Tele-Taylorismus im Call Center

… und seine Überwindung im Zeitungsverlag

Call Center werden zunächst für Vertriebsaufgaben (aus-) gegründet, um Vertrieb, Anzeigenannahmen und Abonnentenservice günstiger zu gestalten.

Jeder ist davon überzeugt, dass ausgerechnet seine Arbeit sich nicht standardisieren lässt. Je kreativer die Arbeit, um so weniger scheint wahrscheinlich, dass Computer, Produktionssoftware und Telefonanlage die eigene Arbeit bereits wie ein Drehbuch strukturieren. Das haben Börsenmakler, Techniker, Systemanalysten, Banker und Manager auch gedacht. Heute sitzt der „Banker light“ als Wertpapierberater am Telefon und berät Kunden. Über die eingesetzte Call Center-Technik wird seine Leistung in Maßzahlen sichtbar: der „gläserne“ Mitarbeiter ist Realität.

Was versprechen sich Zeitungsverlage vom Call Center. Hier zwei Beispiele:

  • Axel Springer Verlag
    Das Ziel der AS Direkt ist eine minimale Kostenersparnis von 30%, und eine effizientere Organisation durch die Zusammenlegung von Abo, Vertrieb und Telemarketing.
  • „Süddeutsche Zeitung“
    Ein Hauptziel ist der Versuch, wegzukommen von der bloßen reaktiven Anzeigenannahme und hin zu mehr Anzeigenverkauf und Kundenberatung, d.h. Abo-Verkauf (Test-Abo für Anzeigenaufgeber, etc.).

Und das haben alle Verlage vor oder machen es bereits: von der „Lübecker Zeitung“ zur „Mainpost“ (Call Center in geplanter Ausgründung), von der „Mittelbayerischen“ (Ausgründung) bis zur „Mitteldeutschen Zeitung“ (Ausgründung). Zur telefonischen Anzeigenannahme werden hinzukommen Werbung (Tele-Marketing) oder Dienstleistung für andere Unternehmungen. Und damit nicht genug: die Call Center – man traut der eigenen Planung und Kalkulation nicht – sollen insbesondere noch mehr Profit bringen, indem man für andere Vermittlungsaufträge übernimmt oder sich gleich als Dienstleistungscenter auslegt und dimensioniert. Und dann werden – befindet man sich innerhalb eines Konzerns – vom Buchverkauf über Clubwerbung per E-commerce mit angeschlossenem Call Center alles abgewickelt, was in die Wertschöpfungskette hineinpasst. Ob der Bedarf für Dienstleistungen soviel ausgegründeter Call Center vorhanden ist, lässt sich mit guten Gründen sehr stark bezweifeln.

Kundenservice begrenzen:
Einseitigkeit macht schneidig für den Zweck

Kundenservice heißt zukünftig, dass „standardisierte Angebote“ als individuelle Dienstleistung beworben werden. Angebote werden also von der Breite und Bearbeitungstiefe eingeschränkt, aber dafür soll die Erreichbarkeit steigen. Der Service wird derart reduziert und standardisiert, dass er innerhalb von 2.30′ Minuten am Telefon bearbeitet werden kann. Die Direktbanken haben es uns vorgemacht, dass man durchaus nicht immer leicht erklärbare und beratungsintensive Produkte wie Anzeigen, Abonnements, Versicherungen, Kfz-Schutzbriefe und selbst Kreditkarten wunderbar und preiswert über das Telefon verkaufen kann.

Was der Kunde tatsächlich will, möchte niemand genau eruieren. Denn das könnte die Träume durchkreuzen. Denn der ältere Kunde beispielsweise möchte nicht nur telefonische Erreichbarkeit ohne Warteschleife, sondern auch auf eine Geschäftsstelle gehen können. Er will persönlichen Umgang, und keine unpersönliche Abfertigung. Kennt man seine Kunden wirklich? Oder will man nur die Jugend ansprechen? Was geschieht mit denjenigen, die gerade auf dem Land die Zeitungen abonnieren? Gibt es eine Kommunikationsanalyse oder entsteht die erst aufgrund einer Call-Center-Nutzung (und ist damit schon verfälscht)?

