Zum jährlichen Safer Internet Day am 11. Februar ruft die EU-Initiative Klicksafe Kinder und Jugendliche auf: #checkwemdufolgst. Bereits seit 2004 macht der Aktionstag Werbung für ein besseres Internet – nicht nur für die Jüngeren. Denn beim Thema Online-Sicherheit, das zeigen verschiedenste Erhebungen, haben auch die Erwachsenen noch Nachholbedarf. Darunter Journalistinnen und Journalisten, für die geschützte Kommunikation besonders wichtig ist.
„Hi, ist Klausi da?“ fragt eine nur mit Leopardenunterwäsche und einer rosa Federstola bekleidete Frau an der Tür, bevor sie von Klaus‘ Mutter nach oben ins Kinderzimmer geschickt wird – um „schon mal ein paar neue Stellungen auszuprobieren“.
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Mit dem Werbespot „Wo ist Klaus?“ gelang es der EU-Initiative Klicksafe im Jahr 2005, die Öffentlichkeit stärker für das Thema Internet-Sicherheit gerade bei Kindern zu sensibilisieren. Kaum ein Fernsehzuschauer oder eine Kinozuschauerin, denen der Spot seitdem noch nicht über den Bildschirm gelaufen ist. Die Initiative selbst wurde 2004 von der Europäischen Kommission ins Leben gerufen und versteht sich als Sensibilisierungskampagne zur Förderung der Kompetenz im Umgang mit dem Internet und neuen Medien. Inzwischen ist sie in 31 Ländern aktiv. In Deutschland wird das EU-geförderte Klicksafe von den Medienanstalten in Rheinland-Pfalz (Koordinator) und in Nordrhein-Westfalen umgesetzt. Das Projekt richtet sich an Lehrkräfte, Pädagog*innen, Eltern, Kinder und Jugendliche und stellt auf der Website www.klicksafe.de eine Fülle an Informationen, Tipps und Material zu digitalen Themen zur Verfügung.
„Wem folgt Klaus?“ könnte es nun zum diesjährigen Safer Internet Day heißen. Unter dem Motto „Idole im Netz. Influencer & Meinungsmacht“ können sich deutschlandweit Institutionen, Stiftungen, Unternehmen, Schulen, Jugendorganisationen, Bildungseinrichtungen, Vereine und auch Privatpersonen mit eigenen Beiträgen am Aktionstag für mehr Online-Sicherheit und ein besseres Internet für Kinder und Jugendliche beteiligen. Mehr als 200 Aktionen wurden bereits angemeldet, zeigt eine interaktive Karte auf der Projektwebsite. Eine zentrale Veranstaltung richtet Klicksafe am 11. Februar an einer Berliner Schule aus.
Für Kinder und Jugendliche sind Influencer wichtige Vorbilder – auch für das eigene Konsumverhalten. So kaufen 43 Prozent der 16- bis 24-Jährigen Produkte ein, die von Social-Media-Stars auf YouTube oder Instagram vorgestellt werden, hat im vergangenen Jahr eine Verbraucherbefragung des Bundesverbands Digitale Wirtschaft (BVDW) herausgefunden. 44 Prozent der jugendlichen Befragten haben demnach mehrmals täglich Kontakt zu Influencern.
Für viele Eltern bleibt das Phänomen nicht selten ein Buch mit sieben Siegeln. Dass die eigene Tochter live die Morgenroutine einer scheinbar völlig Fremden am Smartphone verfolgt, löst bei den meisten bestenfalls stillschweigendes Unverständnis aus. Im schlimmsten Fall neigen Eltern dazu, abwertend über dieses vermeintlich unsinnige Interesse ihrer Kinder zu urteilen. Die Social Media-Expertin Kim Beck rät Eltern in der Klicksafe-Videoreihe #Elterninformiert dagegen, offen zu bleiben, Fragen zu stellen, ihren Kindern auf Augenhöhe zu begegnen und sie in ihrer Faszination ernst zu nehmen.
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Passend zum diesjährigen Motto des Safer Internet Day erfahren Eltern in den drei weiteren Videos außerdem, wer diese neuen Vorbilder im Netz eigentlich sind, welche Themen die Influencer bewegen und wie sie ihre Fans dabei beeinflussen können. Die Erklärstreifen der Reihe hat Isabel Hörder aus dem Masterstudiengang E-Learning und Medienbildung der Pädagogischen Hochschule Heidelberg umgesetzt.
