In der Tradition von Paula Thiede und Bona Peiser

Der ver.di-Vorsitzende dankte dem Bürgerverein Luisenstadt, der das Aufstellen der Gedenktafel am Spreeufer anregte. Ronald Pieper (li.) vom Bürgerverein Luisenstadt und Frank Werneke. Foto: Renate Koßmann

Vor dem Gewerkschaftshaus an der Ecke Paula-Thiede-Ufer/Schillingbrücke in Berlin erinnert seit dem 6. Mai eine Informationstafel an jene zwei Frauen, deren Namen die ver.di-Anschriften tragen: Paula-Thiede-Ufer 10 lautet die Hausanschrift, Bona-Peiser-Weg 4 die Postanschrift. Die Verbände, für die beide Frauen aktiv waren, gehören zu den Vorläufern von ver.di. Vorsitzender Frank Werneke würdigte sie als „Wegbereiterinnen für die Gleichberechtigung von Frauen in der Arbeitswelt, für eine Verbesserung von Arbeits- und Lebensbedingungen insbesondere für Frauen und als Kämpferinnen für das Wahlrecht von Frauen. Es sind Vorfahrinnen von ver.di, auf die wir stolz sind und in deren Tradition wir unsere Arbeit heute noch sehen.“

Paula Thiede wurde als Arbeiterkind 1870 in ärmlichen Verhältnissen geboren. Schon sehr früh musste sie als Anlegerin in einer Druckerei eine Hilfstätigkeit ausüben, um den Lebensunterhalt der Familie zu sichern. Sie habe viel Ungerechtigkeit und schlechte Arbeitsbedingungen erlebt, sagte Frank Werneke bei der feierlichen Enthüllung der Gedenktafel. Schnell habe sie begriffen, dass sie dagegen allein nichts ausrichten könne. Im Deutschen Buchdruckerverband, geprägt von Standesdünkel und männlichen Vorurteilen, durften Frauen und Hilfsarbeiter nicht Mitglied sein. Deshalb gründeten sie 1889 den „Verein der Arbeiterinnen an Buch- und Steindruckpressen“. 1998 ging dieser in den reichsweiten Verband der Buchdrucker, Hilfsarbeiter und -arbeiterinnen auf. Mit nur 28 Jahren wurde Paula Thiede zur Vorsitzenden gewählt. Das sei damals einzigartig in der Gewerkschaftsbewegung gewesen, betont Werneke. Den Vorsitz führte sie bis zu ihrem Tode. „Paula Thiede kämpfte für die Gleichberechtigung von Frauen und das Wahlrecht, das ihr ein Herzensanliegen war.“ Beim ersten Frauentag 1911 habe sie gefordert: „Gebt uns unsere Menschenrechte, gebt uns unser Wahlrecht.“ 1919 konnte sie an der Wahl zur Nationalversammlung teilnehmen, war jedoch bereits schwer krank und starb wenige Wochen später.

Bona Peiser wurde 1864 als Tochter eines jüdischen Verlagsmanagers geboren, ab 1875 lebte sie in der Luisenstadt in Berlin-Kreuzberg. Sie ging einige Zeit nach England, um sich bibliothekarisches Fachwissen anzueignen. Später wurde sie die erste hauptberufliche Bibliothekarin in Deutschland. 1895 begann sie ihre lebenslange Tätigkeit für die Bibliothek des Kaufmännischen und gewerblichen Hilfsvereins für weibliche Angestellte (VWA) und in der Ersten öffentlichen Lesehalle zu Berlin. „Sie wurde zur Ausbilderin einer ganzen Generation von bibliothekarisch arbeitenden Frauen“, hob Frank Werneke hervor. Bonna Peiser hat sich für die Gleichberechtigung von Frauen in ihrem Beruf eingesetzt. „Sie veröffentlichte Artikel und erreichte mit ihrem Wanderbrief im ganzen Reich, in Bibliotheken tätige Frauen“, so der ver.di-Vorsitzende. Bona Peisers Wirken führte 1907 zur Gründung der Vereinigung bibliothekarisch arbeitender Frauen. 1920 ging diese im Reichsverband Deutscher Bibliotheksbeamtinnen und -beamten und Angestellten auf. Bis zu ihrem Tod 1929 war sie dort Schriftführerin.

Sehr sehens- und hörenswert bei ver.di im Web:

www.verdi.de/ueber-uns/idee-tradition/paula-thiede

www.verdi.de/ueber-uns/idee-tradition/bona-peiser

 

 

 

 

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