Es war ein intensiver Austausch. Aber das war zu erwarten: Mehr denn je ist der Journalismus bedroht – durch wirtschaftliche Schwierigkeiten, die Digitalisierung und populistische Strömungen, die von „Lügenpresse“ sprechen und eine Abschaffung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks fordern. Und auch der Zusammenhalt der verschiedenen Mediengattungen könnte besser sein. Gesprächsstoff gab es jetzt in Köln auf der ver.di-Veranstaltung „Journalistische Arbeit von morgen – Gräben schließen!“ jedenfalls genug.
„Es werden immer weniger Journalistinnen und Journalisten beschäftigt, die immer schlechter bezahlt werden. Dabei wird Journalismus mehr denn je gebraucht.“ So brachte Cornelia Haß, Bereichsleiterin Medien in der ver.di-Bundesverwaltung, die Situation direkt zu Anfang der Veranstaltung auf den Punkt.
Erst am Tag zuvor hatte ein „weiterer“ Paukenschlag signalisiert, wie dringend, notwendig und aktuell die Diskussion ist, die sich in einem Kölner Biergarten unter den Gewerkschaftsmitgliedern von WDR, RTL, Deutschlandfunk und DuMont entwickelte: Die sechs DuMont-Titel – neben der Berliner Zeitung der Kölner Stadtanzeiger, die Mitteldeutsche Zeitung sowie die Boulevardtitel Kölner Express, Hamburger Morgenpost und Berliner Kurier – werden ihre überregionalen Inhalte aus Politik und Wirtschaft künftig vom Madsack-RedaktionsNetzWerk Berlin beziehen. Die bisherige Redaktionsgemeinschaft von DuMont macht dicht. 17 Beschäftigte verlieren ihren Job.
„Das kam für uns nicht überraschend“, erklärte der Betriebsrat der Rheinischen Redaktionsgemeinschaft (DuMont/Heinen Verlag) Peter Freitag, „es gab vorher schon nebulöse Andeutungen. Und es ist zu befürchten, dass das noch nicht alles war.“ Für Freitag, zugleich auch stellvertretender Vorsitzender des dju-Bundesvorstandes, ist diese Entwicklung nur ein weiterer Baustein, mit der der Verlag die Gewinnmaximierung auf Kosten seiner Mitarbeiter_innen vorantreibt: „Es begann ja schon mit der Rheinischen Redaktionsgemeinschaft, wo die Lokalredaktionen von Kölner Stadt-Anzeiger und Kölnischer Rundschau zusammengelegt wurden.“ Viele Mitarbeiter_innen, darunter zahlreiche Freie, landeten auf der Straße. Die Mitarbeiter, die mit dem „alten“ DuMontSchauberg Verlag ihre Arbeitsverträge abgeschlossen haben, befinden sich noch in der Tarifbindung. Alle neu eingestellten Kollegen haben deutlich schlechtere Konditionen erhalten. Auch wenn die Anzeigenerlöse und Auflagen drastisch zurückgegangen sind, so sei das nur ein Teil der Wahrheit, denn es hatte schon in der Vergangenheit einen massiven Stellenabbau gegeben.
„Ich vermisse die Unterstützung der Politik für uns“, beklagte Freitag, „die Verleger werden immer unterstützt. So wurden gerade erst die Sozialbeiträge für die Zustellerinnen und Zusteller, die Schwächsten in der Kette, die die Verlage zahlen müssen, reduziert.“ „Es geht dabei um eine Summe von 300 Millionen Euro“, ergänzte Haß, „das wird sicher auf alle Sozialbeitragspflichtigen gelegt werden. Und das versteht die Politik als Bekenntnis zur Pressefreiheit. Jeder, der mal eine andere Perspektive erhalten möchte, muss sich neue Quellen suchen.“
Kritik gab es besonders an der wirtschaftlichen Intransparenz bei den Verlagen. Daten zu den Renditen fehlen komplett. „Die Verlage wollen keine Transparenz“, monierte nicht nur Freitag, „es wäre eine wichtige Aufgabe der Politik, das zu ändern.“
Jochen Spengler, Personalratsvorsitzender Deutschlandfunk Köln, konnte angesichts dieser Informationen den Eindruck erhalten, er und seine Kollegen lebten „im Paradies“: „Unser Ausbluten fand in den 90er Jahren mit der Reduzierung von 1600 auf 700 Mitarbeiter statt. Aber wir müssen weiter abbauen, 700 sind noch zu viel. Dabei nimmt die Arbeitsverdichtung zu.“
Mit dem massiven Stellenabbau von über 500 Stellen, der aus Kostengründen beim WDR erfolgt, ist die Personalratsvorsitzende des WDR, Christiane Seitz, intensiv beschäftigt: „Wir wollten durch Altersteilzeit wenigstens den Nachwuchs reinholen, aber dafür haben wir kaum Luft, was mir Sorgen bereitet.“ Zudem entlässt der Sender auch 170 Leiharbeiter. Das „vogelfreie“ System beim WDR, in dem unter anderem etwa 2000 Freie eine „Prognose“ erhalten, mit der sie nur eine bestimmte Anzahl an Tagen für den Sender tätig sein dürfen, die aber nicht garantiert sind, ist eine weitere Herausforderung.
Dass die Probleme der Zeitungsverlage nicht dadurch behoben werden können, den öffentlich-rechtlichen Anbietern die Präsenz im Internet einzuschränken oder zu verbieten, darüber war sich die Runde in der Domstadt einig. „Die Position von ver.di ist hier ganz klar“, betonte Haß zum Schluss, auch die öffentlich-rechtlichen Sender müssen im Netz präsent sein, und sie müssen auch lokale Berichterstattung bieten.“
Eines der wichtigsten Resümees des Abends: Nur im gegenseitigen Austausch der Journalist_innen sowie der anderen Beschäftigten in den unterschiedlichen Medien und in der gemeinsamen, öffentlichen Formulierung von Kritik kann der Ansatz liegen, die schwierige Situation zu verbessern.