Verbraucher*innen bei Online-Sicherheit zu nachlässig
Jede Menge Gefahren lauern im Netz nicht nur für Kinder und Jugendliche. Am Safer Internet Day geht es deshalb auch um ein sicheres Internet für Erwachsene. Und die haben in dieser Hinsicht noch einige Defizite, bescheinigt etwa das Digitalbarometer 2019, eine repräsentative Bürgerbefragung der polizeilichen Kriminalprävention der Länder und des Bundes (ProPK) sowie des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI). „Wir beobachten, dass viele Menschen aktuelle Warnungen teils nicht ernst genug nehmen und nicht genug Schutzmaßnahmen ergreifen“, sagt Kriminaloberrat und ProPK-Leiter Harald Schmidt zu den Ergebnissen der Befragung. Demnach haben nur 61 Prozent der Befragten Antivirenprogramme installiert, 58 Prozent verfügen über sichere Passwörter und verfügbare Updates werden von nur 36 Prozent immer sofort installiert. Zudem kennt zwar die Hälfte der Befragten aktuelle Sicherheitsempfehlungen zum Schutz vor Kriminalität im Internet, lediglich 36 Prozent setzen diese dann aber auch direkt um. Dabei sei bereits rund ein Viertel der Nutzer*innen Opfer von Cybercrime geworden, sagt Schmidt. Zu den häufigsten Straftaten gehörten Betrug beim Online-Shopping und Phishing. Aber auch Schadsoftware sei ein mögliches Risiko.
Zu diesem Schluss kommt auch der aktuelle Sicherheitsindex zur digitalen Sicherheitslage der Verbraucher im Internet des Vereins Deutschland sicher im Netz (DsiN). „Das Erschleichen – auch Phishing genannt – und Ausspähen von Zugangsdaten zu Onlinekonten sowie der Online-Betrug gehören in Deutschland zu den häufigsten Sicherheitsvorfällen im Netz“, fasst DsiN-Geschäftsführer Dr. Michael Littger die zentralen Ergebnisse zusammen. Das Problem, so Littger: „Jeder Bundesbürger hat heute im Durchschnitt über 78 Onlinekonten. Da ist es fast unmöglich, in jedem Fall ein einzigartiges Passwort zu wählen, dass ich zudem auch noch regelmäßig ändere. Die Folge ist, dass ‚123456‘ und „password“ heute zu den meistgenutzten Passwörtern gehören – ein gefundenes Fressen für Hacker und Co.“
Netzkriminalität steigt weiter
Insgesamt nimmt die Netzkriminalität seit Jahren zu, zeigt das Bundeslagebild Cybercrime des Bundeskriminalamts (BKA). 2018 wurde mit 87.106 Fällen eine Steigerung von 1,3 Prozent gegenüber dem Vorjahr (85.960 Fälle) verzeichnet. Die Aufklärungsquote hat 38,9 Prozent betragen, was einem Rückgang gegenüber 2017 um 1,4 Prozent entspricht. Allerdings, so der Bericht, werde höchstwahrscheinlich eine überdurchschnittlich große Anzahl von Cyber-Straftaten überhaupt nicht zur Anzeige gebracht. Die Zahl der nicht polizeilich erfassten Delikte, in Polizeisprech „Dunkelfeld“, sei dementsprechend hoch. Gründe für die unterlassene Anzeige eines Cyber-Delikts seien vor allem unbemerkte strafbare Handlungen, die über das Versuchsstadium nicht hinauskommen. Zudem würden Betroffene oft nicht erkennen, dass sie Opfer einer Cyber-Straftat geworden sind oder blieben untätig, sofern kein finanzieller Schaden entstanden ist. Die Polizei, heißt es in dem Bericht, weise daher immer wieder auf die Notwendigkeit hin, solche Straftaten auch anzuzeigen. Nur dadurch könnten neue Ermittlungsansätze zur effektiveren Bekämpfung entwickelt sowie die Verfolgung der Täter ermöglicht werden.
