Carmen Salas: Respekt vor der Verantwortung

Schon als Kind vertrieb Carmen Salas sich und ihren Eltern die Zeit mit Geschichtenerzählen. Auf langen Autofahrten gab sie wieder, was sie zuvor in Filmen gesehen hatte. Dass daraus einmal eine Profession werden sollte, ahnte noch niemand. Sie interessierte sich früh für Literatur und Theater. Wirtschaftliche und soziale Themen machten sie schon immer neugierig. Im peruanischen Cusco geboren und aufgewachsen, ist sie aber auch neugierig auf die Welt.

Foto: Stephanie von Becker

Mit siebzehn Jahren entscheidet sich Carmen für ein Austauschjahr in Deutschland. Sie kommt auf ein Magdeburger Gymnasium, macht ihren Schulabschluss und bleibt. In Leipzig studiert sie Medien, Kommunikation. Zunächst macht sie Praktika bei Fernsehproduktionsfirmen und probiert sich in verschiedenen Formaten aus. Wohin es geht, ist nach dem Studium noch unklar.

Bei der Sendung „Voss und Team“ macht es plötzlich klick. Das Ombudsmann-Magazin des MDR unterstützt Menschen im Kampf gegen Behörden oder Versicherungen. Für Salas ist die Mitarbeit am Magazin der Moment, wo sich für sie journalistisches Arbeiten mit sozialer Wirkmächtigkeit verbinden. „Dort habe ich gemerkt, dass man auch im Fernsehen etwas Konkretes für die Menschen verändern kann.“ Das imponiert ihr. Als freie Journalistin und Filmemacherin arbeitet sie hauptsächlich für die Investigativsendungen „exact“, „FAKT“ und „exactly“ des MDR. Doch Salas will auch eigene Filme machen. Am Werkleitz Zentrum für Medienkunst wird sie im Frühjahr eine Masterclass zum künstlerischen Dokumentarfilm beginnen.

Seit Februar ist Carmen Salas stellvertretende Vorsitzende der Fachgruppe Medien, Journalismus und Film in ver.di. Wie sie zur Gewerkschaft kommen ist, beschreibt sie selbst als Zufall. Ein Kollege habe sie 2017 darauf gebracht: Komm mal zu ver.di, habe er gesagt. Und tatsächlich findet Salas dort Kolleginnen und Gleichgesinnte, mit denen sie sich austauschen kann und denen sie als Berufsanfängerin alle Fragen stellen kann, die sie bewegen. Schnell findet sie Anschluss, wird Jurymitglied für den ver.di-Preis für Solidarität, Menschlichkeit und Fairness auf dem internationalen Dokumentarfilmfestival in Leipzig und engagiert sich im MDR.

Ihr gewerkschaftliches Engagement liegt nahe. Der Wille zum Fortschritt, zur Veränderung und zur Solidarität ist ihr anzumerken. Und eigentlich liegt all das ja auch in der Familie. Die Oma war als Lehrerin in Peru ebenfalls Mitglied der Gewerkschaft. Trotz ihres Selbstbewusstseins habe sie Respekt vor der neuen Position und vor der Verantwortung, die sie mit sich bringt. Sie wolle vor allem lernen, wie das Organizing funktioniert, wie man Kolleg*innen berät und Arbeitskämpfe organisiert. Aber auch nach innen fehlt es ihr nicht an Ambition. Auf der Fachgruppenkonferenz kritisierte sie sehr deutlich den fehlenden gewerkschaftlichen Blick auf Diversität im medienpolitischen Leitantrag. Weil nämlich zur Vielfalt auch die Diversität der Medienproduzent*innen selbst gehöre, sei es so wichtig, dass eine diskriminierungskritische Berichterstattung Hand in Hand mit diverseren Redaktionen gehe. In einem Einwanderungsland wie Deutschland spiele die migrantische und postmigrantische Perspektive eine wichtige Rolle und dürfe deshalb auch im medienpolitischen Leitantrag ihrer Gewerkschaft nicht fehlen.

 

 

 

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Rundfunkreform mit vielen Fragezeichen

Bis zuletzt hatten die öffentlich-rechtlichen Anstalten auf ein Ende der Blockade einer Beitragserhöhung durch die Ministerpräsidenten der Länder gehofft. Die Verweigerungshaltung der Politik ließ ihnen am Ende keine Wahl: Am 19. November kündigten ARD und ZDF eine Klage beim Bundesverfassungsgericht an, um ihren Anspruch auf die von der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs (KEF) errechnete Empfehlung einer Beitragserhöhung um 58 Cent auf 18,94 Euro monatlich durchzusetzen.
mehr »

Presseversorgung: Bestens versichert

Die Vertreterversammlung der Versicherten der Presseversorgung hat beschlossen, die aktuelle Gesamtverzinsung im kommenden Jahr beizubehalten. In 2025 erhalten Kunden für das Vorsorgekonzept Perspektive eine Gesamtverzinsung von 4,3 Prozent. Diese ergibt sich aus einer laufenden Verzinsung von 3,0 Prozent und einer Schlusszahlung von 1,3 Prozent. Beim Produktkonzept InvestFlex wird der sichere Teil ebenfalls mit 4,3 Prozent verzinst.
mehr »

Klimaprotest erreicht Abendprogramm

Am 20. August 2018, setzte sich die damals 15jährige Greta Thunberg mit dem Schild “Skolstrejk för Klimatet“ vor das Parlament in Stockholm. Das war die Geburtsstunde von Fridays for Future (FFF) – einer Bewegung, die nach ersten Medienberichten international schnell anwuchs. Drei Jahre zuvor hatte sich die Staatengemeinschaft auf der Pariser Klimakonferenz (COP 21) völkerrechtlich verbindlich darauf geeinigt, die Erderwärmung auf deutlich unter zwei Grad Celsius gegenüber dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen.
mehr »

ARD: Durchbruch in Tarifrunde

In dem seit Januar andauernden Tarifkonflikt in ARD-Rundfunkanstalten gibt es erste Verhandlungsergebnisse. Zum Wochenende hin konnte am Freitag (15. November) ein Ergebnis im SWR erreicht werden. Für ver.di ist das ausschlaggebende Ergebnis, dass neben sechs Prozent Tariferhöhungen in zwei Stufen über eine Laufzeit von 25 Monaten auch eine für mittlere und niedrige Tarifgruppen stärker wirkende jährliche Sonderzahlung so stark erhöht wurde, dass es nachhaltige Tarifsteigerungen zwischen sechs und über zehn Prozent gibt.
mehr »