Schon entdeckt? Ernst

Info

Engagierte Medien abseits des Mainstreams gibt es zunehmend mehr. Sie sind hochinteressant, aber oft wenig bekannt. Deshalb stellt M in jeder gedruckten Ausgabe und auf M Online einige davon vor.

Wir haben nach wie vor den Männerblick, aber es ist spannend, den engen Fokus zu verlassen“, sagt Frank Keil, Gründungsmitglied des Magazins „ERNST“, das 2017 aus der „Männerzeitung“ hervorging. Der Name sei in Anlehnung an die deutsche „Brigitte“ oder die Schweizer „Annabelle“ gewählt worden, weil er mehr Wortspiele erlaube als andere Männernamen wie etwa Karl – „im Ernst“!

In jeder Printausgabe wird ein Thema literarisch-journalistisch beleuchtet. Das erste Heft 2021 mit dem Titel „15 Uhr“ dreht sich etwa um die dritte Stunde des Nachmittags, „der im schnellen Takt unseres Alltags verschwunden“ ist, so Chefredakteur Adrian Soller im Editorial. Es folgen Geschichten über die Kindheit vor dem Fernseher, ein verlassenes Bordell, Berichte aus Island und Indonesien. Neben dem Fokus gibt es zwei weitere Rubriken. Im Aufmacher zu „Gesellschaft und Geschlecht“ wird die Gender Care Gap thematisiert: wie Frauen und Männer putzen und unter „Sinn und Sinne“ erscheinen u. a. eine Liebesgeschichte und ein Interview zum Buch „Portrait“, der Geschichte eines schwulen Mannes.

Der Hamburger Journalist Keil gehört neben Chefredakteur Soller, Ivo Knill, Martin Schach und Anna Pieger zum Kernteam von „ERNST“. Außer ihnen würden etwa sechs weitere Kolleg*innen regelmäßig für das Magazin schreiben und fotografieren. Auf die Frage nach der Entlohnung sagt Keil: „Wir können uns hin und wieder ein Honorar zahlen.“ Alle verdienen ihren Lebensunterhalt als freie Journalist*innen bei anderen Publikationen. An „ERNST“ reizt sie, dass sie sich hier „ausprobieren, austoben“ können, so Keil: „Wir stehen nicht unter Aktualitätsdruck, haben keine Zeilenvorgaben, machen das, was wir interessant finden.“ Er selbst schreibt auch mal in der Ich-Perspektive.

Herausgegeben wird „ERNST“ vom Schweizer Verein „Männerzeitung“. Das Magazin finanziert sich über Inserate, aber vor allem – zu 90 Prozent – aus Einnahmen von Abos, die pro Jahr 50 Franken kosten. Es gebe zudem „treue Leser, die Ende des Jahres schon mal 1000 Franken überweisen“, so Keil. Etwa zehn Prozent der 1.500 festen Abonnent*innen stammten aus Deutschland. 500 Exemplare gingen an die Mitglieder des Herausgebervereins und der Rest werde verteilt – etwa bei Veranstaltungen. Die aktuelle Auflage beträgt 2.100, vor der Coronapandemie waren es 3.500. „ERNST“ habe eine große weibliche Leserschaft, sagt Keil und scherzt: „Frauen kaufen das Magazin und legen es ihren Männern hin.“ Das 60seitige Printmagazin gibt es auch zum Download im Internet. Im Herbst/Winter werde es zusammen mit dem Literaturhaus Thurgau eine Doppelnummer geben, verrät Keil. Titel: „Das Manuskript“.

 

 

Weitere aktuelle Beiträge

Safer reporting: Schutzkodex auf der re:publica

Das gesellschaftliche Klima ist eines der ganz großen Themen auf der diesjährigen Digitalmesse re:publica in Berlin. Auch Journalist*innen sind zunehmend Hass und Bedrohungen ausgesetzt – bei der Recherche, auf Demos oder in sozialen Medien. Das gefährdet nicht nur die Betroffenen, sondern auch die Pressefreiheit insgesamt.  Dagegen hilft der Schutzkodex.
mehr »

„Das Arbeitsklima ist extrem hart“

In der Nahaufnahme für das Jahr 2025 beschäftigt sich Reporter ohne Grenzen (RSF) unter anderem mit der deutschen Berichterstattung zum Gaza-Krieg nach dem Überfall der Hamas auf Israel. Von der Organisation befragte Journalist*innen sprechen über massiven Druck, Selbstzensur und erodierende journalistische Standards. Ein Interview mit Katharina Weiß, Referentin bei Reporter ohne Grenzen Deutschland.
mehr »

AfD-Einstufung zwingt Rundfunkgremien zum Handeln

Das zunächst unter Verschluss gehaltene Gutachten des Verfassungsschutzes, welches zur Einstufung der Partei Alternative für Deutschland (AfD) als „gesichert rechtsextremistische Partei“ führte, wurde nunmehr durch Medien veröffentlicht. Innenminister Dobrindt ließ zunächst offen, inwiefern juristische Schritte gegen die Veröffentlichung geplant seien. Christoph Schmitz-Dethlefsen, für Medien zuständiges Mitglied im Bundesvorstand von ver.di, begrüßt, dass nun öffentlich über das Zustandekommen der Einstufung diskutiert werden kann.
mehr »

Schon entdeckt: Soli:Mag

SOLI:MAG ist das Magazin der DGB-Jugend, es ist 2024 hervorgegangen aus dem Newsletter Soli aktuell. Das Printmagazin-Format gab es zwischen 1949 und 1995 bereits. Zurzeit hat es 24 Seiten, entwickelt hat es die Design-Agentur 4S Design aus Berlin. Layout und Satz: Heiko von Schrenk. Redakteur ist der Berliner Journalist Jürgen Kiontke. Druck: DCM Druck Center Meckenheim GmbH. Erscheinungsweise: vierteljährlich. Es ist das einzige regelmäßig erscheinende Print-Magazin der Gewerkschaftsjugend.
mehr »