dju und Fachgruppe Medien mit neuen Vorständen und jeder Menge Vorhaben
Die „Zukunft der Medien“ stand im Fokus der Bundeskonferenzen der Deutschen Journalistinnen- und Journalisten-Union (dju) und der Fachgruppe Medien in ver.di vom 8. bis zum 10. Februar in Berlin. Für die großen Herausforderungen, vor denen die Medienbranche steht, wurden klare Aufgaben der Gewerkschaft formuliert, aber auch mehr Tatkraft von der Politik eingefordert, etwa wenn es um die Zukunftsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks geht oder die Beschneidung von Pressevielfalt durch die Verleger.
Die Fachgruppe Medien wählte einen neuen Vorstand, in dem die dju mit drei Mitgliedern vertreten ist. Manfred Kloiber, seit 2015 Bundesvorsitzender, wurde in seiner Funktion bestätigt. Der erfahrene Hörfunkjournalist und Gewerkschafter sieht in den nächsten Jahren vor allem den Kampf um bessere Beschäftigungsbedingungen im Zentrum der Auseinandersetzungen: „Wir sehen es im öffentlich-rechtlichen Rundfunk genauso wie am Filmset: Immer mehr Festanstellungen weichen prekären Arbeitsverhältnissen“, stellte Kloiber fest. „Als Gewerkschaft kämpfen wir dafür, dass alle Beschäftigten sozial abgesichert sind. Das heißt zum Beispiel beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk: Schluss mit der weiteren Auslagerung von Jobs und endlich volle Mitbestimmungsrechte für freie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Personalrat.“
Gute Arbeitsbedingungen für unabhängigen Journalismus
Die dju wählte Tina Groll als neue Bundesvorsitzende. Die 38-jährige Wirtschaftsredakteurin und ehemalige Betriebsrätin von Zeit Online führt die dju in einer Zeit anhaltenden Umbruchs. „Journalistinnen und Journalisten stehen zunehmend unter Druck, sowohl ökonomisch als auch bei der Ausübung ihrer Arbeit. Unsere gemeinsame Aufgabe als dju ist es deshalb, sich für die Presse- und Meinungsfreiheit einzusetzen und für Arbeitsbedingungen zu kämpfen, die unabhängigen Journalismus ermöglichen“, erklärte Groll.
Frank Werneke, stellvertretender ver.di-Vorsitzender und Bundesfachbereichsleiter Medien, Kunst und Industrie, verwies in seinem Grußwort an die Konferenz der Fachgruppe Medien auf richtige Entscheidungen wie die Nicht-Unterzeichnung des Tarifvertrages für Redakteur*innen an Tageszeitungen im vergangenen Jahr und das Beharren auf den Forderungen nach mehr Lohn im andauernden Tarifkonflikt der Druckbetriebe. Als ein Beispiel für erfolgreichen Arbeitskampf nannte er den Streik der freien Mitarbeiter*innen der Eßlinger Zeitung, die damit bessere Honorar verringen konnten. Zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk betonte Werneke: „Wir sind für eine Erhöhung des Rundfunkbeitrages und eine regelmäßige Beitragsanpassung.“ ver.di sei in der Lage dafür Allianzen zu schmieden und brauche aber auch weitere Mitstreiter*innen. Die Mitgliederentwicklung, sei im gesamten Fachbereich – vor allem an Theatern und Bühnen – im letzten Jahr sehr positiv gewesen. Er appellierte dennoch, vor allem auch mit Blick auf die Senderverbände, intensiver für Mitglieder zu werben.
