Kommentiert: Pro Quote – nur Mut!

Ganze sieben Chefredakteurinnen finden sich an der Spitze der 360 deutschen Tages- und Wochenzeitungen, nur drei der insgesamt zwölf Intendanten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks sind Frauen. Damit lässt sich das weibliche Führungspersonal in unseren Medien an zwei Händen abzählen und liegt sogar noch unter dem Durchschnitt in den anderen Branchen, der mit drei Prozent schon beschämend gering ist.


Die dju in ver.di sagt daher: Wir wollen mehr Frauen in den Führungspositionen der Medienwirtschaft. Sie unterstützt damit die Initiative Pro Quote. Mit der Initiative setzen sich Journalistinnen dafür ein, dass mindestens 30 Prozent der Führungspositionen in den Redaktionen im Laufe der nächsten fünf Jahre mit Frauen besetzt werden – und zwar auf allen Hierarchiestufen. Über hundert Unterzeichnerinnen schrieben einen Brief mit diesen Forderungen an Chefredaktionen, Verlage und Intendanten, darunter viele junge Frauen, die sagen, sie seien eigentlich immer gegen die Quote gewesen, aber ihre berufliche Erfahrung habe sie gelehrt, dass sie irgendwann ungeachtet ihrer Kompetenzen und Qualifikationen gegen die viel beschworene gläserne Decke stoßen und in der Redaktionshierarchie nicht mehr weiter kommen. In den vergangenen Wochen haben 3.000 weitere Männer und Frauen mit ihrer Unterschrift der Initiative Nachdruck verliehen. Es wäre schön, wenn es Pro Quote gelingt, ihre Forderungen durchzusetzen.

Bis zum Redaktionsschluss dieser M-Ausgabe gab es allerdings keine Anzeichen dafür, dass die Verlagsleitungen freiwillig nachgeben. Auch das deckt sich mit den Erfahrungen der vergangenen Jahre in anderen Branchen: Freiwillige Quoten setzen sich nicht durch. Deswegen ist jetzt die Politik am Zug: Weil Männer ihre Macht nicht teilen wollen – eine Studie des Bundesfamilienministeriums, die 2011 weitgehend unter Ausschluss der Öffentlichkeit publiziert wurde, belegt dies eindrucksvoll – brauchen wir eine gesetzliche Quote. Es ist zu hoffen, dass Initiativen wie Pro Quote oder die Berliner Erklärung zusammen mit dem Wissen um den Nutzen von gemischten Belegschaften und Frauen in Führungspositionen für Produktivität und Innovation den politisch Verantwortlichen den Mut geben, das einzig Richtige zu tun und per Gesetz eine Frauenquote einführen.

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Wahlsieg gegen die Pressefreiheit  

Angst und Verzweiflung. Das sind die Gefühle vieler Journalist*innen nach dem erneuten Wahlsieg des Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan (AKP) am Sonntag in der Türkei. Sind sie begründet? Was kommt als Nächstes auf die am Boden liegende Pressefreiheit zu? Und wie könnte es trotz allem weitergehen? Eine Kolumne aus Istanbul. 
mehr »

Keine Rezension: Noch wach?

Das Timing der Kampagne ist genial, die Publikation ein fast perfekt orchestrierter Marketing-Coup. Das Buch erscheint pünktlich zur Leipziger Buchmesse. Nur eine Woche zuvor veröffentlicht „Die Zeit“ die umstrittenen WhatsApp-Ergüsse von Springer-Vorstandschef Mathias Döpfner. Das höchst erfolgreiche Wochenblatt gehört zum Holtzbrinck-Konzern – ebenso wie der Verlag Kiepenheuer & Witsch. K&W, der jetzt mit einer Erstauflage von 160.000 Exemplaren den vermeintlichen „Schlüsselroman“ zu Springer, Reichelt und MeToo auf den Markt wirft. 
mehr »

Pressefreiheit in Zeiten von KI

Die Pressefreiheit ist ein hohes Gut in einer Demokratie – eine Binse, sollte man meinen.  Dennoch stehen Medienschaffende in Deutschland immer wieder im Kreuzfeuer pauschaler Kritik, werden angegriffen – verbal und nicht selten körperlich; erleben mangelnde Wertschätzung durch die eigenen Unternehmen, die Politik. Der Pressefreiheit ist das nicht dienlich. Dennoch lieben Journalistinnen und Journalisten ihren Beruf, sind sich ihrer Verantwortung bewusst, stellen sich neuen digitalen Entwicklungen, wollen sie mitgestalten. Aus diesem Grund verteidigt die Deutsche Journalistinnen- und Journalistenunion (dju) in ver.di die Pressefreiheit unermüdlich. Und der Kampf lohnt sich.
mehr »

Die FDP mit einem Dorn im Auge

„Modern, leistungsfähig, ausgewogen und transparent“ – so soll ein „glaubwürdiger öffentlich-rechtlicher Rundfunk“ beschaffen sein. Eine Zielvorgabe, die alle Freunde von ARD, ZDF und Deutschlandradio wohl problemlos unterschreiben könnten. Wenn allerdings ausgerechnet die FDP – wie auf dem Parteitag am vergangenen Wochenende geschehen – unter diesem Slogan rundfunkpolitische Vorschläge präsentiert, erscheint Vorsicht angebracht. Zu Recht. Die von den Liberalen beschlossenen „Reformschritte“ laufen in Wirklichkeit auf einen massiven Abbau und eine programmliche Strangulierung der Öffentlich-Rechtlichen hinaus.
mehr »