Filmrezension: Lücke im System

Bemerkenswerter, nervenzehrender Thriller

Ihr gemeinsamer Plan schien geradezu perfekt: Wenige Tage vor einer Konferenz von Wirtschaftsführern wollten Alex und sein Kumpel Fred in das Informationssystem einer Weltbank einen Virus einschleusen, um den Schweizer Gipfel zu verhindern.

Doch dann erwacht der Hacker plötzlich in einem Krankenhaus aus einem Koma und kann sich beim besten Willen nicht mehr daran erinnern, was in den vergangenen 24 Stunden geschehen ist. Der Tag, an dem die Sabotage geplant war, ist aus seinem Gedächtnis gelöscht. Und auch Fred ist spurlos verschwunden.
„Lücke im System“ ist ein bemerkenswerter, nervenzehrender Film über Globalisierungskritiker. Schweizer Regisseur Romed Wyder erzählt seine Geschichte, die auf wahren Ereignissen beruhen soll, konsequent aus der Sicht von Alex. So wird der Zuschauer unweigerlich in ein diffuses, nahtlos zwischen Realität und Traum changierendes Verwirrspiel hineingezogen: Stück für Stück versuchen die Ärzte, die Erinnerung des jungen Mannes mittels einer noch unerprobten Elektrotherapie zu reaktivieren, wobei stets neue Details hinzukommen, die das Gesamtbild verändern. So oder so könnte es gewesen sein. Aber das Wissen um das, was wirklich war, entzieht sich im Moment der Erkenntnis. Wer steckt mit wem ­unter einer Decke? Ist Alex Opfer einer Verschwörung?
Wyder ist nicht nur ein packender Thriller gelungen, er trifft auf überzeugende Weise auch eine politische Aussage: Es ist richtig, gegen kapitalistische Machtbünde anzukämpfen, zumal sich herausstellt, dass Verteidiger und Gegner des Systems letztlich mit ähnlichen Methoden arbeiten, um ihre Ziele zu erreichen.
D / CH 2005, R: Romed Wyder, D: Vincent Bonillo, Irene Godel, Francois Nadin, 94 Min.

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Rechte Influencerinnen im Netz

Rechtextremismus und rechte Parolen verbinden viele Menschen automatisch mit testosterongesteuerten weißen Männern. Diese Zielgruppe füttert AfD-Politiker Maximilian Krah mit simplen Parolen wie: „Echte Männer sind rechts.“ Das kommt an bei Menschen, die im Laufe der Zeit irgendwann beim „Gestern“ stecken geblieben sind. Inzwischen verfangen solche rechten Klischees auch bei Frauen. Vor allem im Internet.
mehr »

Sicher ist sicher: Eigene Adressen sperren

Journalist*innen sind in den vergangenen Jahren vermehrt zum Ziel rechter Angriffe geworden. Die Zahl tätlicher Übergriffe erreichte 2024 einen Rekordwert, so eine aktuelle Studie des Europäischen Zentrums für Presse- und Medienfreiheit (ECPMF) in Leipzig. Die Autoren benennen die extreme Rechte als strukturell größte Bedrohung für die Pressefreiheit. Einschüchterungen oder sogar körperliche Übergriffe geschehen mitunter direkt an der eigenen Haustür. Den damit verbundenen Eingriff in das Privatleben empfinden Betroffene als besonders belastend.
mehr »

Filmtipp: Mädchen können kein Fußball spielen

Der sehenswerte Dokumentarfilm von Grimme-Preisträger Torsten Körner („Schwarze Adler“) ist eine Hommage an die Pionierinnen des deutschen Frauenfußballs. Körner hat bereits ein ausgezeichnetes Buch über das Thema geschrieben („Wir waren Heldinnen“). Der Film erzählt die Geschichte mit Hilfe von Zeitzeuginnen und vielen zeitgenössischen TV- und Wochenschau-Ausschnitten von den Anfängen in den 50ern bis zur siegreichen Heim-EM 1989.
mehr »

Rechtes Rauschen im Blätterwald

Ob Neuerscheinungen, Zusammenlegungen, Relaunches oder altgediente rechte Verlage: Was die Periodika der Neuen Rechten, ihrer Parteien, Organisationen oder auch einflussreicher kleinerer Kreise anbetrifft, lässt sich gerade angesichts des rechtspopulistischen Aufschwungs der letzten etwa 20 Jahre viel Bewegung ausmachen.
mehr »