Aktion für: Akbar Ganji

Iranischer Journalist wurde nach der Rückkehr von einer Konferenz der Heinrich-Böll-Stiftung inhaftiert und gefoltert

Eine Konferenz der Heinrich-Böll-Stiftung vom 7. bis 9. April dieses Jahres in Berlin sorgt bis heute für Schlagzeilen – und in Teheran für volle Gefängnisse. Alle 19 aus dem Iran angereisten Teilnehmer wurden angeklagt. 14 mussten sich bereits vor Gericht verantworten. Schon während der Konferenz in Berlin war es zu Tumulten gekommen, als einige iranische Gruppen die Veranstaltung, in der über die „Reformperspektiven nach den Parlamentswahlen“ diskutiert wurde, verhindern beziehungsweise stören wollten.

Einer der nach ihrer Rückkehr nach Teheran festgenommenen iranischen Oppositionellen ist der populäre Journalist Akbar Ganji. In der Anklage werden ihm unter anderem „Gefährdung der nationalen Sicherheit“, „Verbreitung von Propaganda gegen das islamische System“ sowie „Verunglimpfung von religiösen Erlassen und Persönlichkeiten“ vorgeworfen. Die Anklagepunkte beziehen sich offenbar alle auf Äußerungen, die Ganji auf der Konferenz in Berlin gemacht hat ( siehe auch M 7/00).

Als Ganji sich am 9. November – nach 80 Tagen in Einzelhaft und ohne Kontakt zu Familie oder Rechtsanwalt – vor der 3. Kammer des Revolutionsgerichts in Teheran verantworten musste, brachte man ihn gewaltsam in den Gerichtssaal, weil er die Rechtmäßigkeit des Gerichts und die Legitimität der Anklage nicht anerkennt. Anschließend berichtete er von Folterungen, die er im Evin-Gefängnis erleiden musste. Nach seinen Angaben ist er mehrfach geschlagen und getreten worden. Vor Prozessbeginn habe man ihn mit dem Kopf nach unten in der Zelle aufgehängt und vor den Kopf und in den Magen getreten. Der Richter soll Ganji aufgefordert haben, Zeugen zu benennen, die seine Vorwürfe bestätigen können – für einen in Einzelhaft gefangen Gehaltenen ein wohl unmögliches Unterfangen.

Unter den anderen im Zusammenhang mit der Konferenz in Berlin angeklagten Personen sind ebenfalls zahlreiche Journalisten und Publizistinnen sowie Schriftsteller, Wissenschaftler, eine Anwältin, eine Abgeordnete und zwei Dolmetscher. Ihnen drohen langjährige Haftstrafen oder sogar die Todesstrafe.

Im Iran nehmen seit Juli 1999 die Einschränkungen der Meinungsfreiheit zu. Allein nach der für viel Wirbel sorgenden Konferenz in Berlin sind im Iran etwa 20 Zeitungen verboten und mehrere Redakteure und Autoren inhaftiert worden. Die Medienvertreter geraten so in den internen Machtkampf zwischen vergleichsweise moderaten und konservativeren Vertretern der iranischen Machtelite.

Schreiben Sie bitte
höflich formulierte Briefe an den iranischen Präsidenten, in denen sie die sofortige und bedingungslose Freilassung von Akbar Ganji sowie eine unabhängige Untersuchung seiner Foltervorwürfe und die Bestrafung der Verantwortlichen fordern.

Schreiben Sie in gutem Persisch, Englisch oder auf Deutsch an:

His Excellency
Hojjatoleslam val
Moslemin Sayed
Mohammad Khatami
President of the Islamic Republic of Iran
The Presidency
Palestine Avenue
Azerbaijan Intersection
Tehran
IRAN
Fax: 0098-21-2040541

Senden Sie eine Kopie Ihres Schreibens an:

Kanzlei der Botschaft der Islamischen Republik Iran
S.E. Herrn Ahmad Azizi
Podbielskiallee 67
14195 Berlin
Fax: (030) 8435 3535
E-mail:iran.botschaft@t-online.de

 

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Eine Stimme für afghanische Mädchen

Die iranische Filmemacherin Sarvnaz Alambeigi begleitet in ihrem Dokumentarfilm „Maydegol“ über viele Jahre eine junge Muay-Thai-Boxerin aus Afghanistan, die im Iran unter schwierigen Umständen für ein selbstbestimmtes Leben kämpft. Im Interview erzählt Alambeigi, welche Rolle das Kopftuch für den Film spielt, was sie von der jungen Generation gelernt hat und warum der Film endet, bevor Maydegol endlich gelingt, was sie sich wünscht.
mehr »

Klimaprotest erreicht Abendprogramm

Am 20. August 2018, setzte sich die damals 15jährige Greta Thunberg mit dem Schild “Skolstrejk för Klimatet“ vor das Parlament in Stockholm. Das war die Geburtsstunde von Fridays for Future (FFF) – einer Bewegung, die nach ersten Medienberichten international schnell anwuchs. Drei Jahre zuvor hatte sich die Staatengemeinschaft auf der Pariser Klimakonferenz (COP 21) völkerrechtlich verbindlich darauf geeinigt, die Erderwärmung auf deutlich unter zwei Grad Celsius gegenüber dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen.
mehr »

Nicaraguas bedrohte Medien

Die Diktatur des nicaraguanischen Präsidentenpaars Daniel Ortega und Rocio Murillo hat in den letzten Jahren immer mehr Journalist*innen ins Exil getrieben. Unter erschwerten Bedingungen berichten Menschen wie Lucía Pineda vom Nachrichtenkanal "100% Noticias" oder Wendy Quintero nun aus dem Ausland. Für diese Arbeit nehmen sie stellvertretend für viele andere am 26. November 2024 den Menschenrechtspreis der Friedrich-Ebert-Stiftung entgegen.
mehr »

Österreich: Gefahr für die Pressefreiheit

In Österreich ist die extrem rechte FPÖ bei den Nationalratswahlen stärkste Kraft geworden. Noch ist keine zukünftige Koalition etabliert. Luis Paulitsch erklärt im Interview, welche Entwicklungen in der österreichischen Medienlandschaft zu erwarten sind, sollten die FPÖ und ihr Spitzenkandidat Herbert Kickl an der Regierung beteiligt werden. Paulitsch ist Jurist, Zeithistoriker und Medienethiker. Von 2019 bis 2024 war er Referent des Österreichischen Presserats, dem Selbstkontrollorgan der österreichischen Printmedien;  seit 2024 bei der Datum Stiftung für Journalismus und Demokratie.
mehr »