Signalwirkung

Bundesverfassungsgericht stärkt die Presse- und Meinungsfreiheit

Das Bundesverfassungsgericht hat unter dem Aktenzeichen 1 BvR 2477/08 eine Verfassungsbeschwerde des Redakteurs der Neuen Rheinischen Zeitung (www.nrhz.de) gegen ein Urteil des Landgerichts Berlin vom Juni 2007 für zulässig erklärt: Die Berliner Entscheidung habe den Kläger Peter Kleinert in seinem Grundrecht auf Meinungsfreiheit verletzt. Kleinert, der in den 70er Jahren auch stellvertretender dju-Bundesvorsitzender war, hatte auf der NRhZ-Webseite aus einem Schreiben des Berliner Prominenten-Anwalts Dr. Christian Schertz zitiert und ein Foto von ihm veröffentlicht.
Hintergrund der Verfassungsbeschwerde waren eine Einstweilige Verfügung und ein darauf folgender jahrelanger Rechtsstreit um das Buch „Der Bankier. Ungebetener Nachruf auf Alfred von Oppenheim“ von Werner Rügemer, über den die NRhZ gelegentlich berichtet hatte. Das Berliner Gericht hatte Kleinert unter anderem untersagt, aus einer E-Mail des Anwalts zu zitieren und sein Foto zu veröffentlichen. Die Richter sahen dadurch das Persönlichkeitsrecht des Rechtsanwalts Schertz beeinträchtigt. Dem widersprachen nun die Karlsruher Verfassungsrichter energisch.
Über den Einzelfall hinaus hat diese Karlsruher Entscheidung nach Auffassung des NRhZ-Anwalts Eberhard Reinecke Signalwirkung in der grundsätzlichen Auseinandersetzung um Persönlichkeitsrechte einerseits und Pressefreiheit andererseits. Die allzu einschränkende Bewertung zuungunsten der Pressefreiheit und zugunsten von Prominenten, vor allem von Gerichten in Hamburg und Berlin, dürfte damit weiter geschwächt worden sein, die Pressefreiheit wurde dagegen gestärkt. Eine umfangreiche Pressemitteilung zum Urteil findet sich unter http://www.bundesverfassungsgericht.de/pressemitteilungen/bvg10-021.html.

 

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Quartalsbericht liegt vor

Einen detaillierten Blick auf das Mediengeschehen gibt der neue Quartalsbericht. Er speist sich aus den Auswertung von Internetseiten, Zeitungen, Fachzeitschriften, Informationsdiensten, Verbands- und Unternehmenspublikationen. Im Frühjahr nun hat das Internet erstmals das Fernsehen als wichtigste Quelle für „News“ abgelöst. Die gedruckten Auflagen der Pressemedien gehen weiter zurück, die Digitalumsätze legen zu. Fest steht außerdem, Zeitungen erhalten keine Zustellförderung. 
mehr »

Tarifverhandlungen: Unfaire Forderungen

Für die zweite Tarifverhandlungsrunde mit der dju in ver.di hatte der Bundesverband Digitalpublisher und Zeitungsverleger (BDZV) ein Angebot zu Tariferhöhungen angekündigt. Doch der Verband legte am 25. Juli in Frankfurt am Main keine konkreten Zahlen vor. Die Tarifverhandlungen hatten am 27. Mai begonnen. Die dju in ver.di fordert zwölf Prozent mehr für Gehälter und Honorare. Damit soll der eingetretene Reallohnverlust ausgeglichen werden.
mehr »

Recherchen für die Demokratie

Die Uhr tickt – politisch und ökologisch. „Der Ton wird rauer, die Angriffe intensiver“, so NDR-Intendant Joachim Knuth im Begrüßungsgespräch mit Daniel Drepper, dem Vorsitzenden der Journalist*innenvereinigung Netzwerk Recherche (NR), die ihre Jahreskonferenz unter das Motto stellte: „Now is the time. Recherchen für die Demokratie“. Etwa 900 Teilnehmende trafen sich beim NDR Fernsehen in Hamburg zu Austausch und Debatte über die Rolle der Medien in Zeiten des politischen Rechtsrucks und der Klimakrise. 
mehr »

Renaissance einer Redaktion in Guatemala

Am 15. Mai 2023 stellte Guatemalas investigative Tageszeitung „elPeriódico“ ihr Erscheinen ein. Rund ein Jahr später sind die Köpfe hinter dem linken Leitmedium mit dem Online-Portal „eP Investiga“ wieder da. Die beiden Buchstaben eP erinnern an den alten Titel des Blattes, das sich dem Kampf gegen die Korruption verschrieben hatte. Offiziell gibt es keine Verbindung zur Familie Zamora und dem nach wie vor in Haft sitzenden Zeitungsgründer José Rubén Zamora. Allerdings tritt das investigative Portal für sein journalistisches Credo ein. 
mehr »