Unzufrieden im Traumberuf

Befragung von dju-Mitgliedern in München zur Gesundheitssituation von Journalisten

Das klischeehafte Bild vom kettenrauchenden, Alkohol trinkenden und immer gestressten Journalisten hält sich hartnäckig. Wie jedoch steht es um den Wahrheitsgehalt dieser Klischees?

„Könnte ein Traumberuf sein, wenn die Verantwortung, die man schließlich trägt, entlohnt würde …“, so beschreibt ein Befragter seine Einstellung zu seinem Beruf.
Um mehr über die Arbeitsbedingungen von Journalisten zu erfahren, wurden an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt mit der Diplomarbeit mit dem Titel „Macht der Journalistenberuf krank?“ sowohl psychische als auch physische Gesundheitsrisiken von Journalisten sowie deren Wechselwirkungen untersucht. Die Studie stützt sich auf eine postalische Befragung von 431 Mitgliedern der dju in München im Bereich „Presse“. 152 schickten den Fragebogen ausgefüllt zurück, damit betrug der Rücklauf 35 Prozent.
Die zentralen Ergebnisse der Studie: Die Arbeitszufriedenheit hat abgenommen, die hohen psychischen Belastungen werden jedoch als berufstypisch akzeptiert und nicht mit Genussmitteln kompensiert. Die Befragten haben kaum körperliche Beschwerden. Risikogruppen sind freie Journalisten und Frauen.
Die Journalisten würden trotz hoher Belastungen mehrheitlich ihren Beruf wieder ergreifen. Dennoch müsse sich einiges ändern. Am unzufriedensten sind sie mit der beruflichen Unsicherheit und der Bezahlung. Etwa ein Fünftel leidet unter hohem Burnout (völlige körperliche und seelische Erschöpfung – die Red.). Um die beruflichen Belastungen zu kompensieren, ist ein erholsames Freizeitleben wichtig. Jedoch gelingt nur etwa 50 Prozent der Befragten eine Trennung zwischen Berufs- und Privatleben. Dennoch hat über die Hälfte einen Partner und fast 80 Prozent haben mindestens ein Kind.
Die Befragten ernähren sich gesund, lediglich der Kaffeekonsum von durchschnittlich fünf Tassen täglich gilt als gesundheitsgefährdend. Sie rauchen weder überdurchschnittlich viel noch trinken sie mehr Alkohol als der Durchschnitt der Gesamtbevölkerung. Zwei von drei geben jedoch an, Kollegen mit Alkoholproblemen zu kennen. Allerdings hat nur etwa jeder Zweite die Fragen zum Alkoholkonsum beantwortet.
Frauen und freie Journalisten haben die höchsten Burnoutwerte und leiden am meisten unter der Arbeitsmarktsituation. So schreibt eine Befragte: „Für Journalisten wie mich: freiberuflich arbeitend, hat sich die Situation in den letzten Jahren extrem verändert. Meine Kollegen und ich sind nicht mehr durch zu viel Arbeit und zu enge Termine gestresst, sondern dadurch, dass es zu wenige Aufträge gibt und dass die Honorare nicht zum Leben reichen.“
Mit dieser Untersuchung kann zwar das weit verbreitete Klischee vom Journalisten als Alkoholiker und Kettenraucher ins Reich der Fiktionen verwiesen werden. Tatsache ist jedoch, dass der durch die momentane Arbeitsmarktlage bedingte Stress die Journalisten stark belastet. Damit sich ihre Lage ändert, müsste sich demnach in erster Linie die allgemeine wirtschaftliche Situation verbessern.

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Journalismus unter populistischem Druck

Journalismus steht unter Druck. Das machte auch die Würdigung von Maria Kalesnikawa mit dem „Günter-Wallraff-Preis für Pressefreiheit und Menschenrechte“ deutlich. Dieser wurde im Rahmen des „Kölner Forum für Journalismuskritik“ an sie verliehen. Klar wird auch hier: die Branche hadert generell mit ihrer Identität.
mehr »

Vernetzte Frauen im Journalismus

Sich als Frau in einer Branche behaupten müssen, in der Durchsetzungskraft und Selbstbewusstsein entscheidende Faktoren sind: Für Generationen von Journalistinnen eine zusätzliche Belastung im ohnehin schon von Konkurrenz und Wettbewerb geprägten Beruf. Angesichts dieser Herausforderung sind Netzwerke und solidarische Bündnisse von großer Bedeutung. Der Journalistinnenbund (JB) hatte hierbei seit seiner Gründung im Jahr 1987 eine Vorreiterrolle inne. Sein Anliegen: Geschlechtergleichstellung in den Medien erreichen.
mehr »

In den eigenen Räumen etwas bewegen

Stine Eckert forscht zu Geschlechterkonstruktionen in den Medien am Institut für Kommunikationswissenschaft an der Wayne State University in Detroit. Ihr Buch „We can do better“ versammelt  „feministische Manifeste für Medien und Kommunikation“. Mit Ulrike Wagener sprach sie für M über die Verbindung zwischen Universitäten und Aktivismus und die Frage, wo Medien und Medienschaffende etwas verändern können.
mehr »

Aktive Medien gegen Rechts

„Wie weiter?“ – unter dieser Fragestellung wollten am 7. Mai in der rheinland-pfälzischen Landesvertretung in Berlin Medienpolitiker*innen und Journalist*innen über „Visionen für eine demokratische Medienlandschaft“ diskutieren. Den Rahmen bildete das Roman Brodmann Kolloquium zum Oberthema „Rechtsruck in Europa! Ohnmacht der Medien?“ Anstelle von überzeugenden Visionen spiegelte die Debatte eher die Ratlosigkeit der Demokraten angesichts eines erstarkenden Rechtsextremismus.
mehr »