Eine andere Liga

Sportlich, selbstbewusst und schlagfertig ist Hayat. Und vielseitig begabt. Als Goldschmiedin steht die junge Deutschtürkin kurz vor der Gesellenprüfung, in ihrer Freizeit spielt sie für ihr Leben gern Fußball und hat sich schon vielfach als guter Torschütze bewährt. Bis sich eines Tages ihr Leben von einen Tag auf den andern radikal ändert.

Während eines Spiels bricht die junge Frau mitten auf dem Platz unter Schmerzen zusammen. Der diagnostizierte Brustkrebs kann nur durch eine Operation entfernt werden. Ihr besorgter Vater, bei dem sie wohnt, verordnet ihr fortan Ruhe und meldet sie heimlich vom Training ab. Aber Hayat kann es nicht akzeptieren, dass sie ausgerechnet auf das, was ihr Energie und Lebenskraft gibt, verzichten soll. Und schließt sich der weniger professionellen Mannschaft des FC Schanze an, deren Mädels mehr ihren Spaß haben wollen und von Technik und Taktik wenig Ahnung haben.
„Eine andere Liga“, der zweite Spielfilm der in Hamburg aufgewachsenen türkischen Regisseurin Buket Alakus, ist nicht nur ein vitales, Kammerspiel, das Mut macht, Schicksalsschläge kraft der Liebe und neu gewonnener Lebensfreude zu überwinden. Es ist vor allem auch das Porträt einer außergewöhnlich starken Frauenpersönlichkeit, und davon gibt es ja nicht allzu viele im deutschen Kino. Ein Glücksfall auch, dass die Hauptpartie ideal mit einer großartigen Karoline Herfurth besetzt ist, die ihre Vielseitigkeit schon in so unterschiedlichen Produktionen wie „Große Mädchen weinen nicht“ oder „Mein Name ist Bach“ bezeugte. Die Intensität, mit der Karoline Herfurth trotzig ihren Willen durchsetzt, Sehnsucht nach Verständnis Ausdruck verleiht und mit schmerzerfülltem Blick unter ihrem vermeintlichen körperlichen Makel leidet, lässt niemanden kalt.
Ihr kongenialer Partner ist Ken Duken als Trainer der bunt gewürfelten freakigen „anderen Liga“. Mit Charme, Natürlichkeit und Witz bewältigt er durchaus glaubwürdig die Entwicklung von einem Dosenbier nuckelnden Macho zu einem einfühlsamen Verliebten. Wie sich dieser Toni, beeindruckt von Hayats sportlichem Ehrgeiz, ihrem Können und ihren frechen, flotten Repliken, seine aufgesetzte Coolness langsam ablegt und einfallsreich um Hayats Zuneigung bemüht, und wie diese sich ebenfalls zu ihm hingezogen fühlt, ihn aber abweist aus Angst, von ihm zurückgewiesen zu werden – das sind ohnehin die schönsten Szenen dieses Films.
Mit seiner Fußballthematik erinnert „Eine andere Liga“ zweifellos an „Kick it like Beckham“, wenngleich Buket Alakus gut beraten war, jeglichen multikulturellen Konfliktstoff auszublenden, der diese Geschichte thematisch überfrachtet hätte. Überhaupt stimmt es sympathisch, dass Mädchen hier einmal mit Selbstverständlichkeit als Fußballerinnen und nicht etwa als Exotinnen oder klischeereiche Mannweiber auftreten.
„Eine andere Liga“ ist ein kleiner, wunderbarer Film über die Kunst, mit sich selbst zufrieden zu sein, nie aufzugeben und erhaben zu sein über Moden wie
den Schönheitswahn.

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