Berliner Startup macht Twitter sinnvoll durchsuchbar
Wer sich im Gewusel der sozialen Netzwerke zurechtfinden will, hat es nicht leicht. Das gilt speziell für den Kurznachrichtendienst Twitter mit seinen grob geschätzten 250 Millionen Nutzern. Orientierung liefert seit anderthalb Jahren „Tame”, die erste Kontextsuchmaschine für Twitter. Tame ordnet Ergebnisse in übersichtlichen Relevanz-Rankings an und macht Twitter damit sinnvoll durchsuchbar – hilfreich auch bei der täglichen journalistischen Arbeit.
Bisherige Suchmaschinen und Twitter-Tools liefern meist nur chronologische Ergebnisse. Je nachdem, was der Nutzer sucht, werden schlicht die jeweils letzten Tweets zu einem bestimmten Thema angezeigt. „Es reicht aber nicht, nur Inhalte anzuzeigen”, sagt „Tame”-Geschäftsführer Frederik Fischer. Angesichts hunderter täglich eingehender Twitter-Posts verliert der User schnell den Überblick. „Tame” basiert auf dem Prinzip, die wichtigsten News der jeweils letzten 24 Stunden zu bündeln. „In dieser Hinsicht funktioniert Tame wie Google News”, erklärt Fischer. Auch dort werde für die wichtigsten Themen ein Ranking erstellt, die Nachrichten fließen nicht einfach chronologisch ein.
Wer auf Twitter zum Beispiel nach der Fußball-WM sucht, möchte eventuell nicht nur die aktuellsten Tweets zum Thema indiziert bekommen, sondern die wichtigsten Postings oder die Twitterer, die im Zentrum der Aufmerksamkeit stehen. Das kann Joseph Blatter sein, der sich zu den Misstrauensanträgen seiner Kritiker äußert oder das Magazin 11freunde, weil es gerade eine witzige Analyse der Trends beim soeben beendeten Turnier veröffentlicht hat. „Tame” ordnet die Tweets in drei Kategorien: Erstens nach Inhalten, also nach den populärsten Links, zweitens nach Themen, das heißt sortiert nach den verwendeten Hashtags. Die dritte Kategorie ermittelt die am häufigsten erwähnten User.
Zum Kernteam des Berliner Startups zählen neben Gründer Fischer noch Geschäftsführer Marco Buhlmann, IT-Mann Arno Dirlam und Marketingchef Torsten Müller. Die Initialzündung für ihr Projekt bekamen die Gründer während des „arabischen Frühlings” 2011. Damals avancierte die sozialen Netzwerke zu wichtigen Nachrichtenquellen, deren Output freilich häufig sehr unübersichtlich war (und ist), sowohl was Relevanz als auch Authentizität betraf. Hauptzielgruppe ihres Dienstes sind folglich jene Professionen, deren Akteure gezielt schnelle, aktuelle und relevante Informationen benötigen: Journalisten, Politikberater, Entscheider.
Gefördert wurde das Projekt unter anderem vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie sowie von der Industriebank Berlin. Zudem trugen per Crowdfunding Hunderte von Mikroinvestoren mit einer Viertelmillion Euro zur Anschubfinanzierung bei.
Mittlerweile hat „Tame” weltweit mehrere Tausende User. Darunter viele Journalisten und Medieninstitutionen. So nutzen die ARD, die BBC oder auch die New York Times den Dienst, um aus dem auf täglich eine halbe Milliarde Tweets weltweit geschätzten Gezwitscher wichtige Trends zu filtern. Geld verdient wird nach dem Freemium-Modell. Die Analyse der eigenen Twitter Timeline bleibt einstweilen kostenfrei. Für globale Suchen und weitere Funktionen gibt es Abomodelle ab 49 Euro pro Monat.