PR im Mäntelchen

Die Bundesagentur für Arbeit bietet den Medien einen neuen „Themendienst“ an. Der Begriff suggeriert, hier wird auf News, Schwerpunkte, Probleme, … hingewiesen, nun ja, eben auf Themen die von Journalisten durchaus aufgegriffen werden könnten – nach Ansicht der Behörde sogar sollten. Dagegen wäre nichts einzuwenden. Der Journalist findet jedoch „kostenfreie druckfertige Artikel zur redaktionellen Nutzung“ vor. Allerdings erst wenn er sich registriert, die AGBs akzeptiert und eine geplante Veröffentlichung angibt: Letzteres übrigens bevor er den ganzen Text lesen kann. Journalistische Themenfindung sieht anders aus.

Die AGBs sind, freundlich ausgedrückt, bemerkenswert. Genau wird festgelegt wie die Veröffentlichungen auszusehen haben. „Die Artikel sind in der vorgegebenen Länge zu nutzen.“ 20 Prozent Zeilenkürzung werden großzügig aus redaktionellen Gründen eingeräumt. Zusammengestellte Texte mit Foto dürfen nicht voreinander getrennt erscheinen, „sind zusammen auf einer Seite abzubilden“. Noch interessanter die Anweisung: „Die Artikel und ihre Bestandteile dürfen nicht bearbeitet werden, insbesondere dürfen keine eigenen Texte, Fotos oder sonstige Ergänzungen hinzugefügt werden.“ Auch Interviews müssen unangetastet bleiben. Die Arbeitsagentur macht also keine Informationsangebote, sondern sie bestimmt die Inhalte bis hin zur Platzierung. Die Artikel seien von „erfahrenen Journalisten aufbereitet“, heißt es in einer Pressemitteilung. Dass gute Journalisten in der Lage sind, für einen Auftraggeber Texte zu formulieren, will man wohl glauben. Aber auch dann kommen „nur“, wenn auch gute, PR-Texte heraus. Kritisches Hinterfragen ist nicht möglich, die andere Seite der Medaille so mancher Probleme um Arbeitslosigkeit und Arbeitsvermittlung bleibt im Dunkeln. Aber eben das zu erhellen, ist die Aufgabe von Journalismus. PR-Texte dienen der Information der Öffentlichkeit, jedoch nur im Sinne einer Seite. Sie werden in der Regel als Anregung oder auszugsweise in Teilen verwendet, zitiert bzw. ergänzt. Daran können wohl auch diese fragwürdigen AGBs nichts ändern.
Pragmatiker sagen, das sei nur ein unverbindliches Angebot, „im Rahmen der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit“, die Medien müssen es nicht annehmen. Doch die Versuchung, kostenlosen Content zu nutzen, ist angesichts von Personalabbau und schrumpfender Redaktionsbudgets groß. So leistet die Arbeitsagentur der Vermischung von PR und Journalismus weiter Vorschub. Dass für derartige Medienindoktrination auch noch Beiträge bzw. Steuergelder missbraucht werden, hinterlässt einen fahlen Beigeschmack.

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Initiative: KI besser nutzbar machen

Der Dominanz der globalen Big-Tech-Konzerne etwas entgegensetzen – das ist das Ziel einer Initiative, bei der hierzulande zum ersten Mal öffentlich-rechtliche und private Medienanbieter zusammenarbeiten. Sie wollen mit weiteren Partnern, vor allem aus dem Forschungsbereich, ein dezentrales, KI-integriertes Datenökosystem entwickeln. Dadurch soll die digitale Souveränität und Wettbewerbsfähigkeit des deutschen Medienstandorts gestärkt werden.
mehr »

Anteil von Frauen in Führung sinkt

Nach Jahren positiver Entwicklung sinkt der Anteil von Frauen in Führungspositionen im Journalismus das zweite Jahr in Folge. Der Verein Pro Quote hat eine neue Studie erstellt. Besonders abgeschlagen sind demnach Regionalzeitungen und Onlinemedien, mit Anteilen von knapp 20 Prozent und darunter. Aber auch im öffentlichen Rundfunk sind zum Teil unter ein Drittel des Spitzenpersonals weiblich.
mehr »

dju fordert Schutz für Medienschaffende

Die Deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union (dju) in ver.di fordert nach dem erschreckend milden Urteil im Verfahren zum Angriff auf Journalist*innen in Dresden-Laubegast staatlich garantierten Schutz für Medienschaffende. Über zehn Männer hatten im Februar 2022 in Dresden-Laubegast am Rande einer Demonstration im verschwörungsideologischen Milieu sechs Journalist*innen und ihren Begleitschutz angegriffen.
mehr »

Unsicherheit in der Medienlandschaft

Künstliche Intelligenz (KI) und ihre Auswirkungen auf die Medienbranche wurden auch bei des diesjährigen Münchner Medientagen intensiv diskutiert. Besonders groß sind die Herausforderungen für Online-Redaktionen. Im Zentrum der Veranstaltung  mit 5000 Besucher*innen, mehr als 350 Referent*innen aus Medienwirtschaft und -politik, Kultur, Wissenschaft und Gesellschaft, stand allerdings die Frage, wie Tech-Konzerne reguliert werden sollten.
mehr »