die Regierung zunehmend Abteilungen für Propaganda und Imagepflege aufbaut. Im Februar 2002 berichtete die „New York Times“, dass US-Präsident George W. Bush ein „Office of Global Diplomacy“ im Weißen Haus einrichten will, das für ein besseres Image der Vereinigten Staaten in der Welt sorgen und vor allem „Antiamerikanismus“ entgegentreten soll. Öffentliche Stellungnahmen aus den Ministerien, also vor allem Außen- und Verteidigungsministerium, sollen hier koordiniert werden. Am 21. Januar 2003 hat Bush dann per Dekret das „Büro für globale Kommunikation“ (Office of Global Communications) ins Leben gerufen. Dessen Aufgabe ist es, „wahrheitsgemäße, genaue und effektive Mitteilungen“ herauszugeben und so wirksam zur Förderung der US-Interessen und zur Vermeidung von Missverständnissen im Ausland beitragen. Rumsfeld hatte zudem Anfang 2002 die Einrichtung eines „Office of Strategic Influence“ bekannt gegeben, das Informationen und möglicherweise auch Falschinformationen an ausländische Medien hätte geben sollen. Bürgerrechtler, aber auch Vertreter amerikanischer Medien hatten sich daraufhin gegen das Vorhaben ausgesprochen, so dass Rumsfeld sich genötigt sah, klarzustellen, dass sein Ministerium gegenüber US-Bürgern wie gegenüber der ganzen Welt die Wahrheit sage. Doch möglicherweise ist das „Office of Strategic Influence“ nicht gänzlich beerdigt worden. Rumsfeld äußerte sich in einem Pressebriefing am 18. November dahingehend, dass er lediglich wegen der großen öffentlichen Empörung den Namen aufgegeben habe. Er habe jedoch gesagt, er werde „weiter alles tun, was notwendig ist“. „Und das habe ich gemacht.“

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