NDR: Kein unzulässiger Eingriff ins Programm

NDR-Gebäude in Hamburg-Rothenbaum Bild: Wolfgang Kreider

Die interne Aufarbeitung zu den Vorwürfen gegen die Direktorin des NDR-Landesfunkhauses Hamburg, Sabine Rossbach, ist abgeschlossen. Im Ergebnis konnten „für einen unzulässigen Eingriff in das Programm keine Belege“ gefunden werden, teilte der NDR mit. Jedoch wurden Vertrauensverlust und mangelnde Transparenz bei Entscheidungen im Landesfunkhaus des Norddeutschen Rundfunks in Hamburg attestiert.

Siv Stippekohl (multimediale Kulturchefin im Landesfunkhaus Mecklenburg-Vorpommern) und Eckhardt Reimann (stellvertretender Redaktionsleiter „Hallo Niedersachsen“ im Landesfunkhaus Niedersachsen) legten am 27. Oktober ihren Bericht vor. Die beiden Journalist*innen haben neben den Vorwürfen zu einer möglichen Einflussnahme auf das Programm auch das Führungsverhalten und das Redaktionsklima im Landesfunkhaus untersucht.

Ein Fazit: „Weder gibt es belastbare Belege dafür, dass Sabine Rossbach ihre NDR Tätigkeit dazu genutzt hat, der PR-Agentur ihrer Tochter in unzulässiger Weise Vorteile durch Berichterstattung des Landesfunkhauses Hamburg zu verschaffen. Noch ist eine unzulässige Vergabe von Auftragsproduktionen zur Erlangung eines persönlichen Vorteils belegbar.“ Gleichzeitig hätten die beiden Journalist*innen einen durch Führungs- und Kommunikationsstil bedingten Vertrauensverlust sowie Versäumnisse in punkto Transparenz bilanziert. „Der Anschein einer möglichen Begünstigung, so der Bericht, hätte durch Klarheit vermieden werden können.“

Stippekohl und Reimann arbeiteten unabhängig, führten Gespräche mit mehr als 70 Mitarbeitenden, ehemaligen Mitarbeitenden sowie Mitarbeitendenvertretungen und sichteten Unterlagen und Korrespondenzen. Anfang dieser Woche hatte die Anti-Korruptionsbeauftragte des NDR ihre Prüfung abgeschlossen und Sabine Rossbach von Korruptionsvorwürfen entlastet. Damit ist die interne Prüfung im Landesfunkhaus Hamburg abgeschlossen.

NDR Intendant Joachim Knuth: „Die interne Aufarbeitung liefert keine Belege dafür, dass systematisch ins Programm eingegriffen wurde. Das ist gut. Der Bericht zeigt aber auch: Im Landesfunkhaus Hamburg gab es offensichtlich einen Führungsstil, der nicht von Respekt, Vertrauen und wertschätzendem Umgang geprägt war. In jeder Redaktion braucht es Offenheit und Transparenz, um gar nicht erst den Verdacht unzulässiger Eingriffe aufkommen zu lassen. Insofern ist ein Neuanfang im Landesfunkhaus Hamburg geboten.“

„Aus unserer Sicht fehlte es an einer offenen Diskussionskultur. Für unabhängige, freie und ausgewogene Berichterstattung sind Diskussionen über Themen und Programmgestaltung jedoch wesentlich. Im NDR Landesfunkhaus Hamburg war die journalistische Arbeit durch mangelndes Vertrauen beeinträchtigt. Es ist sehr gut, dass bereits ein Prozess begonnen hat, der die Verbesserung der Redaktionsklimas zum Ziel hat“, erklärten Siv Stippekohl und Eckhardt Reimann.

Sabine Rossbach hatte angekündigt, wegen des verlorengegangenen Vertrauens zwischen ihr und Teilen der Redaktion den Weg für einen Neuanfang im Landesfunkhaus Hamburg freizumachen und ihr Amt bereits zum 1. April 2023 zur Verfügung zu stellen. Nach einer Freistellung wird sie den NDR dann endgültig zum 31. Oktober 2023 verlassen. Sie beendet damit ihr Dienstverhältnis zwei Jahre früher als ursprünglich vorgesehen. Die entsprechende Vereinbarung steht unter dem Vorbehalt der Zustimmung des NDR Verwaltungsrates.

 

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Wie ethisch kann KI berichten?

Ein ethischer Kompass ist angesichts zunehmender Desinformation immer wichtiger – für Journalist*innen, aber auch Mediennutzende. Positivbeispiele einer wertebewussten Berichterstattung wurden jüngst zum 20. Mal mit dem Medienethik Award, kurz META, ausgezeichnet. Eine Jury aus Studierenden der Stuttgarter Hochschule der Medien HdM vergab den Preis diesmal für zwei Beiträge zum Thema „Roboter“: Ein Radiostück zu Maschinen und Empathie und einen Fernsehfilm zu KI im Krieg.
mehr »

VR-Formate im Dokumentarfilm

Mit klassischen Dokumentationen ein junges Publikum zu erreichen, das ist nicht einfach. Mit welchen Ideen es aber dennoch gelingen kann, das stand auf der Sunny Side of the Doc in La Rochelle im Fokus. Beim internationalen Treffen der Dokumentarfilmbranche ging es diesmal auch um neue Erzählformen des Genres wie Virtual Reality (VR).
mehr »

Erneute Streiks bei NDR, WDR, BR, SWR 

Voraussichtlich bis Freitag werden Streiks in mehreren ARD-Sendern zu Programmänderungen, Ausfällen und einem deutlich veränderten Erscheinungsbild von Radio- und TV-Sendungen auch im Ersten Programm führen. Der Grund für den erneuten Streik bei den großen ARD-Rundfunkanstalten ist ein bereits im siebten Monat nach Ende des vorhergehenden Tarifabschlusses immer noch andauernder Tarifkonflikt.
mehr »

krassmedial: Diskurse gestalten

Besonders auf Social-Media-Plattformen wie TikTok und Telegram verbreiten sich rechtsextreme Narrative, die zur Polarisierung der Gesellschaft beitragen. Wie Journalist*innen dem entgegen wirken und antidemokratische Diskursräume zurückgewinnen können, diskutierten und erprobten etwa 70 Teilnehmende der diesjährigen #krassmedial-Sommerakademie von ver.di am Wochenende in Berlin-Wannsee.
mehr »