Das Treffen von „InterKonneXiones (IKX) – Frauen schaffen Freiräume der Kommunikation“ des feministischen Frauen- und Lesbennetzwerkes fand vom 19. bis 23. Februar in Wien statt. Die Radiomacherinnen nichtkommerzieller Sender aus dem deutschsprachigen Raum, aus Spanien und aus Lateinamerika trafen sich fünf Tage lang zu Diskussionen, Workshops und um gemeinsam Sendungen bei Radio Orange auszustrahlen.
Kaum zwei Wochen, nachdem sich rund 40 Frauen zu dieser 9. Konferenz des Radionetzwerkes getroffen hatten, wurde der erste gemeinsame Livestream aufgesetzt. Am 8. März, dem Internationalen Frauentag, übernahm das Wiener Freie Radio Orange direkt das Programm von Radio Numero Critico aus Santiago de Chile. Die Österreicherinnen ihrerseits übersetzten ihre Berichte gleich im Studio ins Spanische und schickten die Audios an das Internetradio der Chileninnen.
Das Frauennetzwerk von IKX wurde 1994 mit Unterstützung des Solifonds Demokratische Medien in der Welt e.V. gegründet. Frauen aus lateinamerikanischen Basisradios und europäischen Freien Radios wollten eine internationalistische Berichterstattung gewährleisten, die nicht von sensationsorientierten, latent rassistischen oder sexistischen Klischees geprägt ist. Die Frauen der alternativen Sender hatten selbstkritisch feststellen müssen, dass jede Berichterstattung über „Andere“ diese Gefahr in sich trägt.
Also produzierten sie Beiträge zu vorher gemeinsam festgelegten Themen. Die Programme wurden sprachlich synchronisiert und per Kassette an die beteiligten Radios verschickt. Ob im Freiburger Radio Dreyeckland, im Radio Contrabanda aus Barcelona oder im costaricanischen Radio Fire, überall waren dieselben Beiträge zu hören. Neben dieser Kommunikation über Grenzen hinweg, stand die Stärkung der Position von Frauen in den alternativen Medien sowie die Beteiligung von Migrantinnen auf der Agenda von IKX.
Debatte über verschiedene Identitäten
Beim Radiomachen wie auch in den internen Diskussionen spielten die verschiedenen Realitäten der Beteiligten immer eine bedeutende Rolle. Inwieweit werden unterschiedliche Bedingungen für Frauen, Migrantinnen, Lesben und Angehörige einer Bevölkerungsminder- bzw. Mehrheit wahrgenommen und akzeptiert, lautet eine der zentralen Fragen. Die Wiener Vorbereitungsgruppe setzte deshalb das Thema „Identitäten“ auf die Tagesordnung des diesjährigen Treffens.
Für Lola Garcia vom lateinamerikanischen Radioverband ALER ist „Identität nichts Statisches, sondern etwas Bewegliches, etwas, was sich formt und verändert und immer im Verhältnis zu den kulturellen Systemen zu sehen ist, die uns umgeben“. Als eine von vier Podiumsteilnehmerinnen beschäftigte sich die Ecuadorianerin mit den identitären Mustern, die durch Migration hervorgerufen werden. „Die Migration zwingt uns, uns zu verändern und in verschiedenen Momenten verschiedene Identitäten anzunehmen“, erklärte Lola Garcia.
Über Identität zu reden, erzeuge oft „mehr Unterschiede als Gemeinsamkeiten“, argumentierte dagegen Rosario Faviloa Villegas Arellano. Die Peruanerin ist Mitglied der Gruppe „Mujeres Diversas“, der Lesben, Bisexuelle und Transgenderfrauen angehören. Die Definition von Homosexualität ist für sie „eine gesellschaftliche Konstruktion,“ die auch in Lateinamerika immer noch sehr große Diskriminierung mit sich bringt. Um dem zu widerstehen, sei es notwendig, sich in Gruppen von Lesben oder Schwulen zu organisieren, ohne deshalb vermeintlich feststehende Identitäten zu definieren. Dieses Selbstverständnis wirkt sich natürlich auch auf die Radioarbeit der „Mujeres Diversas“ aus.
Neben solchen Debatten steht auch die gegenseitige Weiterbildung auf dem Programm der IKX-Konferenzen. So stellte ALER-Mitarbeiterin Garcia in Wien die in Lateinamerika beliebten „Radionovelas“ vor. Einem Fortsetzungsroman ähnlich informiert diese Sendeform unterhaltsam über Landesgeschichte, Verhinderung von Naturkatastrophen oder Frauenalltag.
Mit dem Workshop „Audiodatenbanken und Livestreaming“ nahm der Programmaustausch via Internet konkrete Formen an. Denn die Zeiten, in denen Beiträge auf Kassetten mit der Post verschickt werden, sind vorbei. Bald wird es nun die spanisch-deutsche Homepage geben, die Anbindung von IKX an schon bestehende Audiodatenbanken ist im Aufbau.
Die Begeisterung über die gelungene Direktübertragung am 8. März war groß. Nun wird über eine monatliche Vernetzung per Livestream nachgedacht, um über Ereignisse aus den Ländern zu berichten. Neue Horizonte sind auch für das IKX-Treffen in zwei Jahren in Sicht. Es soll erstmals in Lateinamerika, in Santiago de Chile, stattfinden.
Kristin Gebhardt
Links …
Einige der feministischen Programme sind im Internet zu hören:
Chile:
www.radionumerocritico.cl
Brasilien:
www.radiofalamulher.com
Graz:
helsinki.mur.at
Wien:
www.orange.or.at
Zürich:
www.lora.ch
Deutschland: www.freie-radios.de, Auf der Homepage des Bundesverbandes der freien Radios findet man die Programme der einzelnen Sender.
Livestreams gibt es bisher nur bei Querfunk (Karlsruhe), Radio Z (Nürnberg) und Radio Flora (Hannover)