Stattdessen weiß man als Unternehmen, was man nicht machen möchte. Viele Geschäftsführer träumen von austauschbaren Leichtlohnplätzen im Call Center – ohne je die Kernprozesse zu analysieren. Um die Kosten senken zu können, muss man Standardangebote entwickeln, die von Kräften bearbeitet werden können, die nie eine Zeitungsproduktion von innen gesehen haben, die sich nicht mit Qualitätsnormen einer handwerklichen Arbeit beschweren, und die auch nur 2-3 Jahre am Telefon Dienst machen können, weil sie danach ausgebrannt sind.

Ausgegründeter Kundenservice der „Mitteldeutschen Zeitung“

Denn was wird den ganzen Tag gemacht: bei der Kleinanzeige beispielsweise in der „Mitteldeutschen Zeitung“ wird direkt während des Gespräches die Anzeige in ein Satz- und Drucksystem eingegeben. Innerhalb einer 40-sekündigen Nachbearbeitungszeit wird der Anzeigentext geprüft und freigegeben, so dass ein zusätzlicher Korrekturvorgang entfällt. Von 600 Anrufen für 22 Mitarbeiter mit einer 0180er-Nummer entfallen 40 Prozent auf die Anzeigenannahme und 60 Prozent auf den Vertrieb. Der Vertrieb kümmert sich um nicht angelieferte oder verloren gegangene Exemplare: Nachlieferung oder Gutschreibung ist hier die Entscheidungsfrage des Agenten. Entgegengenommen werden auch Nachsendewünsche, vorübergehende Abbestellungen, aber auch Kommentare und Reaktionen zu redaktionellen Beiträgen, die an den betreffenden Autor oder Redakteur weitergeleitet werden. Die Mitarbeiter arbeiten in 3 Schichten von 6.00 bis 20.00 Uhr. Nach 14 Tage Schulung gibt es „Training on the job“. Geplant sind Outbound-Aktionen, Fremdkundenwerbung und Internet-Lösungen. Dazu benötigt man allerdings mehr Personal. Aber für diesen Produktivitätssprung erhalten die Mitarbeiter vergleichbarer Unternehmen allerhöchstens lächerliche Prämien. Sie sollen zwar Mitunternehmer, aber keine Mitverdiener sein.

Mittlerweile kennen die Leser der „Mitteldeutschen Zeitung“ die Möglichkeiten, schneller und preisgünstiger an Kleinanzeigen zu kommen. Besonders Kontaktanzeigen boomen. Aber ist es genau dieses Anzeigengeschäft, auf das man in Zukunft baut? Sind gewerbliche Anzeigen nicht ebenso wichtig und zukunftssicherer? Und ist das Kleinanzeigengeschäft die große Kundenorientierung? Ist das der anvisierte Kundenservice – oder doch nur ein Bestandteil davon unter anderem? Ist das Anzeigengeschäft das Ziel der Leser-Blatt-Bindung? Ist erhöhter Umsatz durch „Kontaktanzeigen“ das vielgelobte Ziel des Kundenservice?

„Neue Zürcher Zeitung“:
Es geht auch „inhouse“

Es geht aber auch mit einer Inhouse-Lösung, wie sie die „Neue Zürcher Zeitung“ (NZZ) vorgemacht hat. Hier gab es drei Handlungswünsche:

  • Kosteneinsparung von fast einer halben Million Franken durch besseren Personaleinsatz
  • Verabschiedung von externen Dienstleistungs-Call Center, und
  • Integration der Call-Center-Technik in die bestehende EDV-Welt auf Basis von SAP/R3.

Ziel war eine höhere Produktivität um folgende Teilziele zu erreichen:

  • bessere Erreichbarkeit an Telefon, Fax und Email;
  • weniger Neueinstellungen von Personal durch bessere Integration aller Verarbeitungsprozesse (Sprache-/Daten durch alle Kundenkontaktkanäle per Internet-Protokoll [IP]).