Für „sexy“-Medienmarken von journalistischer Qualität
In der Diskussionsrunde um die Zukunft der Medien wurde der Frage nachgegangen: „Was bekommen wir und wer zahlt den Preis?“ Christoph Schmitz – designierter Leiter des künftig aus den Branchen Telekom/IT, Ver- und Entsorgung, Finanzdienstleistungen und Medien, Kunst und Industrie entstehenden neuen Fachbereichs, umriss die „dramatischen Veränderungen“ der Medienbranche mit neuen Wettbewerbern wie der Telekom oder Ströer, dem veränderten Dialog mit den Leser*innen und neuen Formaten wie Blogs und Podcasts. Und bei allem Schwung, den die Digitalisierung mit sich bringe, müssten ebenso ihre Grenzen klar sein, werde Recherche, Analyse, Kommentierung, professioneller Journalismus immer gefragt sein, so Schmitz.
Hier konnte die neue dju-Vorsitzende Tina Groll nahtlos anknüpfen: „Ich bin felsenfest davon überzeugt, dass sich Journalismus finanzieren lässt.“ Menschen seien bereit, für guten Journalismus zu bezahlen und „zwar dann, wenn die Medienmarke sexy ist“ und wenn man es schafft, mit journalistischer Qualität gute Debatten zu steuern. Sie sehe in der Digitalisierung viele Chancen, wofür gut ausgebildete Mitarbeiter*innen benötigt werden.
Breiter gesellschaftlicher Diskurs zum Rundfunk notwendig
Zukunft ohne öffentlich-rechtlichen Rundfunk – ein No-Go für die Delegierten, wie auch im Geschäftsbericht deutlich formuliert wurde und ebenso in einem Antrag, der die anstehenden Aufgaben des Bundesvorstandes der Fachgruppe Medien umreißt. An Staatssekretär Thomas Kralinski (SPD), Bevollmächtigter des Landes Brandenburg beim Bund, richtete sich daher in der Podiumsdiskussion die Frage nach der Finanzierung, aktuell Streitthema unter den Rundfunkpolitiker*innen der Länder. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk werde gebraucht, betonte der SPD-Politiker und forderte gleichfalls Veränderung und „mehr Flexibilität“ sowie die Prüfung der besten Ausspielwege ein. Zudem sei er nicht davon überzeugt, zum Beispiel drei Info-Kanäle zu benötigen. Von einer Finanzierung, die sich am Index – der jährlichen Preissteigerung – orientiere, versprach sich Kralinski mehr Akzeptanz in der Gesellschaft.
Gerade das mache ihm Bauschmerzen widersprach der FG Medien-Vorsitzende Manfred Kloiber, Freier im Deutschlandradio Köln. Denn alles, was sich verändere, worauf die Kolleg*innen „durchaus heiß seien, es zu tun“, komme oben drauf, ohne dass zuvor die Honorare erhöht würden. In der größten Anstalt, dem WDR habe es seit vielen Jahren keine Anhebung gegeben, bei steigenden Aufgaben online, auf Facebook und Co. Auch Christoph Schmitz hielt dagegen: An erster Stelle müsse die Frage stehen: „Wohin wollen wir, was brauchen wir?“ Hier setzte auch Tabea Rößner von der Bundestagsfraktion der Grünen an. Sie plädierte vehement für einen verlässlichen vielfältigen Rundfunk mit eigenem öffentlich-rechtlichem Profil – zu dem auch qualitätsvolle Unterhaltung zähle. Sie kritisierte den falschen Ansatz der Strukturkommission, die von der Finanzierung ausgehe und nicht von einer zukunftsfähigen Auftragsdefinition. Die Akzeptanz des Rundfunks durch die Bürger*innen hänge wesentlich von einem offenen Diskurs ab, in dem die Politik auch Haltung zeige, betonte Rößner. Die Indexierung – also die automatische Veränderung des Rundfunkbeitrags nach dem jeweiligen Index – schließe jegliche Debatte aus.
