Editorial: Kritische Bilanz und offene Forderungen

Karikatur: Gerhard Mester

„Für die meisten der von der Großen Koalition seit 2018 angepackten Gesetzesvorhaben und Projekte im Bereich Medien fällt das Urteil desaströs aus“, zieht „M Menschen Machen Medien 2/2021“ im aktuellen Fokus kritische Bilanz der letzten vier Politikjahre. Nehmen wir die Digitalisierung: „Versprechen und Wirklichkeit“ (S. 6 – 9) liegen hier weit auseinander. Die Pandemie hat die Defizite einmal mehr deutlich gemacht und gezeigt, dass Deutschland in der digitalen Infrastruktur international zurückhängt. Und die Regierung hinter ihren Ausbauplänen, räumt Jens Zimmerman (SPD) ein und ärgert sich, da das im Koalitionsvertrag vereinbarte Ziel nicht erreicht werde. Schwerpunkt der nächsten Wahlperiode müsse daher der flächendeckende Aufbau von vertrauenswürdigen Gigabit-Infrastrukturen sein (S. 13/14). „Krachend gescheitert“ sei nach quälend langen Debatten die Bundespresseförderung, moniert Margit Stumpp (Bündnis90/Die Grünen). Zu Recht, denn sie stärke nur „Verlage, die ohnehin über Marktmacht verfügen und profitabel sind“. Schwerpunkt einer künftigen Förderung solle der Lokal- und Regionaljournalismus sein, unabhängig vom Verbreitungsweg und vom Geschäftsmodell. Und natürlich staatsfern (S.12/13). Martina Renner (Linke) warnt vor einer Verharmlosung von Hassbotschaften und Drohungen und fordert, dass Journalist*innen besser gegen Angriffe geschützt werden. Das Gesetzespaket zur Bekämpfung von Rechtsextremismus und Hasskriminalität, das im April in Kraft getreten ist, sieht sie kritisch. Denn: „Wir haben ein Vollzugsdefizit und keine Gesetzeslücke.“ (S.15/16)

„ver.di wählt“ ist der Slogan der gewerkschaftlichen Kampagnenseite im Bundeswahlkampf. (https://
verdi-waehlt.verdi.de/) Erwartet wird von den Parteien und ihre Kandidat*innen, dass sie sich für einen gesellschaftlichen Wandel einsetzen, für eine Politik, die soziale Gerechtigkeit und Demokratie fördert, die Spaltung des Arbeitsmarktes und Raubbau an der Natur überwindet. ver.di-Kommunikations-Chefin Cornelia Berger bescheinigt der Bundesregierung, viele Hausaufgaben nicht gemacht zu haben. Mit Blick auf den Medien-, Kunst- und Kulturbereich benennt sie etwa das fehlende Pressauskunftsgesetz auf Bundesebene, das klare Bekenntnis zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk, eine bessere tarifliche Absicherung und mehr Mitbestimmung, das Vorgehen gegen Millionen befristet Arbeitsverträge und die bessere soziale Absicherung von Selbstständigen (S.10/11).

Kritisch bleibt immer noch das Verhältnis von Ost und West in Deutschland. Es mangelt an gegenseitiger Kenntnis und am Verständnis füreinander. Da hilft vielleicht die Würdigung der 75jährigen Geschichte der DEFA, die sich vor allem in der DDR „Zwischen Utopie und Realität“ bewegte (S.22/23).

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Neue Perspektiven für Klimajournalismus

Besondere Zeiten brauchen einen besonderen Journalismus – ein Motto, dass das im Juli gelaunchte deutschsprachige Medienprojekt „Neue Zukunft“ nicht aus werbestrategischen Gründen ausgegeben hat. Die Klimakrise und die Klimagerechtigkeitsbewegung erhalten in vielen Medien der Schweiz, Österreichs und Deutschlands ihrer Meinung nach nicht genügend Aufmerksamkeit. Gerade Gerechtigkeitsfragen erhöhen den Handlungsdruck im Zusammenhang mit den Folgen menschlichen Raubbaus an Ressourcen und Umwelt.
mehr »

Klimaleugnung in den Medien

Rechtspopulistische Bewegungen machen weltweit mobil gegen den Klimaschutz. Sie zeigen sich „skeptisch“ gegenüber dem Klimawandel und lehnen klima- und energiepolitische Maßnahmen ab. Ein Widerspruch: Obgleich „Klimaskepsis“ und die Leugnung des menschengemachten Klimawandels vielfach zentrale Positionen der politischen Rechten markieren, existieren auch gegenläufige Tendenzen in Bezug auf Umwelt- und Naturschutz. Denn auch Rechte waren stets in Umweltbewegungen zugegen. Das hat Tradition.
mehr »

Schwierige Neuanfänge für Exiljournalisten

Für Journalist*innen im Exil ist es schwer, in ihrem Beruf zu arbeiten. Gerade wenn sie aus Ländern kommen, die wenig im Fokus des öffentlichen Interesses stehen. „Ich gehöre zu den Privilegierten“, sagt Omid Rezaee im Gespräch mit M. Der heute 34-jährige ist 2012 aus dem Iran geflohen, weil er dort wegen seiner Berichterstattung verfolgt wurde.Um einer Gefängnisstrafe zu entgehen, floh er zuerst in den Irak und dann nach Deutschland. Hier lebt er seit neun Jahren und arbeitet als Journalist.
mehr »

Spaniens Justiz kämpft gegen Hetze im Netz

Spanischen Staatsanwälte verstärken ihre Ermittlungen zu Hassverbrechen in sozialen Medien. Denn Rechtsextreme und Rechtspopulisten hetzen zunehmend im Internet. Sie machen Stimmung gegen Zuwanderung, Pressevertreter*innen und einzelne Politiker*innen. Auch das Strafrecht soll daher verschärft werden. Doch das könnte gerade für Medienschaffende zum Problem werden.
mehr »