Der Leserservice bewältigt durch moderne Technologie 1200 Anrufe pro Tag, 150 Faxe und 150 Emails. Höchstbelastung waren Spitzenzeiten mit 600 Anrufen pro Stunde. Die Inhouse-Lösung hat sich gelohnt: mittlerweile hat man eine exzellente Erreichbarkeit (Servicelevel 80/20), ist bei Geschäftsvorfällen up to date (früher hatte man bis zu 3 Wochen Arbeitsrückstau) und kann auf externe, teure Dienstleister verzichten. Die Geschäftsprozesse hat man im Leserservice vereinfacht und ist gegenwärtig an der Optimierung der dazugehörigen innerbetrieblichen Prozesse. Und 450000 Franken sind schon eingespart, die früher externe Dienstleister erhalten haben.

Die Anrufwegeschaltung im Call Center gestattet ausgefeilte „Leser-Blatt-Bindungsaktionen“ – und schon „sitzt“ der Redakteur im Call Center

Es ist nur noch eine Frage der Zeit, dass Call-Center-Funktionalitäten für das Event-Marketing in Redaktionen genutzt werden. Wenn das Marketing viel Geld ausgegeben hat für die berüchtigte Leser-Blatt-Bindung, dann muss diese Image-Kampagne sichtbar werden. Da der Redakteur aus Zeitgründen oft am Telefon recherchieren muss, kann man ihn für beliebte Telefonaktionen mit einem Knopfdruck in eine „virtuelle“ Anrufgruppe zuschalten und mit Lesern und Spezialisten für das jeweilige Thema, sei’s Parteispenden oder Rente, sei’s Tierschutz oder Bildungsmisere, trefflich „dialogische Kommunikation“ führen lassen.

Das gibt es schon heute: In der „Süddeutschen Zeitung“ ist unter der Rubrik „Szenario“ die Ansprechpartnerin in der Redaktion mit Fax- und Telefonnummer verzeichnet. Ebenfalls im Lokalteil steht unter den Beiträgen der Redaktion „Münchner Wirtschaft“ die Telefonnummer der Redaktion. Technisch ist ein „virtuelles“ Call Center mit Redakteuren „an der Strippe“ sofort möglich, und das wird als Zusatznutzen von Unternehmensberatern auch verkauft.

Visionen, dass man dies zusammen mit dem lokalen Hörfunk in ein Sendeformat bringt, liegen längst auf dem Tisch. Warum dann nicht unter jeden zweiten Artikel die Telefonnummer des Redakteurs schalten (die nach der Telefonaktion auf eine Kopfnummer mit Ansage umgeschaltet wird)? Das muss nicht „life“ sein. Aufzeichnungsgeräte erlauben auch das Schneiden und zeitversetzte Abhören und Senden.

Warum soll der Leser nur mit dem Abo-Service-Mitarbeiter sprechen und seine neue Umzugsadresse diktieren dürfen. Das Motto wird heißen „Mein Redakteur gehört mir!“ und die individuelle Lesersprechstunde wird ein Bestandteil der Leser-Blatt-Bindung. Dafür kann man vielleicht ein paar Geschäftsstellen in den Landkreisen schließen.

Aber käme es gerade bei Lokalzeitungen nicht darauf an, aus dieser lokalen Verwurzelung Kapital zu schlagen, statt durch zentrale Call Center diesen Vorteil zunichte zu machen? Es kann doch nicht sein, dass der persönliche Kontakt zum Leser durch das Surrogat einer personalisierten Telefonkommunikation ausgelaugt und entkräftet wird.

Call Center sind ein Produktionskonzept der Rationalisierung

Call Center sind ein Produktionskonzept für Dienstleistungen, um die Kommunikation zwischen Unternehmen und Kunden effektiv und kostengünstig zu gestalten. Neu daran ist, dass in der Kombination von Technik und Organisation ein Weg gefunden wurde, die Massenabwicklung von Dienstleistungen entscheidend zu rationalisieren, die vorher in Sachbearbeitungsorganisationsformen bearbeitet wurden. In diesem Zusammenhang wird auch von der dequalifizierenden Industrialisierung der Dienstleistungsarbeit gesprochen. Ein gebräuchliches Stichwort ist: Taktarbeit in Auskunftsfabriken. Dabei wird oft diese Möglichkeit gewählt: man setzt dem Unternehmen eine – ausgegründete – Kundenkontaktorganisation vor, die alle Kundenkontakte bearbeitet. Die ersten Mitarbeiter holt man aus anderen Abteilungen zusammen. Während sie noch mindestens ein Jahr nach Betriebsübergang nach Tarif bezahlt werden, erhalten die „Neuen“ von Anfang an ein um mindestens 30 Prozent reduziertes Gehalt.

