Solidarität mit Marlene und Matej

Kundgebung in Darmstadt für Marlene Förster und Matej Kavcic Foto: privat

Die Darmstädter Journalistin Marlene Förster wird in einer Einzelzelle in einen Bagdader Gefängnis festgehalten. Sie war am 20. April mit ihrem slowenischen Kollegen Matej Kavčič im nordirakischen Sinjar während ihrer journalistischen Arbeit verhaftet und zunächst verschleppt worden. Beide sitzen jetzt in einem Gefängnis des irakischen Geheimdienstes. Kolleg*innen und Freund*innen haben in Darmstadt den Solidaritätskreis „Free Marlene und Matej“ gegründet und erfahren immer mehr Unterstützung.

Die Journalisten waren mit einem Internationalen Presseausweis in den Irak eingereist. Sie recherchierten zu gesellschaftlichen Entwicklungen in Sengal nach dem durch die Terrormiliz des so genannten Islamischen Staats verübten Genozids an den Jesidinnen und Jesiden im Jahr 2014. Für ihre Dokumentationsarbeit führten Förster und Kavčič Interviews mit Vertreter*innen verschiedener zivilgesellschaftlicher Organisationen und Institutionen in der Region, beispielsweise zu den Strukturen der Autonomieverwaltung im Sengal. 

„Verlässliche Informationen über den Haftgrund hat auch Försters Anwalt Jannik Rienhoff bisher nicht. Zunächst habe es geheißen, es gäbe Probleme mit dem Visum der beiden Journalisten. Später sei ihnen Unterstützung der kurdischen Arbeiterpartei PKK durch ihre Arbeit vorgeworfen worden. „Aber etwas Schriftliches aus Bagdad haben wir noch nicht. Es ist jedoch keine Überraschung, dass Berichterstattung aus der Region gerade in der aktuellen Situation kriminalisiert wird“, erklärt der Rechtsanwalt. Damit bezieht er sich auf die Angriffe türkischer Militärs und irakischer Milizen auf die kurdische Selbstverwaltung im Norden des Iraks Ende April. Diese hatten wegen des Krieges in der Ukraine weltweit wenig Aufmerksamkeit erfahren. Zumal nur wenige Medienvertreter*innen vor Ort seien.  Die Verhaftung von Förster und Kavčič könne auch als Warnung an die Berichterstattenden verstanden werden, so Rienhoff. 

„Journalismus ist kein Verbrechen“ 

Nach der Gründung des Solidaritätskreises „Free Marlene und Matej“ wächst die Unterstützung täglich. Eine Petition für die Freilassung der beiden wurde auch von zahlreichen Politiker*innen unterzeichnet. In verschiedenen Städten gab es Solidaritätskundgebungen. Auf Plakaten war zu lesen: „Für Pressefreiheit weltweit: #FreeMarleneAndMatej“, „Journalismus ist kein Verbrechen“ oder „Wir sind alle Marlene und Matej“. Auf einer Solidaritätsveranstaltung in Darmstadt  konnte Lydia Förster, die Mutter der Journalistin, berichten, dass sie von  ihrer Tochter aus dem Gefängnis angerufen worden sei. In den nächsten Tagen soll Marlene Förster auch erstmals von einen Vertreter der deutschen Botschaft im Irak und einem Anwalt besucht werden. Auf der Homepage des Solidaritätskreises wird über weitere Aktionen und den Stand des juristischen Verfahrens berichtet.


Aktualisierung am 20. Mai 2022

Marlene Förster und Matej Kavčič wieder frei

Die deutsche Journalistin Marlene Förster und der slowenische Journalist Matej Kavčič wurden nach einmonatiger Haft von den irakischen Behörden abgeschoben. Konkrete Vorwürfe liegen weiterhin nicht vor. Heute (20.5.22) werden beide in ihren jeweiligen Herkunftsländern ankommen, teilte Lydia Förster (Mutter der festgenommenen Journalistin Marlene) in einer Pressemitteilung mit.

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Radio Taiwan International: Informationen für alle

Radio Taiwan International (RTI) hält eines von wenigen deutschsprachigen Rundfunkangeboten der ostasiatischen Region bereit, ausfinanziert vom taiwanesischen Kulturministerium und mit einer Hörer*innenschaft in 144 Ländern. Warum RTI eine beachtenswerte und auch unabhängige  Informationsquelle darstellt, hat sich Danilo Höpfner vom M-Medienpodcast einmal genauer angehört.
mehr »

Zeichnen heißt Leben: Safaa Odah

Im politisch aufgeladenen Kontext des Gaza-Krieges ist die Presse- und Meinungsfreiheit eingeschränkt. Umso bemerkenswerter sind die Versuche von Autor*innen, den Fokus mit journalistischen Mitteln auf das Leid der Menschen zu lenken. Neben dem Westjordanland zeichnen auch in Gaza Künstler*innen Cartoons und Karikaturen gegen den Krieg. Zum Beispiel die junge Zeichnerin Safaa Odah. Martin Gerner hat sie online getroffen.
mehr »

Regionale Zeitungen bleiben wichtig

Für die Zeitungsfacetten-Studie der Score Media Group wurden 5000 Menschen befragt, welchen Wert regionale Zeitungen für sie haben. Das Ergebnis setzt ein wichtiges Zeichen in einer Zeit, in der es um regionale und lokale Blätter zunehmend schlechter bestellt ist.
mehr »

Vorbild für Musk & Co: Medienzar Hugenberg

Wie bereits vor über 100 Jahren Autokraten Einfluss über eine von ihnen kontrollierte Presselandschaft nahmen, hat Peter Heller in seinem neu aufgelegten Film "Der vergessene Führer" von 1982 über den Medienzar Alfred Hugenberg aufgearbeitet. Dieser erscheint zusammen mit einem Buch über den  Rüstungs- und Medienunternehmer.
mehr »