Besser-Wessi und Jammer-Ossi, Karrierefrau und Softi, Junge Alte, schwuler Frisör und türkische Putzfrau – das sind „Bilder in unseren Köpfen“, die großenteils medial erzeugt oder vermittelt sind und gesellschaftliche Folgen haben. Die Salzburger Kommunikationswissenschaftlerin Martina Thiele gibt erstmals einen umfassenden Überblick über die kommunikationswissenschaftliche Stereotypen- und Vorurteilsforschung und regt zum Nachdenken darüber an, wie Medien zum Abbau stereotyper „Bilder in unseren Köpfen“ beitragen können.
Wissenschaftlich differenziert, gesellschaftskritisch und medienbezogen definiert Thiele Stereotype als soziale Konstrukte und ihre Vermeidung als „gesamtgesellschaftliche Aufgabe“, wobei Journalist_innen eine besondere Verantwortung haben. Sie analysiert, wie Stereotype zu Nation, Ethnie, Geschlecht, Religion, Alter und Beruf in welchem gesellschaftlichen Umfeld erforscht wurden. Ein Ergebnis: Dass „Islam“ häufig im Kontext von Gewalt und Terroranschlägen thematisiert wird, hänge mit Nachrichtenwerten wie Aktualität und vor allem Negativismus zusammen. Ausgeblendet bleibe das „Normale, Alltägliche, Positive“. So gelte es, die gängige Form der Nachrichtenauswahl zu hinterfragen, um Diskriminierungen zu vermeiden.
In der Berichterstattung zu Nation bzw. Ethnie stellt Thiele in den vergangenen zwei Jahrzehnten dagegen einen „Qualitätsschub“ fest: mehr Journalist_innen mit Migrationshintergrund, ein sensiblerer Sprachgebrauch („Asylsuchende“ statt „Asylanten“) und negative Stereotype werden durch positive ergänzt. Dennoch warnt sie mit Blick auf Bilder von den „Griechen“ in der Eurokrise, „unreflektiert Problemdefinitionen der Politik und Wirtschaft sowie deren Vokabular zu übernehmen“. Fazit: Das Buch erweist sich als Pflichtlektüre für Wissenschaftler_innen und Fundgrube für Medienpraktiker_innen, die sich um eine verantwortungsethische Berichterstattung jenseits stereotyper Bilder bemühen!