Die rund 300 Medienfrauen von ARD, ZDF, DW, Deutschlandradio und ORF stimmten in ihrem jährlichen Herbsttreffen am 27. Oktober mehrheitlich dafür, die „Saure Gurke“ für ein Interview der ZDF-Sportredaktion zu verleihen, das mit Tennis-As Angelique Kerber nach dem Wimbledon-Sieg geführt wurde. Der Negativpreis wird seit 1980 an Beiträge vergeben, in denen Frauen entweder gar nicht vorkommen, lediglich über ihren Körper definiert oder als überidealisierte Rolemodels präsentiert werden.
Eine deutsche Topathletin habe 22 Jahre nach Steffi Graf einen historischen Sieg errungen, und der Sportreporter konzentriere sich im Interview mit Angelique Kerber darauf, herauszufinden, mit welchem der männlichen Finalisten sie lieber tanzen würde. Das sei Sexismus pur, so die Begründung der Jury zur Nominierung.
ZDF-Sportreporter Martin Wolff reagierte mit einer Entschuldigung. „Die Frage nach den Flirts – ein Fehlgriff. Ich habe mich vielleicht von der relaxten Gesprächsatmosphäre hinreißen lassen, gelungen war es jedenfalls nicht“, so Wolffs Erklärungsversuch. Wichtig sei ihm aber, dass es bereits ein erstes Interview direkt nach dem Sieg von Kerber gegeben habe, in dem er alle relevanten journalistischen Fragen gestellt hätte.
Bei den „Saure Gurke“-Preisträgern löst die Verleihung in der Regel keine Freude aus. Claus Kleber, Anchorman des „heute-journals“, verweigerte 2017 sogar die Annahme.
Zur diesjährigen Medienfrauen-Veranstaltung beim Bayerischen Rundfunk in München wurde der Verleihungsprozess verändert: Alle der über 300 beim Treffen anwesenden Medienfrauen konnten abstimmen und aus drei von einer Jury bereits im Vorfeld bestimmten Nominierungen auswählen. Neben dem Kerber-Interview der ZDF-Sportredaktion standen auch die männlich dominierten Show- und Quizformate im Vor- und Hauptabendprogramm des Ersten sowie die „Checker“-Formate beim KiKA für das Fehlen einer Checkerin zur Abstimmung.