Empörung über zweites Urteil für „Rabaukenjäger“

Das Landgericht Neubrandenburg hat am 5. Februar eine Verurteilung wegen Beleidigung gegen einen Redakteur des „Nordkurier“ bestätigt. Kritiker sahen bereits im Urteil der ersten Instanz eine Missachtung der Pressefreiheit. Auch mit dem neuerlichen Spruch, den Chefredakteur Lutz Schumacher als „absurdes Urteil gegen die Meinungsfreiheit“ wertet, wollen sich weder Journalist noch Zeitung zufriedengeben.

Der Fall machte bereits im vergangenen Jahr bundesweit Schlagzeilen – auch, da der klagende Jäger nie presserechtlich gegen den „Nordkurier“ vorgegangen ist, sondern Strafanzeige gegen die Journalisten stellte. Der Redakteur hatte den Ückermünder Kläger, der ein bei einem Unfall getötetes Reh 100 Meter an der Anhängerkupplung seines Wagens über die Bundesstraße gezogen und dann vergraben hatte, im Juni 2014 wegen unwaidmännischen Verhaltens in einem Beitrag als „Rabaukenjäger“ bezeichnet. Dafür wurde er im Frühjahr 2015 vom Amtsgericht Pasewalk zu 1 000 Euro Geldstrafe wegen Beleidigung verurteilt. Ein folgender Kommentar des „Nordkurier“-Chefredakteurs löste zusätzlich einen Strafantrag der Staatsanwaltschaft aus, der aber mittlerweile fallengelassen wurde. Doch jetzt sah das Landgericht in Neubrandenburg in dem Artikel neuerlich keine Aussagen, die durch die Meinungsfreiheit gedeckt werden, sondern eine „maximale Verunglimpfung bei minimaler Beweislage“.

Das Urteil in der Berufungsinstanz ist noch nicht rechtskräftig. Der Fall dürfte jedoch nun das Oberlandesgericht Rostock beschäftigen. Als „völlig absurd“ und als „Versuch, die Presse zu diffamieren“, schätzt Cornelia Hass, Bundesgeschäftsführerin der dju in ver.di, das Vorgehen des Jägers ein: „Ich hoffe, dass der Journalist mit Unterstützung seiner Redaktion die Sache bis zum Ende durchstreitet und dass schließlich doch ein Urteil im Interesse der Pressefreiheit gefällt wird.“

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Wie ethisch kann KI berichten?

Ein ethischer Kompass ist angesichts zunehmender Desinformation immer wichtiger – für Journalist*innen, aber auch Mediennutzende. Positivbeispiele einer wertebewussten Berichterstattung wurden jüngst zum 20. Mal mit dem Medienethik Award, kurz META, ausgezeichnet. Eine Jury aus Studierenden der Stuttgarter Hochschule der Medien HdM vergab den Preis diesmal für zwei Beiträge zum Thema „Roboter“: Ein Radiostück zu Maschinen und Empathie und einen Fernsehfilm zu KI im Krieg.
mehr »

VR-Formate im Dokumentarfilm

Mit klassischen Dokumentationen ein junges Publikum zu erreichen, das ist nicht einfach. Mit welchen Ideen es aber dennoch gelingen kann, das stand auf der Sunny Side of the Doc in La Rochelle im Fokus. Beim internationalen Treffen der Dokumentarfilmbranche ging es diesmal auch um neue Erzählformen des Genres wie Virtual Reality (VR).
mehr »

Erneute Streiks bei NDR, WDR, BR, SWR 

Voraussichtlich bis Freitag werden Streiks in mehreren ARD-Sendern zu Programmänderungen, Ausfällen und einem deutlich veränderten Erscheinungsbild von Radio- und TV-Sendungen auch im Ersten Programm führen. Der Grund für den erneuten Streik bei den großen ARD-Rundfunkanstalten ist ein bereits im siebten Monat nach Ende des vorhergehenden Tarifabschlusses immer noch andauernder Tarifkonflikt.
mehr »

krassmedial: Diskurse gestalten

Besonders auf Social-Media-Plattformen wie TikTok und Telegram verbreiten sich rechtsextreme Narrative, die zur Polarisierung der Gesellschaft beitragen. Wie Journalist*innen dem entgegen wirken und antidemokratische Diskursräume zurückgewinnen können, diskutierten und erprobten etwa 70 Teilnehmende der diesjährigen #krassmedial-Sommerakademie von ver.di am Wochenende in Berlin-Wannsee.
mehr »