Arbeitsverdichtung und Stress sind Tagesgeschäft

Der Agent ist Anhängsel der ACD-Verteilung und getrieben vom Kundenanruf. Die Anwesenheit und Pünktlichkeit aller Arbeiten wird auf die Sekunde genau registriert. Es ist kein „Verschnaufen“ möglich. Immer gibt es die Warteschlange; niemals ist etwas abgearbeitet, so dass man sich befriedigt zurücklehnen kann. Man sieht nicht, was man bearbeitet hat: Gespräche sind unsinnlich und nicht fasslich. Die Gefühlswirkungen der gesprochenen und erlebten Sprache am Telefon, auch schlechte Gefühle können nicht nach dem Gespräch verarbeitet werden, da schon das nächste „wartet“. So ist der Zweck aller Tätigkeit auf das nächste Gespräch gerichtet und man bewegt sich in der Arbeit eng und ohne weiteren Horizont. Gegen die repetitive Arbeit (arbeitsschrittiges Eingrenzen, Vereinfachen, Herstellen von Eindeutigkeit, Wiederholbarkeit, Standardisierbarkeit) wehrt man sich lediglich mit Hilfsargumenten: ich wiederhole zwar alles, aber der Inhalt jedes Gesprächs ist anders, weil der Kunde anders ist.

Training und Schulung zur Dequalifizierung

Es gibt kein Lernen, sondern nur „Anlernen“, und immer wichtiger wird „Doing on the job“. Wo es keine richtige Erfahrung gibt, die als Handwerk stolz weiterzugeben ist, da wird die Identifikation mit dem Unternehmen und der Arbeit gering. Die „Instantkundenberatung“ fördert Erfahrungsverlust, wo in zwei Wochen bloße Geschicklichkeit, Rhetorik für Reklamationsbehandlung und Tricks zu Fach- und Systembedienung, gelernt werden. Wenn es Verantwortung nur im punktuellen Gespräch des Agenten mit dem Kunden gibt, da wird keine Verantwortung aufgebaut für Geschäftsprozesse, oder etwa weitergehende Kompetenz, Übersicht und Entscheidungsmöglichkeit.

Agentenpersönlichkeit wird mitverkauft

Die emotionale Beanspruchung durch die Anforderung, mit der Stimme zu „lächeln“, verursacht Stress. Beim Call-Center-Agenten wird Humor, Freundlichkeit, Verständnis, d.h. seine soziale Kompetenz als Dienstleistung vom Unternehmen an den Kunden mitverkauft. Früher wurde aus dem Mensch beim Eintritt ein Mitarbeiter mit Pflichten und Arbeitsordnung. Heute wird aus dem Mitarbeiter wieder ein Mensch gemacht, der mehr soll als die Arbeitsordnung und die Anordnungen seines Chefs zu befolgen. Das „Menschsein“ durch Freundlichkeit, Entgegenkommen, Mitfühlen mit dem Kunden etc. wird als professionelle „Rolle“ ein verkäufliches Produkt.


  • Kontakt:Eckart Menzler-Trott arbeitet als Sachverständiger für Betriebsräte und ist erreichbar über:
    Heinestraße 6, D-85354 Freising, Telefon 08161/ 871390, Telefax: 08161/871391, eMail: Eckart.Menzler-Trott@t-online.de


    Verbesserungen

    Wege zur Mitarbeiterzufriedenheit: Kompetenz, Autonomie und Anerkennung fördern

    Betriebswirtschaftlich rechnen sich konkret greifbare objektive Verbesserungen, die vom Mitarbeiter auch als Anerkennung seiner Individualität akzeptiert werden. Mitarbeiter wünschen sich geregelte Arbeitsbedingungen und im Konfliktfall geregeltes Mediations- und Konfliktmanagement. Geregelte Arbeitsbedingungen dabei sind beispielsweise:

    Arbeitsumfeld:

    • Keine Ausgründungen zulassen
    • Fairen Arbeitsvertrag ohne Knebelungen und Aushebelung von Rechten abschließen
    • Keine Funktions-, sondern Territorialarbeitsplätze (fördern Heimat- und Verantwortlichkeitsgefühl), abschließbarer Teil am Arbeitsplatz für persönliche Dinge (auch Headset, etc.).
    • Individuelle Verschönerungen zulassen
    • Keine Spindwände einrichten
    • Entspannungsmöglichkeiten fördern (ratschen, nicht nur Kaffeeetrinken, befördert nachweislich die Produktivität)
    • Gute Lichtverhältnisse.
    • Im Übrigen sollte die Einhaltung aller EU-Richtlinien, gesetzlichen Vorschriften zu Gesundheit, Ergonomie und Arbeitssicherheit selbstverständliche Pflicht gegenüber allen CC-Mitarbeitern sein.

    Arbeitsorganisation:

    • Mischarbeit fördert Qualität und senkt die Fluktuationsquote
    • Einhaltung von Pausen und intelligente Pausenregelungen fördern die Produktivität
    • Bearbeitungstiefe vergrößern, Bearbeitungsbreite vergrößern, dadurch wird die Arbeit abwechslungsreicher und interessanter
    • Individuelle Einstellung der Nachbearbeitungszeit zulassen
    • Warteschleife dynamisch nach Anzahl der eingeloggten Agenten dimensionieren. Wer ereignisgetrieben ohne Übersicht die Ausnahme zur Regel macht (volle Warteschlangen, blinkende Anzeigen, immer zu wenig Agenten), der handelt betriebswirtschaftlich irrational.
    • Echte Teamarbeit fördern
    • Mittelständische Arbeitgeber verhindern eine hohe Fluktuationsquote durch die Vielseitigkeit der angebotenen Tätigkeiten in ihrem Haus und bilden auch aus und erhöhen damit die Mitarbeiterzufriedenheit. Wer beispielsweise während oder nach seiner Tätigkeit als Agent eine Ausbildung als Werbekaufmann durchlaufen kann, wird länger als 2-3 Jahre in dem Unternehmen bleiben und anschließend auf einen wirklichen Erfahrungsschatz zurückblicken können.

    Arbeitszeit

    • Viele verschiedene Arbeitszeitmodelle anbieten
    • Je individueller auf Arbeitszeitwünsche eingegangen wird, um so geringer ist Abwesenheits- und Krankheitsquote
    • Grundregeln beachten: Freizeitblock und Arbeitsblock trennen – keinesfalls mischen, drei freie Wochenenden im Monat sicherstellen, Einsatzplan für möglichst großen Zeithorizont berechenbar machen.

    Qualifizierung

    Einarbeitungs-, Schulungs- und Trainingskonzept professionell vorstellen, installieren und durchführen. Wenn die eigenen Ressourcen nicht ausreichen, sich um Fremdfirmen bemühen. Für jeden Mitarbeiter im Voraus die Qualifikations-, Weiterbildungs- und Personalentwicklungszeit individuell festlegen und im Personaleinsatzplan berücksichtigen.

    Entlohnung

    Leistungsbezogene Entlohnung ist zwar in Mode, erfordert in der Durchführung, Beobachtung und Abwicklung aber viele Ressourcen, d.h. Aufwand, Zeit und Geld. Es produziert viele Verlierer und wenige Gewinner, die nicht Vorbild sein können (oder sie führen die Gewinner in einem eigenen Team zusammen). Geben sie allen mehr Grundlohn und die Arbeit wird insgesamt besser erledigt. Merke: Die differenzierte Koppelung von Lohn- und Gehaltsstrukturen mit individuell nachweisbarer Einzelleistung ist lediglich auf Teamebene interessant. Deshalb ist eine Gruppenstruktur mit Vergabe von Teamprämien der einzige Weg, um viele „Gewinner“ zu produzieren. Mitarbeiter wünschen oft eine an die individuelle Leistung gekoppelte Bezahlung, wenn sie sich auf andere Weise nicht anerkannt und wichtiggenommen fühlen. Dem muss man entgegentreten.