Profilstärkung des Rundfunks durch Feste und Freie gemeinsam
„ver.di ist dem Indexierungsmodell gegenüber aufgeschlossen, sofern bei einer Umstellung das bereits bestehende Finanzvolumen zu Grunde gelegt wird, da alles andere zu nicht vertretbaren Einschnitten ins Programm führen würde“, heißt es dazu im Geschäftsbericht der Fachgruppe Medien. Die Sender forderte Manfred Kloiber in seiner mündlichen Ergänzung zum Bericht auf, „sich ehrlich zu machen“ und unter anderem die Freien nicht lediglich „als Reservearmee zu behandeln“, die zu schlechteren Konditionen als Feste eingesetzt werde. Der Fachgruppenvorsitzende verwies auf die Festanstellungen, die bei einigen Sendern im nicht programmgestaltenden Bereich in den letzten Jahren erreicht worden sind, zuerst beim Bayerischen Rundfunk, und danach beim SWR, RBB und bei der Deutschen Welle.
Die Diskussion um die Neuausrichtung von „M Menschen Machen Medien“ und M Online 2015, habe sich gelohnt, sagte Kloiber. Die vier Schwerpunkt-Magazine im Jahr und M Online – seit nunmehr drei Jahren im Netz – können sich sehen lassen und würden von den Leser*innen viel Zuspruch bekommen. Er dankte der Redaktion und forderte die Delegierten zu noch mehr Mitarbeit auf, etwa durch eigene Meinungsbeiträge und Themenvorschläge.
Zur Sprache brachte Kloiber auch die Situation der Kino-Beschäftigten. Die Mitarbeiter*innen von CinemaxX und CineStar befinden sich derzeit im Arbeitskampf. Gemeinsam mit ihren Kolleg*innen aus den Yorck-Kinos nutzten sie den allgemeinen Andrang aus Gästen und Schaulustigen auf der Berlinale, um nur wenige Meter neben dem roten Teppich lautstark auf ihre Forderungen und die Arbeitsbedingungen in den Kinos aufmerksam zu machen. Unterstützung erhielten sie am 9. Februar von einer Gruppe Delegierter der Fachgruppenkonferenz Medien.
Solidarität und Kampf gegen Straflosigkeit
Den Willen zur Solidarisierung unter anderem mit den Kolleg*innen des griechischen Rundfunks und des Rundfunks in der Schweiz nach der „No Billag“- Kampagne bekundete Johannes Studinger, Geschäftsführer von UNI MEI, die weltweit 140 Gewerkschaften bei Fernsehen, Filmproduktionen, Theatern und Medien vertritt, als Gast auf der Medien-Konferenz. UNI MEI setzte „weiter auf gemeinsame Stärke“ und das großartige Engagement der deutschen Kolleg*innen, betonte er.
Zu den Gästen der dju-Konferenz gehörte Philippe Leruth aus Belgien, Präsident der Internationalen Föderation der Journalistinnen und Journalisten (IFJ). Hier stellt die dju mit Joachim Kreibich vom Reutlinger General-Anzeiger einen der Vize-Präsidenten. Eine der wichtigsten Aufgaben der IFJ sieht Leruth im weiteren Kampf gegen die Straflosigkeit bei Verbrechen gegen Journalist*innen und erinnerte unter anderem an die Ermordung der maltesischen Investigativjournalistin Daphne Caruana Galiz 2017. Dabei arbeite die IFJ auch an einem Projekt der UNO mit, die solche Morde weltweit untersuche.
Christian Mihr, Geschäftsführer von Reporter ohne Grenzen in Deutschland, hob in seinem Grußwort an die dju hervor, dass Pressefreiheit grundsätzlich verteidigt werden müsse. Weltweit seien derzeit 328 Medienschaffende inhaftiert. Dazu gehöre auch Billy Six, der seit November in Venezuela in Haft ist. Er sei unter anderem Autor der rechtsgerichteten „Jungen Freiheit“ und des „Deutschland-Magazins“. Auch er wurde wegen seiner journalistischen Arbeit festgenommen. Für Demokraten dürfe es da keine Unterscheidung zwischen rechts und links geben, sagte Mihr. Dem stimmte der dju-Bundesvorstand in seiner konstituierenden Sitzung zu und beschloss, sich für die Freilassung von Billy Six einzusetzen.
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