ver.di kritisiert Vorratsdatenspeicherung

Als „massiven und ungerechtfertigten Eingriff in die Grundrechte der Bürgerinnen und Bürger und in die Pressefreiheit“ kritisiert der stellvertretende Vorsitzende der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di), Frank Werneke, das Gesetzesvorhaben der Bundesregierung zur Vorratsdatenspeicherung.

„Hat die Regierung noch im Januar versichert, sie werde nach den Anschlägen auf die Satirezeitschrift Charlie Hebdo in Paris alles erforderliche tun, um die Arbeit von Journalistinnen und Journalisten und die damit verbunden Rechte zu verteidigen und zu schützen, konterkariert sie nun ihre hehren Ansprüche. Es ist zu hoffen, dass dieser Spuk ein schnelles Ende beim Bundesverfassungsgericht nimmt. Denn das Recht auf informationelle Selbstbestimmung und die hieraus erwachsenden datenschutzrechtlichen Grundsätze der Erforderlichkeit und der Datensparsamkeit vertragen sich schlicht nicht mit einer anlasslosen Speicherung auf Vorrat“, sagte Werneke.

Besonders Journalistinnen und Journalisten seien betroffen von der Datensammelwut der Regierung, kritisierte der ver.di-Vize den aktuellen Referentenentwurf. Danach sollen die Kommunikationsdaten aller Bürgerinnen und Bürger anlasslos erfasst werden. So ließe sich nachvollziehen, wer wann wo gewesen sei und mit wem gesprochen habe. Mittels der Auswertung so genannter Standortdaten könnten dann präzise Bewegungsprofile erstellt werden.

Eine Verwertung der erfassten Daten von sogenannten Berufsgeheimnisträgern soll nach den vorliegenden Plänen zwar nicht stattfinden. Doch wie das funktionieren solle, sei vollkommen unklar. Betroffene sollten zwar vor dem Abruf der Daten benachrichtigt werden, müssten sich dann allerdings als Berufsgeheimnisträger zu erkennen geben. „Medienschaffende, die sich outen müssen, gefährden aber damit auch immer ihre Quellen, was einen weiteren, inakzeptablen Eingriff in die Voraussetzungen für die grundgesetzlich geschützte Arbeit der Medien darstellt“, sagte Werneke.

Eine Absage erteilte Werneke auch den Regierungsplänen zur sogenannten Datenhehlerei, die Journalistinnen und Journalisten kriminalisierten: „Das Beschaffen und Zusammenstellen von Informationen und Daten aus diversen und zu schützenden Quellen, gehört unabdingbar zur journalistischen Recherche. Sorgfältige journalistische Arbeit ist keine Straftat, das muss im Gesetz deutlich werden“, forderte Werneke.

PM

Im Laufe der nächsten Monate wird unter dem Label „Freiheit statt Angst“gegen Vorratsdatenspeicherung in mehr als 30 Städten in Deutschland demonstriert. Die nächsten Termine sind der 30. Mai in Frankfurt und Berlin. https://freiheitstattangst.de

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Snowden und die große Datenmisshandlung

Zehn Jahre nach Beginn der bedeutenden Enthüllungen über die globale Überwachung durch Geheimdienste ist die journalistische Auswertung der von Edward Snowden bereitgestellten Dateien unbefriedigend. Große Medien haben sich dem Druck der betroffenen Regierungen gebeugt und die Auswertung der Dokumente abgebrochen oder sogar behindert.
mehr »

Journalistische Grenzgänger bei Funk

Die Reportage-Formate Y-Kollektiv, STRG_F, reporter, follow me.reports und Die Frage gelten als innovative Aushängeschilder des jungen öffentlich-rechtlichen Content-Netzwerks funk. Sie alle praktizierten eine sehr spezielle Form des Journalismus, die auf offenen 'Subjektivismus' und eine konsequente Personalisierung setze. Diese Merkmale bestimmten für viele ihren messbaren Publikumserfolg, seien aber auch immer wieder Anlass für scharfe Kritik, vermeldet die Otto Brenner Stiftung (OBS) anlässlich der Veröffentlichung ihrer Studie „Journalistische Grenzgänger. Wie die Reportage-Formate von funk Wirklichkeit konstruieren".
mehr »

Filmtipp: „Picknick in Moria“

Die litauische Regisseurin Lina Lužyte hat für ihren Dokumentarfilm über die Lage der Flüchtlinge in einem Lager auf der griechischen Insel Lesbos einen ungewöhnlichen Ansatz gefunden: Sie porträtiert den afghanischen Künstler Talibshah Hosini, der seit vielen Monaten mit seiner Familie in Moria lebt und seinerseits mit anderen Asylsuchenden einen Spielfilm über eine geflüchtete Familie dreht.
mehr »

Keine Zeitung in Alamogordo New Mexico

Die Stadt Alamogordo im südlichen New Mexico mag mit ihren Kettenrestaurants und leeren Parkplätzen nicht die schönste sein, doch die umliegenden Berge und gigantischen Halbwüsten machen den spröden Beton allemal wett. In der Militärstadt leben rund 31 000 Menschen. Holloman Air Force Base, eine Basis der Luftwaffe, ist der größte Arbeitgeber. Was Alamogordo nicht mehr hat, ist eine eigene Zeitung. Zumindest nicht im klassischen Sinne. In ganz New Mexico gibt es derzeit noch 36 Zeitungen.
mehr »