Die Berliner Fotogalerie „f³ – freiraum für fotografie“ präsentiert noch bis 10. Februar 2019 die Ausstellung #womenphotographer Vol. 1. Zu sehen sind Arbeiten der Fotokünstlerinnen Berenice Abbott, Diane Arbus, Elinor Carucci, Nan Goldin, Germaine Krull, Dorothea Lange, Vivian Dorothy Maier, Inge Morath, Ruth Orkin, Dayanita Singh, Rosmarie Pierer, Karin Székessy und Merry Alpern. Mit der Schau wird eine Annäherung an weibliche Fotografie versucht. Trotz hervorragender Fotos – ganz überzeugen kann das Konzept nicht.
Einige Fotografinnen sind in der Schau nur mit einem einzigen Bild vertreten – etwa Karin Székessy mit einer 1938 entstandenen Fotografie von Meret Oppenheim, die in experimenteller Doppelbelichtung gleich zwei Seiten der Porträtierten zeigt. Mit sechs Fotografien dabei ist hingegen die erst kürzlich als Fotografin entdeckte Vivian Dorothy Maier (1926-2009), die Zeit ihres Lebens als Kinder- und Hausmädchen arbeitete. In ihrer Freizeit war sie in den Straßen von New York und Chicago unterwegs, wo sie, getrieben von wahrer Besessenheit, tausende von Fotos machte. Die Filmrollen blieben größtenteils unentwickelt, ihr Werk wurde erst nach ihrem Tod bei einer Nachlassversteigerung zufällig entdeckt.
Oder die großartige Dorothea Lange (1895-1965): Fünf Bilder von ihr sind zu sehen; sie offenbaren die bittere Armut der US-amerikanischen Landbevölkerung in der Zeit der Weltwirtschaftskrise seit Ende der 1920er Jahre. Langes Porträtfoto einer leidgeprüften „Migrant Mother“ avancierte zum Sinnbild der great depression. Auch ihre bei #womenphotographer Vol. 1 gezeigten Bilder sind gut, doch die Strahlkraft von „Migrant Mother“ besitzen sie nicht.
Und hier liegt ein Problem der Ausstellung: Die Auswahl und die geringe Anzahl der durchaus starken Bilder erlauben keinen tieferen Einblick in das Werk, die Ambitionen und Leidenschaften der einzelnen Künstlerinnen. Dafür bekommt man einfach jeweils zu wenig von ihnen zu sehen. Die durch die Bank hervorragenden Fotografinnen bleiben als Individuen eher blass. Jeder einzelnen von ihnen hätte eine eigene Ausstellung gebührt.
In der Ankündigung heißt es, dass nicht der Anspruch erhoben werde, einen repräsentativen Überblick über die Fotografie von Frauen zu geben. Hingegen wolle die Ausstellung Einblicke in das Schaffen von Fotografinnen eröffnen und dazu anregen, sich vertiefend mit ihrem Blick auf die Welt zu beschäftigen. Dies impliziert, dass es eine spezifisch weibliche Fotografie gibt. Im Begleittext heißt es etwa, dass Frauen ihre fotografischen Themen abseits der großen Weltpolitik wählen, dass sie sich mit den Lebensumständen von Frauen und Kindern, mit sozialen Randgruppen und dem Alltäglichen befassen, dass sie den weiblichen Körper schonungslos mit der Kamera untersuchen. Tun Männer das mit der Kamera etwa nicht? Ganz überzeugen kann das nicht; die Existenz einer originär weiblichen Fotografie wird für mich nicht belegt.
So bleibt es eine kleine, feine, durchaus lohnende Ausstellung. Sie regt dazu an, sich mit der einen oder anderen Fotografin näher zu beschäftigen. Eine Möglichkeit zur Vertiefung ist aktuell noch ganz in der Nähe gegeben: Im Willy-Brandt-Haus in der Berliner Stresemannstraße wird bis 6. Januar eine große Einzelausstellung mit Fotos von Vivian Maier gezeigt.
Ausstellung #womenphotographer Vol. I: bis 6. Februar 2019 zu sehen bei f³ – freiraum für fotografie, Waldemarstraße 17, 10179 Berlin, Mi. bis So. 13 – 19 Uhr, Eintritt: 5 Euro (erm. 3 Euro). Informationen: www.fhochdrei.org.