Quo vadis, Journalismus?

Krise ist ein zu verkürzter Begriff für das, womit wir es in der Medienbranche zu tun haben. Denn zusätzlich zu in Teilen vorhandenen wirtschaftlich begründeten Krisenerscheinungen, findet bei einer Reihe von Verlagshäusern ein Rückzug aus der publizistischen Verantwortung statt. Statt guter Publikationen soll mehr Geld produziert werden, das ist die Maxime vieler Entscheidungen, wenn Journalismus nur noch ein Produkt unter vielen ist.


Das hat die Entscheidung der WAZ-Mediengruppe, die Redaktion der Westfälischen Rundschau zu schließen und das Blatt mit Inhalten der Konkurrenz zu füllen, dokumentiert. Die Querelen zwischen den Gesellschaftern unter den WAZ-Eigentümern werden zu Lasten der Journalisten, der Leser und der Presselandschaft im bevölkerungsreichsten Bundesland ausgetragen. Statt in die Zukunft des Journalismus zu investieren, in den Ausbau von Onlineangeboten, in gut recherchierte Geschichten, wird kurzfristig gedacht und gehandelt.

Die Beschäftigten zahlen die Rechnung, der Pressevielfalt wird ein weiterer Schlag versetzt. Dabei erwirtschaften die Verlagshäuser in aller Regel unverändert hohe oder ausreichende Renditen. Zur Wahrheit gehört natürlich, dass Auflagen sinken, Anzeigenumsätze zurück gehen. Das ist eine Entwicklung, die bereits Mitte der 90er Jahre eingesetzt hat. Aber statt rechtzeitig in Zukunftskonzepte zu investieren, wurde gespart. Und jetzt hört sich Medienkrise natürlich besser an als verlegerisches Versagen.

Die Verantwortlichen rufen nun nach weiteren steuerlichen Vergünstigungen für eine Aufgabe in dieser Demokratie, die sie nicht erfüllen, und drehen weiter an der Sparschraube. Um das zu rechtfertigen, bedürfte es jedoch eines Kontrakts für Soziales und Fairness: Subventionen werden an die Einhaltung von Standards, Redaktionsstatute sowie die Einhaltung sozialer Mindestbedingungen für Festangestellte und Freie gebunden. Ein Weiter so mit weniger Journalismus kann sich die Demokratie nicht mehr leisten. Sonst stehen am Ende Publikationen, für die es keine Legitimation gibt, sie zu unterstützen, sei es über steuerliche Privilegien oder andere Wege.

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Die Zukunft der Filmförderung

In der morgigen Plenarsitzung des Bundestages wird über die Zukunft der deutschen Filmwirtschaft entschieden, der vom Bundestagsausschuss für Kultur und Medien beschlossene Gesetzentwurf zum Filmfördergesetz (FFG) steht zur Abstimmung auf der Tagesordnung. ver.di begrüßt eine Reform der Filmförderung, denn in Zukunft müssen Filmproduktionen Tarif- und Urheber-Vergütungen verbindlich einhalten.
mehr »

Rundfunkreform mit vielen Fragezeichen

Bis zuletzt hatten die öffentlich-rechtlichen Anstalten auf ein Ende der Blockade einer Beitragserhöhung durch die Ministerpräsidenten der Länder gehofft. Die Verweigerungshaltung der Politik ließ ihnen am Ende keine Wahl: Am 19. November kündigten ARD und ZDF eine Klage beim Bundesverfassungsgericht an, um ihren Anspruch auf die von der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs (KEF) errechnete Empfehlung einer Beitragserhöhung um 58 Cent auf 18,94 Euro monatlich durchzusetzen.
mehr »

KI-Lösungen: Heise macht es selbst

Das Medienhaus „Heise Medien“ hat kürzlich das auf generative Künstliche Intelligenz (KI) spezialisierte Medienhaus „Deep Content“ (digitale Magazine „Mixed“ und „The Decoder“) aus Leipzig gekauft. Damit will Heise die Zukunft generativer KI mitgestalten. „Deep Content“ entwickelte mit „DC I/O“ ein professionelles KI-gestütztes Workflow-Framework für Content-Teams und Redaktionen. Bereits seit Juni dieses Jahres kooperiert Heise mit „Deep Content“ bei der Produktion des Podcasts „KI-Update“. Hinter der Übernahme steckt die Idee, den neuen Markt weiter zu erschließen und hohe Gewinne einzufahren.
mehr »

Audiodeskription: Die KI liest vor

Die Hälfte der öffentlich-rechtlichen Sender verwendet inzwischen auch synthetische oder mit Künstlicher Intelligenz (KI) generierte Stimmen, um für Fernsehformate Audiodeskriptionen zu erstellen. Das ergibt sich aus Nachfragen von M bei den neun ARD-Landesrundfunkanstalten und beim ZDF. Neben professionellen Sprecher*innen setzen der MDR, WDR, NDR, Radio Bremen und das ZDF auch auf synthetische oder KI-Stimmen für die akustische Bildbeschreibung.
mehr »