Editorial: Sozial und medial gespiegelt

Wieder neigt sich ein Jahr dem Ende zu und eine kleine Rückschau auf die Menschen, die Medien machen, scheint angebracht. Wird das, was sie bewegt und betrifft in M gespiegelt? Leider gelingt das nur zum Teil. Das verwundert nicht, die Branche ist in heftiger Bewegung, die Politik offenbar mitunter überfordert, Schritt zu halten. Der Stoff würde für ein Vielfaches an M reichen.

Die Finanzen leider nicht. Die soziale Wirklichkeit der Gesellschaft trifft auch viele Medienschaffende bis ins Mark ihrer Existenz. In der Redaktion häufen sich Anrufe von Selbständigen, die sich im Spagat zwischen Hartz und Honorar üben, die über zunehmende Auftragsrückgänge und Urheberrechtsverletzungen klagen. Andere hetzen auf dem medienpolitischen Parkett der Bundeshauptstadt, und sicher auch andernorts, von Termin zu Termin und rufen sich wenigstens noch ein: „Doch, es geht mir gut“, zu. Die Woche hat zu viele Arbeitsstunden, unregelmäßige Arbeitszeiten. Das betrifft auch jene, die noch einen festen Arbeitsplatz besetzen dürfen, längst nicht mehr überwiegend für ein Tarifgehalt. Ausgedünnte Redaktionen und Verlage gehen einher mit Arbeitsverdichtung. Betriebsräte kämpfen gegen lohnsenkendes Outsourcing in Presse und Rundfunk. Das digitale Zeitalter fordert seinen Tribut, durch erhöhte Anforderungen an Inhalteverantwortliche ebenso wie an Producer und Techniker. Letztere kommen in M mitunter zu kurz – eine Kritik, die mit ins nächste Jahr genommen wird.
Dennoch haben die in ver.di organisierten Medienleute und mit ihnen M gerade 2006 wieder versucht, den Blick zu schärfen für eine Qualitätsdebatte im Journalismus mit seinen Diskussionsfacetten Lesereporter, Innere Medienfreiheit, Selbstkontrolle, Medienkompetenz, Berufsbild…, über die Programme des öffentlich-rechtlichen Rundfunks oder die Filmproduktion. Medienprodukte und ihre Qualität sind ein Ergebnis von Teamarbeit! Was wäre schließlich M ohne sein gutes Layout, der Filmproduzent ohne die Könner an Kamera und Beleuchtung? Deshalb schließt der M-Reigen 2006 auch mit einem positiven Ausblick, einem „Geldsegen“ und dem Fokus auf die Wachstumsbranche Film in Deutschland (Titelthema) wohl wissend, um die sozialen Probleme der Filmschaffenden.
M wird mit ihrem kompetenten Team freier AutorInnen auch 2007 an den medialen Brennpunkten dran bleiben, freut sich auf Vorschläge und die konstruktive Kritik ihrer Leserinnen und Leser im neuen Jahr. Für ver.di wird 2007 ein Jahr der Konferenzen. Sie werden die Weichen für die Zukunft stellen. Die Gründung einer neuen starken Medienfachgruppe ist dabei ein Ziel. Der ver.di-Bundeskongress Anfang Oktober in Leipzig leitet dann die neue Legislaturperiode von ver.di ein.
Gesundheit und Erfolg wünscht die M-Redaktion allen für das kommende Jahr. Bis zur nächsten M, die leider erst im Februar erscheint!

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Fakten for Future

Menschen jeden Alters machen sich Sorgen um die Zukunft unseres Planeten. Carla Reemtsma ist Klimaschutzaktivistin und Mitorganisatorin des Schulstreiks Fridays for Future („Klimastreik“) in Deutschland. Als Sprecherin vertritt sie die Bewegung auch in der medialen Öffentlichkeit. Wir sprachen mit ihr über Kommunikationsstrategien, Aktivismus und guten Journalismus.
mehr »

Games: Welcome to Planet B

Die Bürgermeisterin muss sich entscheiden: Soll zuerst ein Frühwarnsystem vor Springfluten eingerichtet oder neue Möglichkeiten zum Schutz vor Hitze geplant werden? Und sollen diese neuen Schutzmaßnahmen besonders günstig oder lieber besonders nachhaltig sein? Was wie Realpolitik klingt ist ein Computerspiel. Denn immer mehr Games setzten sich auch mit Umweltthemen auseinander.
mehr »

Neue Perspektiven für Klimajournalismus

Besondere Zeiten brauchen einen besonderen Journalismus – ein Motto, dass das im Juli gelaunchte deutschsprachige Medienprojekt „Neue Zukunft“ nicht aus werbestrategischen Gründen ausgegeben hat. Die Klimakrise und die Klimagerechtigkeitsbewegung erhalten in vielen Medien der Schweiz, Österreichs und Deutschlands ihrer Meinung nach nicht genügend Aufmerksamkeit. Gerade Gerechtigkeitsfragen erhöhen den Handlungsdruck im Zusammenhang mit den Folgen menschlichen Raubbaus an Ressourcen und Umwelt.
mehr »

Klimaleugnung in den Medien

Rechtspopulistische Bewegungen machen weltweit mobil gegen den Klimaschutz. Sie zeigen sich „skeptisch“ gegenüber dem Klimawandel und lehnen klima- und energiepolitische Maßnahmen ab. Ein Widerspruch: Obgleich „Klimaskepsis“ und die Leugnung des menschengemachten Klimawandels vielfach zentrale Positionen der politischen Rechten markieren, existieren auch gegenläufige Tendenzen in Bezug auf Umwelt- und Naturschutz. Denn auch Rechte waren stets in Umweltbewegungen zugegen. Das hat Tradition.
mehr »