Presserat rügt Verleger Friedrich

Symbolbild: 123rf/M

Der Deutsche Presserat hat den Verleger der „Berliner Zeitung“, Holger Friedrich, für die  Verletzung des Informantenschutzes gerügt. Friedrich hatte den Namen eines Informanten, des ehemaligen „Bild“-Chefredakteurs Julian Reichelt, an den Springer-Verlag weitergegeben. Laut Ziffer 5 des Pressekodex gebe die Presse Informanten ohne deren ausdrückliche Zustimmung jedoch nicht preis – nach Meinung der Mehrheit im Gremium unabhängig davon, ob der Informantenschutz ausdrücklich vereinbart wurde.

Der Presserat betonte in einer Pressemitteilung nach der Sitzung am 15. Juni, dass der Schutz von Informanten ein zentraler Bestandteil der Pressefreiheit ist. Könnten sich Hinweisgeber darauf nicht verlassen, werden das Vertrauen in die Presse und deren Glaubwürdigkeit insgesamt beschädigt. Als Verleger ist Holger Friedrich Teil der Presse, betont das Gremium.

Im Gegensatz zu ihrem Verleger habe die Redaktion der „Berliner Zeitung“ jedoch den Informantenschutz gewahrt. Die Mitglieder des Ausschusses haben einstimmig eine Beschwerde über einen Artikel aus der „Berliner Zeitung“ abgewiesen, in dem der Chefredakteur über die Preisgabe des Informanten durch seinen Verleger berichtete. Dass Reichelt der Hinweisgeber war, war zum Zeitpunkt der Veröffentlichung bereits bekannt.

Sogar der Negativpreis „Verschlossene Auster“ von Netzwerk Recherche für den Informationsblockierer des Jahres geht in diesem Jahr an Holger Friedrich. Die Journalist*innenvereinigung zeichnete ihn für seinen „erschreckenden und zerstörerischen Umgang mit dem journalistischen Informantenschutz“ aus.

Gleichzeitig wies das freiwillige Selbstkontrollgremium der deutschen Presse und von Onlinemedien Beschwerden über die Veröffentlichung von Textnachrichten von Mathias Döpfner in der „Zeit“ und bei zeit.de als unbegründet zurück. Am Inhalt der Nachrichten des Springer-Chefs an leitende Angestellte bestehe in dem konkreten Fall nach Ziffer 8 des Pressekodex ein überwiegendes öffentliches Interesse, heißt es in einer Pressemitteilung.

Die Mitglieder des Beschwerdeausschusses waren sich demnach einig, dass die von der „Zeit“ veröffentlichten Passagen politische und publizistisch-redaktionelle Einschätzungen enthielten, die Döpfner als Vorstandsvorsitzender und Verleger eines der größten Medienhäuser Europas geschrieben habe. „An seiner Denkweise und seinem Weltbild besteht ein öffentliches Interesse. Teilweise knüpfen die Nachrichten auch an die öffentlich geführte Diskussion über die Absetzung des ehemaligen Chefredakteurs Julian Reichelt an“, heißt es in der Pressemitteilung. 

Relevant für die Öffentlichkeit ist nach Ansicht des Presserats auch der Widerspruch zwischen der Rolle Döpfners als Vorstandsvorsitzendem sowie Verleger und seinen von der „Zeit“ veröffentlichten Äußerungen. Die in den Nachrichten dokumentierten Versuche, auf die Berichterstattung Einfluss zu nehmen, stünden im Konflikt mit dem „Code of Conduct“ des Springer-Verlags, welcher die redaktionelle Unabhängigkeit von der Geschäftsleitung betone.

Über die Veröffentlichung der Nachrichten im Artikel „Aber das ist dennoch die einzige Chance, um den endgültigen Niedergang des Landes zu vermeiden“ hatten sich drei Personen beim Presserat beschwert.


Aktualisierung vom 16. Juni 2023

Presserat spricht insgesamt 22 Rügen aus

Im Zeitraum von 13. bis 15. Juni hat der Deutsche Pressrat 22 Rügen ausgesprochen. Über die einzelnen Rügen neben der für den Verleger der „Berliner Zeitung“ informierte das Gremium in einer Pressemitteilung. Hinzu kamen 21 Missbilligungen und 26 Hinweise. 37 Beschwerden wurden als unbegründet erachtet, fünf Beschwerden waren demnach begründet, es wurde aber auf eine Maßnahme verzichtet. Insgesamt behandelt wurden 126 Beschwerden.  Bei 15 Beschwerden handelte es sich um Einsprüche und Wideraufnahmen.

 

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