Schleichwerbung hält an

Presserat sprach 13 öffentliche Rügen aus

Die Beschwerdeausschüsse des Deutschen Presserats haben 13 öffentliche Rügen ausgesprochen, acht davon richteten sich gegen Schleichwerbung und das Trennungsgebot. Insgesamt wurden 108 Beschwerden behandelt, fünf davon galten dem Redaktions­datenschutz.

Gleich zwei öffentliche Rügen erhielt die Zeitschrift TV Hören und sehen für Artikel über medizinische Themen. Darin wurde auf konkrete Produkte jeweils eines Herstellers hingewiesen und die Homepages der Pharmazieunternehmen genannt. Damit verstieß die Zeitschrift gegen den Pressekodex, der in Ziffer 7 Richtlinie 2 Schleichwerbung brandmarkt .
Die Nordwest-Zeitung hatte ausführlich darüber informiert, dass in einer großen Marktkette erstmals Pkw zum Kauf angeboten wurden. Angegeben waren die Preise der Fahrzeuge sowie der Link für Bestellungen. Bild hatte unter Angabe von Preisen über das erstmalige Angebot von Reisen durch einen Lebensmitteldiscounter berichtet und dabei auf telefonische Bestell-Hotline und Webseite hingewiesen.
Die Zeitschrift go longlife! veröffentlichte einen schwärmerischen und lobenden Beitrag über das touristische Reiseziel Sultanat Oman. Dazu wurde eine Anzeige des Sultanats gestellt. Ebenfalls Schleichwerbung erkannte der Ausschuss in einem Artikel der Zeitschrift Sugar, in dem Fitness-Tipps gegeben wurden. Auf einem Foto hielt ein Model eine Getränkeflasche mit dem Namen eines bekannten Herstellers in der Hand.
Der Kölner Stadt-Anzeiger wurde we­gen der Einfluss­nahme geschäftlicher Interessen Dritter auf einen redaktionellen Artikel gerügt. In einem Gastbeitrag hatte der Inhaber einer Hotelkette ein Hotel an der Côte d‘Azur in höchsten Tönen gelobt, was er kurz darauf selbst übernommen hat (Ziffer 7 Pressekodex).
Öffentlich gerügt wurde RTV unter anderem wegen Verletzung des Trennungsgrundsatzes. Die Zeitschrift hatte in einem Artikel eine Parkinson-Heilmethode unter Angabe falscher Tatsachen werbend dargestellt. Gleichzeitig wurden durch die Darstellung nicht belegter Behandlungserfolge unbegründete Hoffnungen auf Heilung bei Erkrankten geweckt (Ziffer 14 Pressekodex).
Öffentliche Rügen gingen an den Schwarzwälder Boten und das Motorradmagazin PS wegen Verstoßes gegen die journalistische Sorgfaltspflicht nach Ziffer 2. Die Dresdner Morgenpost und die ­Münstersche Zeitung erhielten öffentliche Rügen weil sie Persönlichkeitsrechte verletzten (Ziffer 8 Richtlinie 1 Pressekodex). Wegen Verstoßes unter anderem gegen die wahrhafte Berichterstattung (Ziffer 1) kassierte die Bild-Zeitung eine Rüge für einen Artikel, der sich mit der Nutzung eines Hauses als Heim für schwererziehbare Kinder und der Bürgerbewegung gegen dieses Heim befasste.
Alljährlich beschäftigt sich der Presserat mit einer eingereichten Sammelbeschwerde des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma. So lagen ihm aktuell 51 in Serienbriefen abgefasste Beschwerden gegen diverse Medien wegen angeblich diskriminierender Beiträge vor. Nachdem 21 Fälle bereits im Vorverfahren als offensichtlich unbegründet bewertet und weitere 2 vom Zentralrat zurückgezogen worden sind, waren noch 28 Fälle zu behandeln.
Die Ausschüsse erkannten zwei Beschwerden für unbegründet, weitere 17 für begründet. Sie sprachen dazu sechs Missbilligungen und fünf Hinweise aus, bei sechs Beschwerden verzichteten sie auf eine Maßnahme. In weiteren neun Fällen zog der Zentralrat die Beschwerden zurück, da er sich mit den beteiligten Zeitungen offenbar auf korrigierende Artikel verständigt hatte. Die vom Zentralrat immer wieder geäußerte Behauptung, der Presserat komme seiner Pflicht zur Selbstkontrolle nicht nach, wies der Presserat ausdrücklich zurück. Die Beschwerde­ausschüsse beschäftigen sich jedes Jahr auf Veranlassung des Zentralrats mit großer Sorgfalt sehr ernsthaft mit den Vorgängen.

Deutscher Presserat / www.presserat.de

Weitere aktuelle Beiträge

Pseudo-Journalisten als Anstifter zur Hetzjagd

Es brauchte eine durch fremdenfeindliche Fakenews losgetretene Hetzjagd auf Einwanderer in Spanien, um etwas gegen rechtsradikale Agitatoren zu unternehmen, die auch die Arbeit im Parlament sabotieren. Nun kann ihnen die Akkreditierung entzogen werden. Gegen ihre Hetze im Internet wird jedoch nur zaghaft vorgegangen.
mehr »

Ein Zuschuss für Freie zur Altersvorsorge

Hauptberuflich freie Autorinnen und Autoren können vom Autorenversorgungswerk der VG Wort einen Zuschuss zu ihrer privaten Altersvorsorge erhalten. Die Regelungen dafür wurden im vergangenen Jahr erneut zu Gunsten von Selbstständigen verändert. Inzwischen kann der Zuschuss bis zu 10 000 Euro betragen und auch über das Rentenalter hinaus beantragt werden. Nach wie vor werden jedoch viele Ansprüche nicht wahrgenommen. M sprach darüber mit Karin Leidenberger vom Autorenversorgungswerk.
mehr »

Das Schicksal von Toshiko Sasaki

Als am 31. August 1946 das us-amerikanische Magazin „The New Yorker“ an den Zeitungskiosken auslag, verriet das Titelblatt in keinster Weise, welche Geschichte im Heftinneren auf den Leser wartete. Die Vorderseite des Einbands stammte wie so oft von dem New Yorker Künstler Charles E. Martin und zeigte eine friedliche Parklandschaft, in der Menschen spielen, tanzen oder spazierengehen. Drinnen aber entfaltete sich in einer Reportage mit dem Titel „Hiroshima“das  Grauen, das dem Abwurf der ersten Atombombe am 6. August 1945 über Japan folgte.
mehr »

Rechte Gratiszeitungen machen Meinung

In Ostdeutschland verbreiten kostenlose Anzeigenblätter zunehmend rechte Narrative – etwa der Hauke-Verlag in Brandenburg. Unter dem Deckmantel von Lokaljournalismus mischen sich Werbung, Verschwörungserzählungen und AfD-Propaganda. Möglich wird das auch wegen der Krise des Lokaljournalismus: Wo es kaum noch Medienvielfalt gibt, füllen rechte Angebote die Lücken.
mehr »