    Leistungskontrolle

    • Wenn Qualitätskontrolle sein muss, dann den Zweck deutlich machen und fokussieren.
    • Gesprächscoaching nicht durch disziplinarische Vorgesetzte durchführen lassen, sondern möglichst nur durch externe Trainer oder Trainer aus anderen Abteilungen bzw. Personalentwicklung.
    • Beurteilungsgrundsätze unter Mitarbeit aller Betroffenen im Vornherein für alle verbindlich festlegen.
    • Keine individuelle Kontrolle von persönlichen Telefoniezahlen dulden.
    • Für Betriebsvereinbarungen immer einen Sachverständigen hinzuziehen. Nicht nur Technik, sondern auch die Ablauf- und Aufbauorganisation erfordern Durchblick und Wissen, das oft nur Spezialisten haben.

    Fazit

    Unter dem Stichwort „Kundenorientierung“ werden klassische Sachbearbeitungstätigkeiten (vor allem in Telefonischer Anzeigenannahme, Vertrieb, Reklamationen, Marketing, etc.) verschlankt und derart optimiert, dass sie durch Telearbeitsplätze in Call Centern zu bearbeiten sind. Die Funktionalitäten der Call-Center-Technik werden in absehbarer Zeit dabei auch im Rahmen einer Leser-Blatt-Bindung auch in den Redakteursalltag eingreifen. Deshalb ist eine intensive Beschäftigung mit der Problematik nötig. Für alle gilt: Tariflich geregelte Arbeitsbedingungen liefern Sicherheit, Flexibilität und hohe Qualität für alle Call Center im Medienbereich in Deutschland und sichern damit feste Arbeitsplätze. Mitarbeiterzufriedenheit ist die Grundlage für Qualität und Kundenzufriedenheit.


    Literatur:

    Ottmar Dürotin und Hugo Waschkeit, Arbeit in Call Centern human und produktiv gestalten, erscheint im Sommer 2000:

    Eckart Menzler-Trott und Markus Hahnel (Hg.), Call Center Evolution von eCommerce zu eResponsibility. Strategische Wertsteigerung durch effizientes und faires Kundenbeziehungsmanagement. Verlag C.H. Beck/Vahlen. München 2000.

    Amela Isic, Arbeit im Call Center – psychisch belastend!, S. 12-17, in: Computer Fachwissen 10/99

    Christine Meier, Betriebs-/Dienstvereinbarungen als Regelungsinstrument, erscheint im Sommer 2000 in Eckart Menzler-Trott und Markus Hahnel (Hg.), Call Center Evolution von eCommerce zu eResponsibility. Strategische Wertsteigerung durch effizientes und faires Kundenbeziehungsmanagement. Verlag C.H. Beck/Vahlen. München 2000.

    Eckart Menzler-Trott: Ergonomische Gestaltungsprobleme im Call Center, in: Computer Fachwissen (12/98), S. 10-16, stark verändert nachgedruckt unter „Call Center: Psychische Belastungen entscheidend, S. 10-12, in: Arbeit & Ökologie – Briefe Nr.1, 13. Januar 1999 (Frankfurt am Main: AiB Verlag), abrufbar unter http://www.sozialnetz-hessen.de/ergo-online, in erweiterter Form auch in Eckart Menzler-Trott (Hg.), Call Center Lösungen. Wege zur profitablen Kundenkommunikation. IM Fachverlag: Ettlingen: Februar 2000

    Eckart Menzler-Trott, Einzelplatzauswertung – nicht nur im Call Center, in: Computer Fachwissen 1/00

    Karin Scherrer und Rainer Wieland, Belastung und Beanspruchung bei der Arbeit im Call Center: Erste Ergebnisse einer Interview-Studie und arbeitspsychologischen Belastungsanalyse. In: Kastner, M. (Hg.), Sicherheit und Gesundheit in Neuen Arbeitsformen. Maori-Verlag: Herdecke 1999

    Standardwerk: Eckart Menzler-Trott (Hg.), Call Center Management. Ein Leitfaden für Unternehmen zum effizienten Kundendialog. München: Verlag C.H. Beck 1999>

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