Editorial: Auch ein Medienkrieg

Bild: Shutterstock

„Senden auf allen Kanälen“ – so der Titel der aktuellen M. Im Fokus: Digital Publishing. Angesichts des Krieges in der Ukraine scheint das zunächst paradox. Aber als die M Redaktion das Schwerpunktthema konzipiert hat, konnten wir nicht ahnen, dass der Kreml tatsächlich so weit gehen würde. Bomben fallen, Hundertausende verlassen ihr Land, Menschen sterben, auch Journalisten. Mit unglaublicher Härte jenseits jeglicher Presse- und Meinungsfreiheit geht Putin gegen Medienschaffende vor, versucht sie mundtot zu machen. Es herrscht gnadenlose Zensur, Medien werden verboten, geschlossen, Journalist*innen fliehen aus der Ukraine und aus Russland.

Aber auch die Sicherheit von Korrespondent*innen im Kriegsgebiet wird abgewogen. ARD, BBC, CNN ziehen ihre Berichterstatter*innen aus Kiew ab. Russische Propaganda wird – zum Beispiel in Deutschland von RT Deutsch – nicht mehr zugelassen. Weltweit werden russische Inhalte auf Plattformen eingeschränkt, gelöscht … – es tobt auch ein Medienkrieg (S. 5–7).

An dieser Stelle schließt sich der Kreis zu unserem Titelthema. Denn Dank heutiger digitaler Möglichkeiten und hoher Einsatzbereitschaft von Berichterstatter*innen erreichen uns die Bilder aus der Ukraine. Alle digitalen Kanäle laufen nach wie vor heiß. Auch in der Berichterstattung über den Krieg und seine aktuellen internationalen Folgen zeigt sich die Notwendigkeit hoher Professionalität im journalistischen Beruf.

Generell bestimmt täglich das Tempo des Geschehens in Politik und Gesellschaft weltweit und auch hierzulande die Berichterstattung. Das Rezipieren verändert sich – vor allem bei jungen Menschen. Kein Weg führt mehr an Digital Publishing vorbei (S. 8/9). Künftige Journalist*innen müssen neue technische Kompetenzen sowie Fähigkeiten für Reflexion und Einordnung erlangen (S. 12/13). Kollaboratives Recherchieren bietet nicht zuletzt aufgrund digitalen Netzwerkens tolle Möglichkeiten, Themen hintergründig und mit hoher Reichweite zu verbreiten. M berichtet über ein erfolgreiches Projekt von Correctiv, an dem mehr als 100 Lokaljournalist*innen beteiligt sind (S. 18–20).

Dass gute Arbeitsbedingungen und angemessene Bezahlung für die Erstellung qualitativ hoher Medienprodukte eine Grundlage sind, ist für Gewerkschafter*innen eine Binse. Deshalb ist ver.di im ständigen Tarifkampf: erfolgreich bei den Agenturen Reuters und dpa picture alliance; noch auf dem Weg bei den Kinoketten, aber auch mit kritischem Ergebnis für Redakteur*innen an Tageszeitungen (S. 24/25). Beim Streamingdienst Netflix ist es ver.di und dem Bundesverband Schauspiel (BFFS) erneut gelungen, Gemeinsame Vergütungsregeln für alle beteiligten Kreativen an deutschen Filmproduktionen zu vereinbaren (S. 22/23).

Karin Wenk, verantwortliche Redakteurin

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Klimaprotest erreicht Abendprogramm

Am 20. August 2018, setzte sich die damals 15jährige Greta Thunberg mit dem Schild “Skolstrejk för Klimatet“ vor das Parlament in Stockholm. Das war die Geburtsstunde von Fridays for Future (FFF) – einer Bewegung, die nach ersten Medienberichten international schnell anwuchs. Drei Jahre zuvor hatte sich die Staatengemeinschaft auf der Pariser Klimakonferenz (COP 21) völkerrechtlich verbindlich darauf geeinigt, die Erderwärmung auf deutlich unter zwei Grad Celsius gegenüber dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen.
mehr »

Fakten for Future

Menschen jeden Alters machen sich Sorgen um die Zukunft unseres Planeten. Carla Reemtsma ist Klimaschutzaktivistin und Mitorganisatorin des Schulstreiks Fridays for Future („Klimastreik“) in Deutschland. Als Sprecherin vertritt sie die Bewegung auch in der medialen Öffentlichkeit. Wir sprachen mit ihr über Kommunikationsstrategien, Aktivismus und guten Journalismus.
mehr »

Games: Welcome to Planet B

Die Bürgermeisterin muss sich entscheiden: Soll zuerst ein Frühwarnsystem vor Springfluten eingerichtet oder neue Möglichkeiten zum Schutz vor Hitze geplant werden? Und sollen diese neuen Schutzmaßnahmen besonders günstig oder lieber besonders nachhaltig sein? Was wie Realpolitik klingt ist ein Computerspiel. Denn immer mehr Games setzten sich auch mit Umweltthemen auseinander.
mehr »

Neue Perspektiven für Klimajournalismus

Besondere Zeiten brauchen einen besonderen Journalismus – ein Motto, dass das im Juli gelaunchte deutschsprachige Medienprojekt „Neue Zukunft“ nicht aus werbestrategischen Gründen ausgegeben hat. Die Klimakrise und die Klimagerechtigkeitsbewegung erhalten in vielen Medien der Schweiz, Österreichs und Deutschlands ihrer Meinung nach nicht genügend Aufmerksamkeit. Gerade Gerechtigkeitsfragen erhöhen den Handlungsdruck im Zusammenhang mit den Folgen menschlichen Raubbaus an Ressourcen und Umwelt.
mehr »