Kriminaloberrat Schmidt ermutigt die Internetnutzer*innen deshalb, „auch bei scheinbar geringen Vergehen Anzeige bei der Polizei zu erstatten“. Opfer von Cyber-Crime hätten die gleichen Rechte wie Opfer anderer Straftaten. Außerdem, so Schmidt, nähmen auch Beleidigungen und Bedrohungen im Netz immer mehr zu: Diese dürften aber „nicht ignoriert oder hingenommen werden. Grundsätzlich sollte jeder so viele Schritte wie möglich ergreifen, um für mehr Schutz in seinem digitalen Alltag zu sorgen.“
Einfache digitale Schutzmaßnahmen ergreifen
Doch was tun, damit es gar nicht erst so weit kommt? Der von Politik, Unternehmen, Verbänden und gesellschaftlichen Bündnissen getragene Verein DsiN stellt den Verbraucher*innen unter anderem Ratgeber und Tools für mehr digitale Sicherheit zur Verfügung. „Die gute Nachricht ist in der Tat“, so Littger: „Die meisten Vorfälle können durch einfache Grundregeln abgewehrt werden.“ Regelmäßige Sicherheitsupdates der bereits installierten Programme sowie Vorsicht beim Öffnen unbekannter oder verdächtiger E-Mails und geteilter Links gehörten etwa zu den Basisschutzmaßnahmen.
„Dazu zählt auf jeden Fall auch die Einrichtung eines zweiten Faktors zum Schutz meiner Onlinekonten. Wie bei einem Schloss mit zwei Schlüsseln gewinne ich dadurch doppelte Sicherheit. Das Handy, ein USB-Stick oder der Daumenabdruck werden zum zweiten Faktor. Ein sicheres Passwort ist also wie die erste Verteidigungslinie, die Zweifaktor-Authentifizierung schützt Konten zusätzlich. Um sichere Passwörter zu generieren, zu speichern und zu verwalten, gibt es schlaue Dienste wie einen Passwortmanager, bei dem mehrere Passwörter sicher gespeichert werden können. Um über aktuelle Sicherheitsvorfälle auf dem neusten Stand zu bleiben, empfehlen wir die SiBa-App, die Verbraucher über für sie tatsächlich relevante Bedrohungen der digitalen Sicherheit informiert“, erklärt Littger unkomplizierte Schutzmaßnahmen, die jede*r sofort umsetzen kann.
Über aktuelle Empfehlungen digitaler Sicherheit können Bürgerinnen und Bürger sich außerdem im BSI-Grundschutz-Kompendium informieren. Das rät übrigens in seiner erst kürzlich aktualisierten Ausgabe davon ab, Passwörter häufig zu ändern. Entgegen jahrelang propagierter Empfehlungen sollten Passwörter nur noch geändert werden, wenn die Befürchtung bestehe, sie könnten in fremde Hände geraten sein. Ebenso wurde die Verpflichtung aus dem entsprechenden Kapitel gestrichen, feste Regeln für Länge und Komplexität vorzuschreiben. Grund sei die Annahme, dass solche Regeln eher schaden als nützen, schreibt Heise Security, die als erstes über die Änderung im Kompendium berichteten. So führe das regelmäßige Ändern eher dazu, „dass man schwache Passwörter benutzt und diese beispielsweise nach einem Schema (geheim1, geheim2,…) erzeugt“.
Digitale Sicherheit für Medienschaffende
Für Journalistinnen und Journalisten sind Online-Sicherheit und geschützte Kommunikation besonders wichtig. Sie sind darauf angewiesen, ihre Quellen und ihre Recherchen vor Überwachung zu schützen. Und sie müssen sich zudem verstärkt mit Bedrohungen wie Hassrede oder dem sogenannten Doxing auseinandersetzen, der Veröffentlichung privater Informationen wie Telefonnummern, Chatverläufe, Anschriften, Dokumente oder Bilder im Netz.
Mit dem digitalen Helpdesk für Medienschaffende hat Reporter ohne Grenzen (ROG) deshalb im vergangenen Sommer ein kostenloses Informations- und Trainingsangebot für Online-Sicherheit eingerichtet. Das bietet neben Infos zu Themen wie Verschlüsselung, Anonymisierung, Account-Sicherheit und dem professionellen Umgang mit Hassrede und Falschnachrichten auch ein interaktives Tool, mit dem User ihre eigenen Bedrohungsszenarien ermitteln können und automatisch auf passende Gegenmaßnahmen hingewiesen werden.